Road trip

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"Guten Morgen, Sonnenschein".
Müde öffnete ich meine Augen und drehte meinen Kopf leicht zur Seite. Ein verschmitzt grinsender Nick musterte mich.
Ein kurzer Blick ließ mich erkennen wo ich mich befand. Er hatte mich in ein Auto gesetzt und fuhr gerade eine endlos wirkende Strasse entlang.
"Was soll das hier werden"? Meine Stimme war dünn und kratzig. Kurz räusperte ich mich, um den Frosch in meinem Hals loszuwerden und warf dem Mann neben mir einen bösen Blick zu.

Dieser jedoch hielt seinen Blick emotionslos auf die Straße vor uns gerichtet und beachtete mich nicht weiter.
Ich startete einen erneuten Versuch "Wo bringst du mich hin"?
Weiterhin keine Reaktion seinerseits, als würde es seine komplette Aufmerksamkeit brauchen um den Wagen, auf der spärlich befahrene Straße zu halten. Soviel geballte Ignoranz brachte mich zur Weißglut.
Ich schielte auf die Beifahrertür neben mir, wenn ich es geschickt an stellte würde ich schnell genug hier raus sein. Ein kleiner Sprung und ich könnte es schaffen in den Graben, der neben der Straße entlang lief, hineinzuspringen. Ich dachte an die vielen Hollywood Filme die ich mir inzwischen angesehen hatte, die Leute die aus Autos sprangen, rollten sich danach immer ziemlich elegant ab. Bei meiner Ungeschicklichkeit allerdings würde ich mir eher das Genick brechen oder das Bein.. Oder alles zusammen. Also verwarf ich diesen Gedanken schnell wieder.

Meine Hand fuhr langsam an meinem Gurt hinunter und blieb, wie selbstverständlich, am abschnallgerät liegen. Ein kleiner Knopfdruck mit der linken Hand und eine schnelle Bewegung um die Tür zu öffnen und ich war hier raus. Mittlerweile war mir egal was dieser kranke Kerl vorhatte. Ich würde sicherlich nicht hier mit ihm in einem Wagen sitzen und mich anschweigen lassen. Ich schielte zur Sicherheit noch einmal zu ihm rüber, nur um Festzustellen dass er seinen Blick weiterhin fest auf den Weg gerichtet hatte.
Jetzt oder nie!

"Das würde ich an deiner Stelle nicht tun" monoton, fast gelangweilt, hatte er diese Worte ausgesprochen "wir fahren mit über 200 kmh auf einer Schnellstraße, ich bezweifle dass du das überleben würdest", er warf mir einen kurzen Blick zu der absolut emotionslos war, genau wie seine nächsten Worte.
"Ausserdem sind die Türen verringelt".

Ich musste schlucken, Tränen brannten in meinen Augen und mein Körper zitterte unentwegt. Mit dieser Aussage hatte er mir meine letzte Hoffnung genommen.
In den Filmen und Serien die ich mir ansah wurden oft Leute entführt und befanden sich dann mit ihrem, zugegeben gutaussehenden Entführern, irgendwo. Aber jetzt, selbst in so einer Situation gefangen, hatte es nichts mehr von den aufregenden Gefühlen oder ähnlichem. Es fühlte sich wie das Ende der Welt an, ich wollte nur weg. Doch momentan sah ich kein Licht am Ende des Tunnels.
Ich vergrub mich tiefer in meinen Sitz und legte meine Stirn an die Scheibe. Mittlerweile hatte es angefangen zu Regnen.

"Irgendwann wirst du mir dankbar sein"

Seine geflüsterten Worte drangen nur langsam zu mir hindurch. Die Intensität dahinter verriet mir, dass er wahrscheinlich wirklich daran glaubte, doch für mich war es wie ein Hammerschlag. Irgendwann implizierte schließlich, dass er nicht vorhatte, mich so schnell wieder gehen zu lassen. Also ließ ich seine Worte unkommentiert und ließ meinen Blick weiterhin aus dem Fenster schweifen.
Die Bäume und Sträucher am Straßenrand flogen an uns vorbei, Orts-oder Stadtschilder könnte ich keine Erkennen.
So also saß ich in einem Auto, mit einem Mann den ich nicht kannte und wir fuhren immer weiter an einen Ort den ich mir nicht ausmalen konnte.
Ich schloss meine Augen unkonzentrierte mich auf das Ruckeln des Autos.
Irgendwann überkam mich die Müdigkeit schwallartig und ich gähnte herzhaft.

Der Klang seiner Stimme kam so unerwartet dass ich geschockt zusammenzuckte.

"Noch ein paar Meilen, dann kommt ein Motel in dem wir die Nacht verbringen können, Liebes".

Wahrscheinlich sollte es verheißungsvoll klingen aber ein Motel im nirgendwo mit einem undurchschaubarem Arschloch war nicht gerade die Kombination die mich erwartungsvoll Aufstöhnen ließ.
Aber es war immerhin besser als eine Nacht in diesem Auto zu verbringen.
Unter normalen Umständen würde ich mich hierbei allerdings auch nicht beschweren.
Das Auto war ein Traum. Ein Audi, der ziemlich neu aussah und auch noch neu roch. Die Sitze waren aus braunem Leder und wirklich bequem. Als ich vorhin einen Blick auf die Motorhaube erhaschen konnte, konnte ich feststellen dass das Auto in Mattschwarz gehalten wurde. Eine Traumfarbe bei Autos, wenn man mich fragt.
Aber da die Umstände nicht die besten waren konnte ich weder das schicke Auto, noch die Nacht in einem Normalem Bett genießen, also stöhnte ich nur genervt auf und murmelte mich in meinem Sitz zusammen.

Ein Paar Meilen weiter blitzte dann tatsächlich ein helles Neon Schild mit der Aufschrift   _Caines Motel_   auf.

Nervös richtete ich mich auf meinem Sitz auf, die paar Minuten die es gedauert hatte um hier her zu gelangen hatte ich genutzt um mir meinen neuen Plan, endlich von diesem Monster weg zu kommen, zu verfeinern.
Jedes Motel hatte ein Telefon, oder/und eine Rezeptionistin. Diese beiden Dinge wären mein Ticket hier raus. Entführer setzten meist auf die Angst ihrer Opfer, Einschüchterung etc. Aber ich würde das diesmal nicht mir mir machen lassen, egal was er sagen würde. Ich werde mir Hilfe holen.

Nick parkte den Wagen an dem kleinen Parkplatz direkt vor dem Motel. Ausser dem Audi von uns stand hier nur ein weiterer, ziemlich verosteter gelber Toyota.
Mit einem schiefen Grinsen sah Nick mich an:" Bereit"?
Mehr als ein leichtes Nicken bekam ich nicht zustande. BEREIT? Das war alles? Keine Drohungen oder ähnliches?
Leicht eingeschüchtert öffnete ich meine Türe und lief mit Nick zusammen in Richtung Motel.

An der Rezeption stand eine freundlich wirkende Dame mit hochtupierten platinblonden Haaren. Sie würde besser in ein High end fünf Sterne Hotel passen als in ein Motel im Nirgendwo, schoss es mir durch den Kopf. Aber mir egal, sie war mein Ticket hier raus, und da konnte sie aussehen wie sie wollte.

Als sie uns entdeckte breitete sich ein Strahlen in ihrem hübschen Gesicht aus.
Überschwenglich richtete sie sich ihre zartblaue Bluse, die ihre großen Brüste ziemlich in Szene setzte und sprach dann direkt mit Nick "Mister Caine! Es ist wirklich schön sie hier begrüßen zu dürfen!"
Moment.. Mister Caine?! So wie Caines Motel?
Fuck!
Das hier war sein scheiss Motel.. Deshalb war es ihm egal, deshalb hatte er es nicht für nötig gehalten mir zu drohen oder etwas dergleichen. Dieses Arschloch hatte das alles geplant, natürlich wurden seine Angestellten nicht einen Finger rühren um mir hier raus zu helfen, vorallem die Platinblonde Barbie vor mir, die Nick fast mit den Augen auszog, konnte ich getrost von meiner Liste streichen.
"Wenn ihr etwas für sie tun kann, sie müssen es nur sagen, Mister Caine" mit einem aufreizenden Zwinkern fügte sie noch hinzu "egal was".
Ihre direkte Art entlockte mir ein verächtliches Schnaupen. Direkter hätte sie es fast nicht mehr ausdrücken können.

Anscheinend amüsiert über meine Reaktion drehte Nick leicht den Kopf in meine Richtung und das funkeln in seinen Augen war überdeutlich zu erkennen.
Als er sich kurz darauf wieder der Barbie zuwand war er aber wieder ganz das gefühlskalte Arschloch, wie sonst auch.
"Zimmer 44" war alles was er sagte und streckte kurz darauf die Hand aus.
Die Blonde wurde kurz Rot und suchte dann eilig den geforderten Zimmerschlüssel um ihn ihm zu überreichen.
"Einen schönen Aufenthalt, Mister Caine", murmelte sie plötzlich verlegen.

Ja, das wird ein wunderschöner Aufenthalt, meinen Gedanken nachhängend, stapfte ich missmutig hinter Nick her.
Unser Zimmer war im ersten Stock, also liefen wir eine schmale Treppe nach oben um dann den Gang entlangzulaufen.
Zimmer 38..
Zimmer 39..
Zimmer 40..
Hoch Konzentriert hatte ich die Türen im Blick als ich plötzlich gegen etwas hartes knallte. Nur eine Hand die mein Handgelenk festhielt, hinderte mich daran rückwärts auf dem Hintern zu landen.
Nick war stehen geblieben und schaute mich direkt an.







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