12. KAPITEL. ANGST

17 1 0
                                        

5 Uhr
Ich stehe auf. Warum? Warum so früh? Weil ich es brauch. Ich brauch die Sonne. Ich brauche jetzt Energie um weiter zu machen.
Ich ziehe mich an und laufe runter zum See. Setze mich auf den kühlen Sand. Allein. Ich bin wieder allein. Marc will mit niemanden reden. Und Marlene ist weg. Es war zu schön um wahr zu sein. Freunde gefunden zu haben die einen Begleiten. Genau das habe ich gewollt. Doch nur zwei Tage bekommen. Ich hab nicht mehr lange. Doch auch das kann sich ziehen bis ins unendliche. Plötzlich habe ich das Gefühl, das ich sterben will. Weil ich es nicht ertragen kann Menschen leiden zu sehen die mir wichtig sind. Doch trotzdem kann ich mich nicht damit anfreunden auch mal so zu enden wie Marlene.

Marlene.
Sie hat es nicht verdient. Nicht verdient so zu Enden. Nicht so. Sie hat es verdient in einem Bett zu sterben. Einem Himmelbett. Einem Bett aus Rosen. Rosen die duften. So stark duften das man es noch Jahrelang riechen kann. Einfach schlafen. Sie hätte einfach schlafen sollen. Weiter schlafen. Nicht aufwachen. Nicht aufstehen. Einfach weiter schlafen. Wieso? Wieso kann ein Mensch einen nach so kurzer Zeit so wichtig sein. So wichtig errscheinen. So berühren.

Ich stehe auf. Gehe wieder zurück. Das hat doch alles keinen Sinn mehr. Wieso habe ich mich auf so etwas eingelassen? Die Krankenschwester führt mich zur Intensivstation. Ich will sie nochmal sehen. Einmal noch. Und dann nie wieder. Ich darf nicht rein. Sie nur von Außen sehen. Du eine Scheibe.

„Hey, Marlene. Wie geht es dir? Ich sollte hier eigentlich liegen. Nicht du. Du hast es nicht verdient noch mehr eingeschränkt zu sein. Noch mehr Leiden zu müssen. Wieso du?.“

Ich merke mich sich jemand von hinten näher kommt.

„Schau nur, wie sie friedlich schläft.“

Es ist Marc.

„Trotzdem, sie hat es nicht verdient. Verdient hier zu sein.“
ich muss mir die Hand vor den Mund halten, damit ich nicht anfange zu weinen.

„Ich habe Angst.“
sage ich zu ihm.
„Angst davor genauso zu enden wie Marlene. Da zu liegen. Vielleicht noch was zu bemerken, aber nichts sagen zu können. Das mich niemand besucht. Das niemand mit mir spricht. Angst davor einfach umzufallen. Niemanden mehr sagen können wie sehr man einen Liebt. Wie sehr man alles vermissen wird. Das Leben. Die Menschen. Ich habe Angst davor.“
Ich kann nicht anders als loszuweinen. Marc nimmt mich in den Arm und drückt mich fest. Immer fester.

„Ich habe auch Angst, Lina.“

Da stehen wir also. Und Marlene liegt neben uns. Uns trennt nur eine Scheibe, doch es trennt uns noch viel mehr als das.

Lina.

MY BUCKET LIST - OR- 20 THINGS I WANT TO DO BEFORE I DIE Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt