Unbelief

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-Charlie's Sicht-

Ich blinzle mehrfach und reibe mir über die Augen.Mein Geist spielt mir einen Streich. Ich habe es gesehen. Ich habe gesehen, wie die Flammen auf sie niedergingen und sie starb und doch sitzt sie jetzt vor mir. Sie kann nicht vor mir sitzen. Sie ist gestorben.An ein Wunder mag ich nicht glauben, das schwarze Magier resistent gegen das tödliche Feuer eines Drachens sind bezweifle ich ebenfalls. Ich sehe sie erneut an. Wie sie über den Boden rutscht und versucht ihr Blöße vor mir zu verdecken. Ich realisiere nicht einmal richtig, dass sie nackt ist. Es ist zu unwirklich, dass sie lebend und scheinbar unversehrt vor mir sitzt.

Der Griff um meinen Zauberstab verfestigt sich und ich trete etwas näher an sie heran , damit das schwache Licht sie besser erleuchtet . Sie weicht panisch weiter nach hinten und schüttelt eifrig den Kopf. Sie hat Angst vor mir und will fliehen. Ich bleibe stehen und hebe beschwichtigend die Hände. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich ihren Pullover noch in meiner Hand halte. Der schmutzige und durchlöcherte Stoff sieht aus, als wäre er über Jahre hinweg nicht gewaschen worden. Für diesen Zweck jedoch muss er genügen.

Ich richte meinen Zauberstab darauf und vergrößere ihn. Nun hat er die Größe einer Wolldecke. Ich breite ihn vor mir aus und gehe erneut auf die verängstige Frau zu.

„Ich bin Charlie! Ich werde dir nichts tun! ", flüstere ich und gehe vor ihr in die Hocke. Sie folgt meinen Bewegungen genau. Ihre eisblauen Augen strahlen im Licht und sie beginnt langsam zu nicken.

„Ich wickel dich jetzt darin ein und bringe dich zu einem Heiler! Du bist jetzt in Sicherheit! ", sage ich ruhig zu ihr und bedecke sie mit dem Stoff.

Ihre Finger greifen zittrig danach und so gut sie kann wickelt sie ihn um ihren schmalen Körper. Intensiv und skeptisch sieht sie zu mir auf, als würde sie abwarten was ich als Nächstes vorhabe.

„Ich werde dich jetzt tragen! ", sage ich denn ich denke kaum, dass sie genügend Kraft hat um selbst zu laufen. Ich sehe sie eindringlich an und bin froh, dass sie nach endlos langen Sekunden langsam beginnt zu nicken.

Vorsichtig greife ich ihr unter den Arm und die Kniekehlen und habe sie im nächsten Moment angehoben. Sie ist leicht und eiskalt. Ein gleichmäßig starkes Zittern fährt durch ihren gesamten Körper. Mit dieser Frau auf den Armen setze ich mich in Bewegung, nicht ohne noch einen prüfenden Blick auf die schlafende Norberta zu werfen. Mir ist unklar, wie sie in das Gehege des Drachens eindringen konnte. Mir ist noch unklarer, wie ich sie lebend in meinen Armen halten kann.

Ich steige vorsichtig über eine wild verschlungene Wurzel, als Chris dicht gefolgt von Dan und Adam in mein Blickfeld trit. Entsetzt sehen sie zu mir und betrachten dann die Frau in meinen Armen. Dan sieht aus, als würde er sich gleich übergeben. Er ist verschwitzt und seine Haut hat einen ungesunden Grauton angenommen.

„ Komm, schnell!", befiehlt Chris in die Stille hinein und winkt mich durch. Gemeinsam und ohne ein weiteres Wort zu wechseln treten wird den Weg zurück zum Reservat an.

Als wir den Zeltplatz erreichen, der von einem großem Feuer in der Mitte erhellt wird, richtet sich die Aufmerksamkeit Aller auf uns und die Frau mit der blassen Haut. Eine allgemeine Unruhe und Gerede machen sich breit.

„Maul halten! Weiter arbeiten!", brüllt Chris so laut und wütend über den Platz, dass schlagartig wieder Ruhe herrscht.

Er zieht den Stoff des Zeltes für Medizinische Notfälle zur Seite und ich trete gefolgt von ihm und Adam ein. Im Inneren des sterilen Raumes kommt uns Heiler Stephen sichtlich in Sorge entgegen. Er hat sicher mit Verletzten gerechnet, doch dass diese Verletze eine fremde Frau sein wird kann er sichtlich nicht glauben. Er schlägt die Hände über dem fast kahlen Kopf zusammen und bittet mich sie, auf der glänzenden Liege in der Mitte des Raumes, abzusetzen. Vorsichtig, so als könnte sie jeden Moment zerbrechen, lasse ich sie auf der Liege nieder.Möglichst schnell möchte ich Abstand zu ihr gewinnen. Doch als mich entfernen will hindert sich mich dran. Sie hält mich fest. Pakt mit aller Kraft den Kragen meines Shirts und sieht mir voller Panik in die Augen. Chris, der mir gegenüber steht schaut zwischen uns hin und her und deutet dann mit einem Nicken, dass ich bleiben kann, wo ich bin.

„Was ist passiert?", fragt Stephen erregt in die Runde.

„Wer ist sie?", stellt Chris eine zweite Frage und lehnt sich auf der Liege näher zu der unbekannten Frau, in der Hoffnung sie würde seine Frage selbst beantworten. Doch sie bleibt stumm.

„Ich weiß weder, wer sie ist, noch woher sie kommt, noch warum sie hier ist.", sage ich.

„Sollen wir diese Sache nicht lieber an das Ministerium übergeben? ", schlägt Adam vor und kramt gelangweilt in den Schubladen, eines der vielen Regale, herum.

Ich spüre, wie die Frau ihren Griff verfestigt und mich zu sich zieht. Sie kommt mir näher und ihr Atem steift meine Ohrmuschel bevor sie mir etwas zuflüstert.

„Ich heiße Juniper.", flüstert sie zaghaft und ihre Stimme klingt etwas rau, so als hätte sie ewig nicht mehr gesprochen. Ich nenne den anderen knapp ihren Namen und beobachte Stephen, wie er auf einem Hocker zu uns gerollt kommt.

„Schöner Name, Juniper. Mein Name ist Stephen und ich bin Heiler. Ich werde jetzt nachschauen ob es dir so weit gut geht und dir dann Etwas geben, damit du in Ruhe schlafen kannst.", sagt er freundlich und hebt seine Brauen, die genau so grau sind, wie der Rest seines spärlichen Haares. Juniper nickt zaghaft.

„Wenn du geschlafen hast, dann musst du uns ein paar Dinge erklären! ", bringt Chris seine Bedingungen zum Ausdruck. Entsetzt sieht sie zu ihm.

„ Das Ministerium informieren wir vorerst nicht! ", verkündet er laut, damit alle Anwesenden Bescheid wissen.

Als sie das vernimmt löst sich ihr Griff langsam von meinem Kragen und wendet sich gänzlich Stephen zu, welcher uns nach kurzer Zeit nach draußen schickt. Doch ihren leisen, krächzenden Dank, den sie an uns richtet, vernehmen wir klar und deutlich.

Forest of DragonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt