11. Kapitel

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Ich spürte jeden Knochen, als ich Stunden später vor meiner Haustüre wieder halt machte.

Doch als ich die Tür aufschließen wollte, stieg mir eine vage Duftnote in die Nase, welche mich in eine Salzsäule verwandelte. Mit rasendem Herzen schnupperte ich zögerlich in die Luft, nur um sicher zu gehen, doch der Geruch war noch immer da. Noch immer derselbe. Noch immer lähmend. Cadan.

"Was zur Hölle?", noch einmal atmete ich tief ein, doch der Geruch hing noch immer wie eine Drohung in der Luft.
"Ro?", noch immer wie paralysiert stand ich da, als Wes die Tür öffnete und mich irritiert anstarrte.

Langsam blinzelte ich und sah meinen besten Freund an. "Cadan?", murmelte ich langsam, bevor ich wie eine süchtige wieder meine Nase in die Luft reckte.
Wesley verzog daraufhin ein gequältes Gesicht, packte mich am Arm und zog mich mit einem Ruck ins Haus. "Ian, Roux ist wieder da", rief der braunhaarige über seine Schulter in die Küche, aus der gedämpfte Laute drangen. Kaum hatte Wes die Worte ausgesprochen, erschien Ian im Türrahmen und starrte mich aus seinen grauen Augen besorgt an.

"Geht es ihr gut?", fragte er dann an Wes gerichtet, ließ mich dabei aber nicht aus den Augen. Schnaubend verdrehte Wes die violetten Augen und sah Ian ironisch an. "Klar, geht es ihr gut! Sieht man doch", zischte er mit einer Stimme die vor Sarkasmus nur so triefte.

Und durch den Nebel, in den Cadan's Geruch mich hineinkatapultiert hat, erreichte mich Wes' Sarkasmus und mein Kopf wurde wieder klarer. Verwirrt blinzelte ich und sah mich um. "Warum riecht es hier nach ihm?", meine Stimme war rau, heiser, als hätte ich geschrien.

"Weil er hier war", knurrte eine weitere dunkle Stimme und ich hob ruckartig den Kopf. Kellan saß auf den Stufen der Treppe und sah mich aus seinen hellen Augen kühl an. Doch die Sorge konnte er nicht verstecken.

Mit einem tiefen Seufzen stand er mit einer geschmeidigen Bewegung auf und ging langsam auf mich zu. "Ro... es tut mir leid", meinte er sanft und hob beschwichtigend die Hände, als hätte er Angst ich könnte wieder weglaufen. Bei der Erinnerung warum ich überhaupt gegangen war, zuckte ich zusammen und wandte den Blick ab. "Ist okay, Kel! Ich bin nicht deine Freundin. Ich bin die Freundin deines Bruders und es ist vollkommen normal, das du ... das du... Bedürfnisse hast", murmelte ich ohne ihn anzusehen. Es tat weh, das zu sagen aber es stimmte. Ich hatte keinerlei Rechte ihn deshalb zu verurteilen, das er weitermachte.

Ich spürte wie er näher kam und nur einen Wimpernschlag später, zog er mich in seine Arme. "Es tut mir trotzdem leid, Roux. Vielleicht bist du die Freundin meines Bruders, du hast dich für ihn entschieden. Gefühle stellt das aber nicht ab und ich weiß das ... das du mich mal... Du weißt was ich meine. Es ist vollkommen okay, wirklich. Versteck dich nicht vor mir. Du konntest mir immer alles sagen, belass es dabei", nuschelte er in mein Haar.

Mit einem leisen Schluchzen schlang ich meine Arme daraufhin ebenfalls um ihn und vergrub meinen Kopf an seiner Brust. "Es tut so weh, Kel. Cadan und das er sich nicht an mich erinnert und dann du und ... es schmerzt. Ich möchte das es endlich aufhört zu schmerzen. Mach das es aufhört", wimmerte ich leise und krallte meine Finger in sein Shirt.

Vier weitere Arme schlangen sich unbeholfen um uns. "Es wird alles wieder gut, RoRo. Versprochen! Du hast uns, wir werden dich nicht allein lassen. Kia und Colt brauchen dich ebenfalls. Gib jetzt nicht auf. Wir haben es soweit geschafft", meinte Wes sanft und strich mir liebevoll über das zerzauste Haar.

"Was mich daran erinnert...", abrupt ließ er mich los und lief zur Kommode, von der er einen weißen Zettel nahm und ihn triumphierend in die Höhe hielt. "... Cadan's Firma hat dich angenommen. Du bist drin! Das erleichtert alles so unfassbar.", grinste er und sein Grinsen war so ansteckend wie eh und je. Ich konnte nicht anders als zurückzulächeln. Vielleicht würde doch alles gut werden.

Gespielt skeptisch verschränkte mein bester Freund die Arme vor der breiten Brust und hob eine Augenbraue. "Du wirst es ja wohl schaffen, das sich auch der neue Cadan in dich verliebt oder?", brummte er, doch die Zuversicht ließ seine Augen strahlen. Seine Aussage war als Witz gemeint, jedoch kroch sie wie ein Schatten in mein Herz und krallte sich dort fest. Was wenn ich es nicht schaffte?

"Mom, kann ich noch eins haben?", aufgeregt starrte Colton mich aus seinen lebhaften, blauen Augen an

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"Mom, kann ich noch eins haben?", aufgeregt starrte Colton mich aus seinen lebhaften, blauen Augen an. Seine vollen, rosa Lippen zu einem breiten Grinsen verzogen. In der Hand hielt er ein halbaufgegessenes Croissant.
Kiana nagte noch immer an ihrer Puddingtasche, doch mein Sohn hatte sein Gebäck in Rekordzeit verdrückt. Naja, zu dreiviertel verdrückt.

Belustigt beugte ich mich zu ihm runter und sah ihn ernst an. "Honey, wie wäre es wenn du dein Croissant erstmal aufisst, statt direkt nach noch einem zu fragen?", meinte ich und zog dabei eine Augenbraue hoch.

Mit großen Augen sah der Kleine mich an, als hätte er das Croissant längst vergessen. Dann zuckte sein Mundwinkel wieder leicht und er schob sich den Rest seines Croissants komplett in den Mund. Mit leuchtenden Augen sah er mich wieder an. "Kann isch jetscht ein neues haben?", nuschelte er frech mit vollem Mund.

Fassungslos sah ich meinen Sohn an. "Komm, Ro, kauf ihm noch eins", murmelte Kellan der uns von der anderen Seite des Tisches amüsiert zusah. Ruckartig hob ich den Kopf und sah ihn streng an. "Du verwöhnst ihn zu sehr, Kel! Kein Wunder, das er so frech ist", knurrte ich mürrisch und kniff dabei meine Augen warnend zusammen.

Abwehrend hob er die Hände und grinste schief. "Ich bin nicht derjenige der die Kinder verwöhnt", lachte er. In dem Moment kam Wesley an den Tisch. Breit grinsend reichte er den Zwillingen zwei Tüten. "Hier, ich hab euch noch welche mitgebracht für später", meinte er fröhlich. Mit hoch gezogenen Augenbrauen sah ich zu Kellan der nur amüsiert mit den Schultern zuckte. "Ich hab dir gesagt, das nicht ich derjenige bin, der sie verwöhnt", gluckste er und beobachtete kopfschüttelnd wie seine Nichte und sein Neffe begeistert nach den ihnen dargebotenen Tüten griffen.

Nachdenklich beobachtete ich die Szene. Ich konnte Kellan nicht lange böse sein, schließlich hatte er nichts falsch gemacht. Nachdem ich mich beruhigt hatte, waren wir in die Bäckerei gefahren um unser nächstes Vorgehen zu besprechen, jedoch genossen wir alle jetzt eher diesen kleinen Ausflug. Es tat gut mal nicht an die Probleme zu denken. Auch wenn das Loch in meinem Herzen stets spürbar war, so gab es doch Momente, wo ich es weniger spürte als in anderen. Jetzt war so ein Moment.

Ausnahmsweise spürte ich so etwas wie Glück, während ich meine Familie betrachtete. Und für einen Moment war ich zuversichtlich das wir bald wieder komplett sein würden.

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