6. Kapitel

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Drückende Stille breitete sich im Raum aus während alle meine Nachricht verarbeiteten.

"Du hast was?", hakte Wes dann noch einmal vorsichtig nach, was mir ein gequältes Seufzen entlockte. "Ich hab Cadan gesehen", brummte ich und kniff angestrengt die Augen zusammen, während ich meinen Sohn unbemerkt enger an mich presste.

"Er ist also wirklich hier.", murmelte Ian leise, doch Kellan unterbrach ihn mit einem Zischen. " Das ist mir im Moment egal. Was hat er bitte getan, das du so zusammengebrochen bist? Du warst ohnmächtig, verdammte Scheiße. Für beschissene dreißig Stunden warst du ausgeknockt", knurrte er. Das er keinen Schaum vor dem Mund hatte war auch alles. Kellan liebte seinen Zwillingsbruder, das er jetzt so ausrastete, bedeutete, das ich schlimmer ausgesehen hatte, als vermutet.

"Er erinnert sich nicht an mich. Und seine Augen ... oh Gott, Kellan, seine Augen waren so furchtbar kalt. Außerdem roch er nur sehr schwach nach Wolf. Owen-...", wollte ich erklären, doch Wesley unterbrach mich.

"Owen?", fragte er und sah mich dabei fragend an. Ich warf Ian einen Blick zu, doch der zuckte lediglich mit den Schultern, so als wolle er sagen 'Wir-kamen-noch-nicht-dazu-zu-reden'.

"Owen ist der hier ansässige Alpha und möchte uns helfen. Sie haben einen Schutzwall um ihr Gebiet errichtet mit der Hilfe einer Hexe, die für das richtige Geld alle möglichen Zauber macht. Er glaubt, das Elaine und Kyle, sie bezahlt haben um ihren Wolf zu unterdrücken. Da Cadan aber ein geborener Alpha ist, riecht er jetzt nach einem inaktivem Halbblut. Kyle und Elaine dagegen. Sie riechen wahrscheinlich wie ganz normale Menschen, was bedeutet wir wissen nicht wo sie sich aufhalten, ob sie Cadan beobachten. Ob sie MICH beobachten. Naja .... anscheinend haben sie nicht nur Cadans Wolf unterdrückt sondern auch sein Gedächtnis gelöscht. Anders kann ich mir das ... nicht erklären.", gegen Ende brach meine Stimme und wieder breitete sich Schweigen im Raum aus.

"Wir haben aber einen Plan", meldete sich schließlich Ian zu Wort. Mit zu Schlitzen verengten Augen wirbelte ich zu ihm herum. "Und wie soll der jetzt noch klappen, du Spatzenhirn.", zischte ich und ballte meine freie Hand zu einer Faust.

Ian zuckte mit den Schultern. "Ganz einfach, du musst dafür sorgen, das sein neues Ich dich mag. Komme ihm näher. Wenn er dir vertraut, Schnapp ihn dir und wir schleifen ihn zu dieser Hexe. Bis dahin haben wir hoffentlich genug Geld aufgetrieben, damit wir die bezahl...", meinte Ian doch er wurde unterbrochen.

"Mommy", eine sanfte, müde Stimme ließ mich mich umdrehen und ich sah meine Prinzessin im Türrahmen stehen. Ihren Teddybären drückte sie eng an sich und rieb sich müde über die grünblauen Augen.

"Prinzessin, warum bist du denn wach?", fragte ich sanft und versuchte irgendwie neben ihr in die Knie zu gehen, ohne Colton zu wecken, der mittlerweile tief und fest schlief. "Ich hab laute Stimmen gehört und bin aufgewacht und dann hab ich gemerkt das Coli nicht da war und bin ihn suchen gegangen", jammerte meine Kleine leise, was mir ein kleines Lächeln entlockte. "Schau mal, er ist hier bei mir. Soll Ich euch ins Bett bringen?", fragte ich sanft und strich ihr unbeholfen über das dunkle Haar.

Als Antwort riss meine Tochter ihren kleinen Mund zu einem gewaltigen Gähnen auf, bevor sie zögerlich nickte. Doch dann schaute sie blinzelnd auf und als sie sah wer da war, wurden ihre hübschen Augen groß. Sofort schien sie hellwach.

"Onkel Kell", quietschte sie und tapste eilig auf ihren Onkel zu. Seit ihrem ersten Tag vergötterte sie ihren Onkel. Vergessen war Teddy, den sie achtlos auf den Boden fallen gelassen hatte um schneller laufen zu können. Quietschend streckte sie ihre kleinen Ärmchen nach dem Dunkelhaarigen aus, der sie mit einem breiten Grinsen hoch hob. "Hallo, meine kleine Sternschnuppe", schnurrte er und ich verdrehte die Augen.

"Kellan, sie muss zurück ins Bett. Wenn sie jetzt wegen dir aufkratzt, darfst du ihnen zwei Stunden lang Geschichten erzählen", brummte ich und strich Colton beruhigend über den Kopf, der sich unruhig bewegt hatte. Sofort richtete Kellan seine Augen auf mich und auf seinen Lippen breitete sich ein breites Lächeln aus.

"Soll ich dich ins Bett bringen, Sternchen?", fragte er die Kleine die sofort begeistert in ihre Hände klatschte. "Ja!", quakte sie und ich seufzte.

Zumindest würde das Kellan ein wenig runterbringen, denn sein angespannter Körper verriet die angestaute Wut in ihm.

"Dann nimm ihn auch mit", murmelte ich und löste sanft die kleine Hand von Colton von meinem Shirt. Leicht nickte er, nahm ihn mir ab und lief dann Richtung Kinderzimmer.

"Er liebt die Zwillinge sehr.", meinte Wes. "Du hättest ihn mal sehen sollen als wir im Flugzeug saßen. Ständig hat er mir Fotos gezeigt und gemeint wie sehr er sich freut euch alle wieder zu sehen.... Roux, wenn Cadan ... wenn wir ihn...", sofort warf ich ihm einen warnenden Blick zu, doch er ließ sich davon nicht abbringen.

"Ro, er liebt dich immer noch und er wird es immer tun. Wenn irgendwas mit Cadan passiert, würde Kellan alles geben um jeden von euch mit seinem Leben zu beschützen und für die Zwillinge dazu sein. Er weiß, das er nie der Vater der beiden sein wird aber ... wenn was sein sollte. Versprich mir, das du seine Hilfe annimmst.", meinte Wes ernst und auch Ian sah mich an, mit genau dem gleichen Blick wie Wesley. Wenn wir Cadan, unseren Cadan, nicht zurückbekamen wollten sie mich in Sicherheit wissen. Und bei Kellan war ich nun mal am sichersten. Ich war eben auch seine Gefährtin, seine Seelenverwandte. Trotz das ich mich für Cadan entschieden hatte, würden wir für immer diese Verbindung haben. Wir würden für immer einen Teil des Herzens des jeweils anderen in uns tragen. Ich würde ihn immer lieben. Aber Cadan ... ihn liebte ich einfach mehr. Frustriert stöhnte ich auf und strich mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht.

Die beiden hatten schon Recht mit ihrer Sorge und ich konnte es ihnen nicht übel nehmen. Aber solange ich noch Hoffnung bei Cadan sah, kam es mir wie Betrug vor mir eine Zukunft mit Kellan vorzustellen, auch wenn ich es könnte. Auch wenn ich es schon mehrmals getan hatte. In meinen schlimmsten Tiefs. Wenn ich kurz davor war, Cadan aufzugeben und mich der Liebe zu Kellan hinzugeben. Doch der Schmerz der mir dann immer durchs Herz fuhr, riss mich immer zurück in die Realität.

Ich war gefangen. Gefangen zwischen zwei Brüdern, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Und doch. Ich hatte die richtige Entscheidung getroffen und Kellan würde immer ein Teil meines Lebens bleiben.

Mit einem sachten Kopf schütteln sah ich wieder zu den beiden Jungs. Der ehemalige Beta unseres Rudels sah mich beinahe ängstlich an. Schließlich nickte ich.

"Ich verspreche es."

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