23. Kapitel

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Nachdenklich lag ich im Gras und starrte in den azurblauen Himmel, an dem sich kein Wölkchen hielt. Seit geraumer Zeit malträtierte ich nun schon meine Unterlippe und erst der Geschmack von Blut riss mich aus meinen Gedanken. Blinzelnd ließ ich meine Lippe zwischen den Zähnen hervorgleiten und setzte mich auf. Arden's Aussage hatte mich vollkommen aus der Bahn geworfen. Im Grunde freute ich mich aber ich hatte nicht so schnell mit einer Wendung der Ereignisse gerechnet.

"So, nachdenklich, Liebes? Wo ist dein hübsches Lächeln?", schnurrte eine wohl bekannte Stimme und ich wirbelte erschrocken herum. Elaine lehnte an einem Baum. Hinter ihr stand Kyle mit einem bedrohlichen Grinsen. Panisch wich ich einen Schritt zurück. "Was wollt ihr hier?", zischte ich und spannte mich an, bereit mich zu verteidigen wenn die beiden beschließen sollten mich anzugreifen. Elaine kicherte spöttisch und stieß sich vom Baum ab. Langsam und versucht, elegant, kam sie auf mich zu. "Wir wollen doch nur mit dir reden, Schätzchen", zwitscherte sie freundlich, ihre Augen schrien mir die Wahrheit aber praktisch entgegen. Die Kälte und der Hass leuchteten wie ein Inferno. Misstrauisch wich ich rückwärts, jedoch schlangen sich starke Arme um meine Schultern und verhinderten so jeden weiteren Fluchtversuch. Elaine lächelte jetzt breiter.

"Na Na Na, ist doch unhöflich, einfach wegzulaufen.", grinste sie und tippte mir provokant gegen die Nasenspitze. Ich knurrte sie an und wand mich in dem Griff. Elaine's Augen richteten sich auf die Person hinter mir. "Nehmt sie mit. Aber stellt sie vorher ruhig. Ich kann ihre Stimme nicht ertragen", befahl sie. Verwirrt riss ich den Kopf zurück und blinzelte. Mich mitnehmen? Plötzlich trat ein Fels von einem Mann mit ausdruckslosem Gesicht in mein Blickfeld und noch bevor ich irgendwas sagen konnte, holte er aus und schlug zu. Beinahe sofort versank ich in tiefe Schwärze.

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Ein pochender Schmerz machte sich hinter meiner Schläfe bemerkbar als ich die Augen aufschlug. Scharf zog ich die Luft ein und wollte mir instinktiv an den Kopf greifen, jedoch konnte ich meine Hände nicht bewegen. Verwirrt senkte ich den Blick und musterte die Fesseln die sich um meine Handgelenke schlangen und mich somit bewegungsunfähg machten. "Was zur Hölle?", zischte ich und zog an den Seilen.

"Das wird dir nichts bringen, du dumme Nuss", knurrte eine tiefe Stimme und ich riss erschrocken den Kopf hoch. Mein Blick traf auf den aus sturmgrauen Augen, die zu einem jungen Mann gehörten, der nur durch ein paar Gitterstäbe von mir getrennt, an der Wand lehnte und mich nicht aus den Augen ließ. Auch seine Hände waren gefesselt, er jedoch wirkte vollkommen gelassen und zuckte nicht einmal mit der Wimper. "Was glotzt du so?", zischte er und verengte die hellen Augen drohend. Rasch wandte ich den Kopf ab und musterte den Steinboden der Zelle.

"Wo sind wir hier?", wagte ich schließlich zu fragen, woraufhin der Mann schnaubte. "Sehe ich so aus, als würde ich das wissen?", brummte er und ich spürte seinen bohrenden Blick praktisch auf mir. Ich spannte mich an. Er strahlte eine eisige Kälte aus und seine ungehobelte Art schüchterte mich ein. Trotzdem straffte ich die Schultern und hob wieder den Blick. Der Mann starrte mich noch immer finster an, als wäre ich sein persönlicher Alptraum. "Warum bist du hier?", ich formulierte die Frage so vorsichtig wie möglich, schließlich hatte ich keine Ahnung wie gefährlich mein Nachbar hier wirklich war.

Kurz leuchtete Überraschung in seinen dunkelgrauen Augen auf, jedoch verschwand sie so schnell wie sie gekommen war. Hart presste er seine Lippen aufeinander und wandte den Kopf ab. "Das geht dich nichts an", murrte er. Außerhalb der Zelle leuchtete eine einsame Fackel vor sich hin. Als er den Kopf drehte streifte ihn das Licht und ich blinzelte überrascht. Sein zerzaustes Haar, war hellgrau, beinahe silbern und meinem so ähnlich das wir Geschwister hätten sein können. "Was bist du?", hauchte ich leise und kämpfte gegen die Neugier an die sich in meine Stimme schleichen wollte.

Der Mann seufzte und warf mir einen Blick aus dem Augenwinkel zu. "Du würdest nicht aufhören mir Fragen zu stellen, oder?", stöhnte er genervt und entlockte mir ein leises Lachen. Energisch schüttelte ich den Kopf. "Nein, ich will wissen wer du bist", erklärte ich und versteifte mich als er seinen Kopf abrupt herumriss. Seine Brauen verschwanden beinahe im Haaransatz und dieses Mal blieb die Überraschung in seinen Zügen bestehen. Schließlich seufzte er. "Na fein, ist ja nicht so als käme ich von dir weg", knurrte er bitter und ließ sich langsam an der Wand hinabgleiten. Dann richtete er seinen Blick auf mich.

"Aber du beginnst", befahl er und zuckte auffordernd mit dem Kinn. Ich verdrehte die Augen. Der Kerl war so störrisch wie ein Esel. Kapitulierend schüttelte ich den Kopf. "Okay, mein Name ist Roux. Ich habe vor langer Zeit aufgehört die Jahre zu zählen, ich vermute ich gehe auf die sechzig zu oder so. Aber eigentlich musst du 17 Jahre abziehen, weil ich eine ganze Weile tot war. Ich wurde mit dem Alter 'wiedergeboren', wie ich damals auch gestorben bin.", ratterte ich runter und starrte nachdenklich auf meine Finger. Ein leises Prusten ließ mich schließlich wieder den Kopf heben. Der Esel saß dort und lachte.

Blinzelnd musterte ich ihn. Während er lachte bemerkte ich wie weich und freundlich seine bisher harten Gesichtszüge wirkten, ich entdeckte im Schein der Fackel, sogar einzelne Lachfalten an seinen Augen. In diesem Moment war ich mir sicher das er tief in sich drin kein solch ein Miesepeter war sondern wahrscheinlich ein äußerst humorvoller und freundlicher, junger Mann. Als er meinen Blick bemerkte, hielt er inne und seine Zügen verhärteten sich wieder. "Was?", presste er hervor und schüttelte sich vereinzelte, verirrte Strähnen aus dem Gesicht. "Nichts. Du sahst nur so aus als würdest du normalerweise öfter lachen", antwortete ich wahrheitsgemäß. Erstaunt blinzelte er, dann huschte ein Hauch von Schmerz über sein Gesicht, bevor er sich wieder abwandte. "Nun, das heißt wohl ich bin dran. Mein Name ist Fintan. Ich bin schon so lange hier, ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist, oder wie alt ich jetzt bin. Als ich hierherkam ging ich wohl auf die dreißig zu. Ich bin ... kein Mensch.", endete er knapp und warf mir einen misstrauischen Blick zu. Ich runzelte nachdenklich die Stirn. "Scheint als würden wir hier eine Weile feststecken", meinte ich schlicht und warf einen Blick auf den dunklen Gang vor den Zellen.

Fintan zog beide Augenbrauen hoch, und folgte meinem Blick. Ein resignierter Ausdruck schlich sich auf sein Gesicht, dann zuckte er mit den Schultern. "Das stimmt wohl", stimmte er mir zu.

Leise seufzte ich und lehnte den Kopf an die kalte Wand. Erschöpft schloss ich die Augen und nur wenige Sekunden später war ich eingeschlafen. 

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