~ᵉᶰᵗʷᵉᵈᵉʳ ᵒᵈᵉʳ~
Irgendwie ging es nicht mehr vor und auch nicht zurück. Ein egoistischer Teil von mir wünschte sich, Soonyoung hätte sich gar nicht erst in London beworben und wenn er jetzt meinte, dass er vielleicht doch nicht dort hinwollte, weil es bedeutete auf einer anderen Seite der Welt als ich zu sein, warum hatte er es dann nicht gelassen?
Ich war irgendwie wütend. Und überfordert. Ich konnte beide Varianten nicht ausstehen. Weder wollte ich von ihm getrennt sein, noch wollte ich, dass er seine Chancen für mich hinwarf. Doch ich konnte auch nicht wirklich mit, denn zum einen liebte ich meine Familie und auch mein beschauliches Leben in Muju, zum anderen war mein Englisch mehr als schlecht. Die Vorstellung mich am anderen Ende der Welt in einer Großstadt zurecht finden zu müssen, fern ab der Heimat, machte mir zu sehr Angst.
Soonyoung war da anders. Er hatte immer aus dem Nest raus gewollt. Er wollte größeres. Er hatte ambitionierte Pläne und Träume. Vielleicht hatte wir von Anfang an nicht zusammen gepasst. Es war einfach zu schön gewesen, um wahr zu sein.
"Was willst du damit sagen?" Soonyoung schenkte mir einen scharfen Blick, als ich nervös die Luft aus meinen Lungen ausstieß. Ich biss mir auf die Lippe. "Ich werde nicht derjenige sein, der dir das weg nimmt." Ich schüttelte unwillig den Kopf. "Aber du kannst nicht beides haben." Soonyoung war aufgestanden und ehe ich ihm ausweichen konnte hatte er mich an sich gezogen. "Wieso nicht?" Ich seufzte geschafft.
"Soonyoung..." Sein Name kam nur wie ein kleines Wispern über meine Lippen. "Was stellst du dir vor? Eine Fernbeziehung? Es tut mit Leid, ich kann das nicht." Mir kamen die Tränen und ich versuchte sie schnell wegzuwischen, denn ich schämte mich für sie. Ich sollte das alles nicht noch schlimmer machen, als es ist.
"Sowas funktioniert nicht mal in Filmen, also warum sollten es bei uns funktionieren? Zumal das nicht das ist, was wir beide von einer Beziehung erwarten. Wir brauchen beide Nähe. Und die gibt es nicht, wenn uns erst mal fünfzehn tausend Kilometer trennen. Das ganze wird nur noch zu einer schmerzhaften Last, die unsere Beziehung komplett ruinieren wird. Ich will das nicht. Wenn es sowieso endet, dann können wir uns das ganze sparen und es gleich hier und jetzt beenden." Ich versuchte ihn von mir zudrücken, doch er ließ mich nicht wirklich los. "Soll das heißem, du machst Schluss, wenn ich gehe?"
Ich musterte ein paar Augenblicke sein schönes Gesicht und schluckte leer. Ja? Nein? Nicht wirklich. Es war kein 'Ich mach Schluss wenn du gehst', was jemand tun würde, der ihm die Pistole auf die Brust setzt, um ihn dazu zu zwingen bei einem zu bleiben. Ich wollte das er geht. Ich wollte es wirklich. Ich gönnte ihm seinen Erfolg und mir war klar, dass es dämlich war diese Chance vorbei ziehen zulassen.
Ich mir war nur eben auch im Klaren darüber, dass dies das Ende unserer Beziehung war, denn ich passte schlicht nicht mehr in Soonyoung neues Bild. Und wenn er es nicht fertig brachte mit mir Schluss zu machen, damit er gehen konnte, dann würde ich es auf mich nehmen das ganze zu beenden. Dann hatte er keinen Grund mehr hier zu bleiben und konnte gehen. Ich atmete zittrig durch. "Nein, dass soll heißen, dass ich einfach nur Schluss mache."Ich hatte ihn noch im Flur geblockt, kaum, dass ich seine Wohnung verlassen hatte. Ich hatte ihm den Schlüssel nicht abnehmen können, doch ich hatte meinen Schlüssel stets stecken lassen, denn das Schloss war so konzipiert, dass es nicht geöffnet werden konnte, wenn ein Schlüssel von Innen steckte. Ich hatte ihn vermieden. Das war kein schöner Move, aber das sollte er verdammt noch mal auch nicht sein. Liebe konnte schnell in Hass umschwingen, habe ich mir sagen lassen, und wenn Soonyoung mich nur hasste, dann war er frei. Wahrscheinlich dachte ich es mir zu einfach. Vielleicht auch nicht. Ich wusste es nicht. Doch mir war klar, dass ich keine andere Wahl hatte. Würde ich ihn rein lasse.... auf seine Nachrichten antworten... er würde nie von mir loskommen. Ich liebte ihn über alles, also würde ich auch nicht der Grund sein wollen, dass er irgendwann mal etwas bitter bereute.
Das änderte nichts daran, dass ich Zweifel hatte das Richtige zu tun. Meine egoistische Seite wollte, dass ich ihn machen lasse. Wenn er blind vor Liebe die Chance seines Lebens ziehen lässt ist das doch nicht mein Problem? Es war seine Entscheidung, nicht wahr? Doch so einfach war das ganze nun mal nicht. Es war nicht das erste mal, dass ich Soonyoung von Dummheiten abhielt. Bei weitem nicht. Soonyoung war zuweilen zu Impulsiv um weit in die Zukunft zu denken. Ich war deutlich umsichtiger. Wir würden es beide überstehen. Ich war Realist. Ich zweifelte nicht daran, dass Soonyoung mich liebte, doch irgendwann würde auch er mich vergessen haben.
Ich wälzte mich von einer Seite auf die andere. Der Sturm schien immer schlimmer zu werden, anstatt besser. Der Wind zerrte mit aller Kraft an den Läden und brachte sie zum klappern. Mein Herz schlug viel zu schnell in meiner Brust und mir war viel zu heiß. Ich wurde vergehen in diesem Sturm. Die Mischung aus Herzschmerz und Angst würde mich umbringen. Ich fühlte mich so schwach und einsam wie vielleicht noch nie zuvor in meinen Leben. Verzweifelt lauschte ich auf den Donner und wünschte mir, dass es aufhören möge. Alles davon.
Der Sturm, der Schmerz, die Einsamkeit.
Das war der Moment in dem ich spürte, wie sich die Matratze neben mir absenkte. Ich zuckte regelrecht zusammen, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Was zu Geier? Arme schlossen sich um mich und ich konnte spüren, wie er sich an mich kuschelte und sein Atmen über meinen Nacken streifte. Ich erschauderte und erneute Tränen stiegen mir in die Augen. Wieso war er hier? Er sollte doch bald in Oslo zwischenlanden.
"Ich hatte gehofft, dass du den Schlüssel abziehst, wenn du denkst, dass ich weg bin."
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Thunderstorm
FanfictionSeokmin hasst Gewitter, um nicht zu sagen, er fürchtet sie. Normalerweise hat er das ganz gut im Griff, wenn er nur seinen Freund Soonyoung bei sich hat, der ihm ein Gefühl von Sicherheit und Ruhe vermittelt. Doch Soonyoung ist nicht mehr da und da...