Kapitel 7: Unterschlupf

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Thomas hatte sich am Abend doch noch gemeldet. Ich war noch nie so froh von ihm etwas zu hören. Er bot mir an, dass ich doch erstmal bei ihm schlafen könnte, bis ich weiß, wie es weiter geht. Das Angebot nahm ich zwar zögerlich, aber dankend an.

Ich machte mich also auf dem Weg zu ihm. Ich musste zu Thomas zu Fuß gehen, weil das Fahrrad noch zuhause stand und da wollte ich auf keinen Fall hin.

Als ich endlich da war, klingelte ich und aus der Sprechanlage tönte seine vertraute Stimme: »Ja, wer ist da?«

Ich antwortete: »Ich bins, Linnea.«

Ich hörte, wie er sofort den Hörer der Gegensprechanlage auflegte und mir die Tür öffnete. Ich ging bis in die zweite Etage, wo Thomas schon im Türrahmen auf mich wartete. Er umarmte mich und winkte mich in seine Wohnung.

Noch bevor er zu Wort kommen konnte, sagte ich mit leiser Stimme: »Es tut mir leid, was ich dir heute geschrieben habe. Ich war einfach so wütend und verzweifelt. Ich hoffe, es ist wirklich okay, wenn ich hier ein oder zwei«

Thomas legte mir seinen Zeigefinger auf die Lippen, wodurch ich automatisch aufhörte zu reden und half mir meine Jacke auszuziehen. »Ist schon okay. Alles schon vergessen. Hauptsache es geht dir gut.«, erwiderte er mit einem kleinen Lächeln.

Ich nickte und folgte ihm in sein Wohnzimmer.

»Also ich hatte gedacht, dass du hier auf dem Sofa schlafen kannst. Ist eigentlich ganz bequem, glaube ich.«

»Ja das ist perfekt, danke.«, antwortete ich und fühlte mich jetzt schon viel wohler. »Ich habe nur leider keine Schlafsachen jetzt dabei. Also eigentlich habe ich gar nichts dabei.«

Thomas aber meinte, dass ich einfach Sachen von ihm anziehen könnte und eine Ersatzzahnbürste hätte er wohl auch noch.

»Fühl dich einfach wie zuhause.«, fügte er noch hinzu.

Dann machten wir uns beide bettfertig. Er hatte mir ein blaues Langarmshirt und eine graue Jogginghose herausgelegt. Er zog sich ihn seinem Schlafzimmer um und ich machte mich währenddessen im Bad soweit fertig.

In seinem Zahnputzbecher standen jetzt zwei Zahnbürsten. Die eine war blau und die Borsten waren schon etwas gebogen. Die andere grüne schien noch nicht abgenutzt zu sein und ich schloss daraus, dass es dann wohl meine sein musste. Ich war mir aber nicht sicher und bevor ich noch eine Zahnbürste von irgendeinem Frauenbesuch von Thomas benutzen würde, rief ich etwas lauter durch den Flur: »Die grüne ist meine, oder?«

Er bejahte meine Frage und ich fing an mich fertig zu machen. Irgendwie schon komisch jetzt eine Zahnbürste hier bei ihm zu haben. Aber eigentlich auch schön, dass ich auf ihn zählen kann.

Als ich seine Klamotten anhatte, musste ich laut lachen und Thomas kam sofort in den Flur gelaufen und fragte, was so witzig wäre. Ich öffnete die Badezimmertür und sagte mit lachender Stimme: »Ich sehe aus wie ein Schlumpf. Schau mal. Mir sind deine Sachen viel zu groß!«

Die Ärmel des T-Shirts ragten bestimmt zehn Zentimeter über meine Hand herüber und meine Füße waren auch gar nicht zu sehen. Auch er konnte sich jetzt nicht mehr zusammenreißen und lachte laut los.

Nachdem wir uns wieder beruhigt hatten, fragte ich ihn noch etwas angeheitert: »Wie fändest du es mit einem Schlumpf noch einen Film zu schauen? Ich hätte da einen im Kopf, den mir mal jemand empfohlen hat.«

Thomas griff nach meiner Hand, hielt jedoch nur den Ärmel des T-Shirts in der Hand. Das machte ihm aber nichts. Er zog mich daran stolpernd ins Wohnzimmer und wir schmissen uns auf sein Sofa. Er hatte auch schon seinen Schlafanzug an und so machten wir es uns mit einer Decke gemütlich.

Der Film hieß "Weit" und handelt von einem Paar, welches ihre Reise um die Welt antritt und das Ganze in einer Reisedoku festhält...

***

»Linnea? Musst du nicht heute wieder zu deinem Praktikum?« Ich murmelte etwas und drehte mich auf die andere Seite in der Hoffnung, dass mein Gemurmel als Antwort ausgereicht hat und ich wieder einschlafen kann.

Jemand berührte mich auf der Schulter und schüttelte mich leicht: »Linnea, nicht weiterschlafen. Es ist schon zehn vor halb acht.«

Ich fuhr erschrocken auf, drehte meinen Oberkörper zu Thomas und fragte ihn mit aufgerissenen Augen: »Wie spät ist es?«

»Es ist zwanzig nach sieben. Frühstück ist schon gemacht, du Schlafmütze.«, antwortete Thomas mit ruhiger Stimme.

Ich muss wohl gestern beim Film schauen eingeschlafen sein.

Thomas half mir mich aus der kuscheligen Decke zu befreien und zerrte mich vom Sofa. Er musste schon länger wach sein, denn er hatte schon seine Alltagsklamotten an und seine braunen Haare schienen auch gemacht. Zumindest saßen sie besser als meine, was aber auch nicht schwer war.

Thomas ging in die Küche und bereitete vermutlich das Frühstück weiter vor, was ich aus dem Klirren und Scheppern, was aus der Küche tönte, schloss.

Ich ging noch total verschlafen ins Bad, wusch mein Gesicht, putzte Zähne und zog meine Sachen von gestern an.

»Oh ja, das fühlt sich gut an.«, sagte ich etwas ironisch zu mir selbst.

»Kommst du zum Frühstück?«, rief Thomas aus der Küche.

Er hatte nur eine kleine Küche, in der man aber alles Nötige fand – ein Kühlschrank, ein Ofen mit Herd und einen kleinen Esstisch mit zwei hölzernen Stühlen. Er zog mir den einen Stuhl etwas zurück und ich setzte mich, während ich ein leises »Danke« ausstieß.

Er setzte sich gegenüber von mir hin. Es lag nichts Besonderes auf dem Tisch, aber das störte mich nicht. Er trank seinen Kaffee, während ich mir meinen Toast mit reichlich Butter schmierte und etwas Pute darauflegte.

Es gab auch noch andere Plastikverpackungen, in der sich Edelsalami oder mild-würziger Käse befand. Süßen Aufstrich wie Marmelade und Nutella hatte er auch zurechtgelegt, aber das mochte ich nicht so gerne.

Als er nach der Erdbeermarmelade griff, um seinen Toast damit zu schmieren, fragte er mich: »Was hast du gestern eigentlich so getrieben bei deinem Praktikum? Ich hatte leider viel mit der Arbeit zu tun.«

»Ach nichts Besonderes und eigentlich muss ich jetzt auch los.«, antwortete ich etwas voreilig auf seine Frage und schaute auf die Uhr, die an der Wand rechts neben der Tür hing. Es war tatsächlich schon zwanzig vor acht. Thomas wohnte etwas näher an dem Atelier, nur ohne Fahrrad werde ich es nicht pünktlich schaffen.

»Ja okay. Ich wollte dich nicht aufhalten. Kannst gerne mein Fahrrad nehmen. Dann fahre ich heute mal mit dem Bus zur Arbeit.«

Ich nahm meinen Ist-das-wirklich-okay-Blick, bei dem ich immer versuchte wie ein Hundewelpen zu schauen, an, als er aber wohlwollend nickte, stopfte ich mir den Toast in den Mund, schnappte mir meine Jacke und lief nach unten. Thomas konnte mir nur noch schnell den Schlüssel vom Fahrradschloss in die Hand drücken, so eilig hatte ich es.

Es stand nur ein Fahrrad vor der Haustür, was es mir einfach machte seins zu identifizieren. Ich schwang mich aufs Fahrrad und düste los. Es war zwar noch nicht wirklich warm, aber der extreme Wintereinfall hatte sich wieder beruhigt. So war das Fahren heute nicht so unangenehm. Nach circa einer viertel Stunde kam ich bei Michael an. Gerade noch so pünktlich.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 11, 2019 ⏰

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