4. Kapitel

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Zum ersten Mal prallten die Sonnenstrahlen auf Moses herab. Er konnte ihre Wärme spüren, ohne sich zu verbrennen, ihre Helligkeit genießen, ohne sich im nächsten Schatten verstecken zu müssen. Ein Wunder war passiert, etwas, was er nie zu Träumen wagte. Eigentlich war alles perfekt. Die Schiff lebten endlich wieder vereint in einer Welt, wo es kein Spina gab und die Sonne ihnen nichts antat.
"Aber welches Leben ist schon lebenswert, wenn es keine Herausforderungen mit sich bringt?", fragte Moses seine Freunde und schaute hinauf zur Sonne, die er so lange meiden musste. "Außerdem, wie können wir unsere Waffen niederlegen, wenn unsere Freunde Hilfe brauchen?" Aufgeregtes Gemurmel begann vor ihm. Vor allem schien Jan aufgebracht.
"Freunde?", höhnte er und kniff die Augen zusammen. "Diese Bitch hat mich umgebracht." Irene warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. "Das hast du doch selbst angezettelt", erinnerte sie ihn schnippisch. Schnell stellte sich Moses zwischen sie. "Nochmal zu streiten wird uns nichts bringen!", meinte er.
"Und wie sollen wir wieder lebendig werden, Moses?", brüllte Jan. "Du hast ja komplett den Verstand verloren!" Ghee schaute beschlagen zum Boden. "Ich denke er hat Recht", murmelte er Richtung Füße und strich sich den Pony aus dem Gesicht. Entsetzt schaute der Anführer in ihre Richtung. "Du auch?", fragte er. "Ich dachte, wir sind Kämpfer. Dass wir nicht aufgeben." Auch Gudriff nickte und trat neben Moses. "Wir können Lulu nicht alleine lassen", stimmte er zu.
"Moses hat Unrecht. Aber das wird er noch sehen. Denn du verschwendest nur deine Zeit", mischte sich auch Karman schlecht gelaunt ein. Seine Schulter lehnte gegen einen Baum, während seine Arme verschränkt vor seiner Brust Platz nahmen. Kaum hatte er sein Statement gesagt, schob er sich vom Baum weg und blieb vor seinem Freund stehen. "Akzeptiere das du tot bist." Mit diesen Worten verschwand er rasant. Moses machte große Augen, als er das sagte. Dann fielen seine Augenlider wieder etwas runter. Bedrückt schaute er Karman nach. "Wahrscheinlich hat er Recht", murmelte er und zischte ebenfalls davon, aber in die entgegengesetzte Richtung. Derweil standen die restlichen Schiff wie erstarrt einfach da und ließen sich die Unterhaltung durch den Kopf gehen.

Automatisch führte es Moses zu Lulu, die am Bett neben Saya saß. Erneut glitt der Schiff durch das Glas des Fensters und gelangte so in das Zimmer. Auch Hagi gesellte sich bei dem schlafenden Mädchen. Direkt hinter seiner Freundin blieb Moses stehen. Wie gerne würde er ihr sagen, dass es den Schiff gut geht. Seine Hand ging auf die Schulter der Kleinen zu, doch er griff nur in die Leere. Das war das Schlimmste am Tod sein: Alles schien zum Greifen nah, doch erreichen konnte man es nie.
Moses senkte den Kopf. "Lulu", flüsterte er, doch das Mädchen machte keine Andeutungen ihn gehört zu haben. In seinen Augen trat ein trauriger Schimmer auf. "Ich hoffe es geht dir gut", murmelte er. Die ganze Zeit über starrte Lulu auf Saya und redete mit Hagi.
"Ich frag mich, ob sie gerade träumt", sagt sie und lugte unter ihrer Kapuze hervor. " Man träumt doch von was, wenn man schläft, oder?" Der Anführer biss sich auf die Unterlippe, gequält von der traurigen Miene seiner Freundin. Aus Hagi kam nur ein knappes "ja".
"Ich wünschte, ich könnte auch schlafen", platzte es aus der Kleinen raus. "Dann könnte ich ja vielleicht meine alten Freunde auch in meinen Träumen wiedersehen." Moses kniff die Augen zusammen und atmete tief ein. Sein Herz fühlte sich so unglaublich schwer an und seine Kehle wurde vor Trauer und Reue zugeschnürt. "Bitte sieh mich", flehte er und strich ihr über den Kopf, doch seine Hand erfasste sie nicht.
"Oftmals können Träume jedoch zu Albträumen werden", erwähnte der Chevalier emotionslos. Lulu seufzte nur, während Saya weiter schlief. "Warum musstest du ihr das kaputt machen?", fluchte Moses und schaute Hagi böse an. "Sie will nur Hoffnung haben und du machst sie kaputt!" Wütend stampfte Moses auf, doch kein Geräusch ertönte. Er betrachtete seine Hände. Sie schauten normal aus, doch es waren die Körperteile eines Toten. Wofür war er nur in dieser Welt? Was sollte das Alles bedeuten?
Länger konnte er nicht mehr bei Lulu bleiben, da es in ihm Gefühle weckten, die er bisher nicht kannte. Er bereute, was er getan hatte und wünschte, er hätte sich wenigstens von Lulu verabschiedet. Reue, das hatte er noch nie gespürt, genau wie Schuld und Angst. Angst, für immer in dieser einsamen, elenden Welt zu bleiben. Angst, dass seine Entscheidung zu Sterben Lulu das Leben kostet. Angst, nichts tun zu können, um seinen Freunden zu helfen.
Schnell stürmte er aus dem Fenster und griff nach seinem Haar. Was hätte er getan? Er setzte sich aufs Dach und starrte unermüdlich auf das Haus, wo Lulu lebte. Er wollte leben.
Die Zeit verging und die Sonne floh vor der ewigen Finsternis. Noch immer hockte der Schiff auf dem Dach und betrachtete im Licht der Laternen dieses eine Haus. Aus der Ferne ertönte eine Kirchenglocke und ließ ihren Klang über die Stadt verteilen. "So spät schon?", murmelte er und stand auf. Sein Blick ging über die Dächer und die friedlichen Straßen. Gerade als er sich auf den Weg zu den Anderen machen wollte, erkannte er einen Schatten aus dem Augenwinkel, der sich direkt auf das Haus zu bewegte, wo Lulu drin wohnte. Eine bösartige Aura schwebte durch die Luft und plätschte wie Wellen gegen den Schiff. "Lulu!", rief er und sprang vom Dach auf den Fenstersims des anderen Hauses. Im Fenster klaffte ein Loch, die Scherben purzelten die Stockwerke herunter. Hagi und der Chiropteran flogen durch Moses hindurch, als würde es ihn gar nicht geben, während das Mädchen versuchte Saya aufzuwecken. Doch sie öffnete einfach nicht ihre Augen. Moses sprang zum Bett und boxte durch die Chiropterankönigin hindurch. "Wach auf!", schrie er sie an, während Lulu an ihr kräftig rüttelte. Plötzlich sprangen ihre Augen auf. Zwei weitere Mädchen betraten ihr Schlafzimmer, aber auch der Chevalier kroch durchs Fenster wieder hinein. Lulu schrie vor Angst auf.
Saya sprang auf und griff den mit ihrem Schwert Chiropteran an. Moses schaute zu Lulu, die in den Armen der Blondine lag und flüchtete ebenfalls aus dem Fenster. Auf der Straße kämpften die beiden brutal miteinander. Rasch kam auch Hagi wieder dazu, der sie vor einem Dornenangriff mit seinem Gitarrenkoffer schützte. Moses lief auf Divas Chevalier zu. Von Hass und Rache getrieben, schlug er auf ihn ein, doch bemerkte nur die Leere, die seine Hände erfassten. Der Chiropteran hatte ihn nicht einmal bemerkt. Verzweifelt fuchtelte Moses weiter in der Luft herum, vergebens. Inzwischen wurde Sayas Chevalier mit einem Dorn nahe des Herzens gegen die Wand geschleudert. Zu allem Überfluss mischte sich auch noch Lulu ein, die den Chiropteran angriff. "Nein!", befahl Moses, doch schon spießten sie Dornen in Arm und Bein an der Wand auf. Sofort huschte der Anführer zu ihr und versuchte die Dornen zu packen. "Warum nur? Ich will nur helfen", seufzte er. Lulu rief, dass Saya laufen soll, doch sie war zu schwer verletzt, als dass sie ihren Wunsch erfüllen konnte. Gerade als der Chiropteran dem Mädchen den Gnadenstoß erteilen wollte, stellte sich Solomon zwischen sie. Sein Blondes Haar flatterte im Wind, während er James Schwert von seiner Geliebten fernhielt. Er verkündete, dass er trotz Sayas Ablehnung, ihr Chevalier sei. Moses kniff die Augen zusammen. Er verstand nicht, was den Jungen zu so etwas bewegt hatte. Schließlich gelang es Solomon seinem ehemaligen Kameraden das Schwert aus der Hand zu reißen. Klirrend landete es auf dem Boden, während die beiden Chevalier weiter kämpften. Zügig rannte Moses zum Schwert und versuchte es anzufassen, während Solomon nach weggeschleudert wurde. James kam auf Moses Freunde zu. Moses konnte nur noch den Hass gegen diesen Chevalier spüren. Seine Finger schlossen sich um den Griff des Schwertes und er hob es auf. Rasch tunkte er die Spitze in das Blut, welches aus Sayas Wunde heraussprudelte und kam auf James zu. Die Augen des Anführers glühten. Gekonnt stach er das Messer in James Brust. Kurz darauf tauchte Spina auf seine gepanzerten Haut auf und zierte sich über den ganzen Körper. "Spina?", fragte Lulu ungläubig. Plötzlich tauchten Saya und Hagi von oben auf und das Mädchen stach James mit ihrem Schwert durch die Brust.
Nachdem der Chiropteran gestorben war, kamen alle um seine zersplitterte Leiche herum zusammen. "Das waren sicher Moses und die Anderen", meinte Lulu. Auf Moses Gesicht entstand ein Lächeln. In seinen Händen hielt er immer noch das Schwert. Dann verschwand er.

Moses~ Ich akzeptiere das nicht || Blood+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt