Das Schwert wippte auf seinen Fingern. Es fühlte sich normal an. Unweigerlich dachte er an Lulu und die Anderen, die gerade noch eben, gegen diesen Chevalier, den er so sehr hasste, gekämpft hatten. James war tot. Doch dadurch wurde Moses nicht lebendiger. Sein Blick fiel auf seinen Körper, der sich real anfühlte, sodass er schnell vergaß, dass er der Tote war. Aber auch er hatte es geschafft, ein Gegenstand aus der Welt der Lebenden hierher zu befördern. Und es gab ihm Hoffnung. Hoffnung, diesen einsamen Ort zu verlassen.
Endlich war er angekommen. Kurz zögerte der Schiff, denn ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihm aus. Vor ihm erstreckte sich eine Reihe von Kreuzen, die die Gipfel der Erdhügel markierten. Langsam lief Moses an den einzelnen Gräbern vorbei, den Blick auf die Schilder gerichtet. Gestas, Dismas, Ghee, Jan, Irene, Gudriff, Dahz, Karman, Moses. Der Anführer blieb stehen und starrte benommen auf den Schild. Schnell kniete er sich nieder und strich darüber, doch wie gewohnt fiel seine Hand dadurch. Ein schmerzhaftes Gefühl breitete sich in ihm aus. So etwas kannte er nicht. Aber sein eigenes Grab zu sehen, das war ein Rückschlag.
Plötzlich hörte er, wie es hinter ihm raschelte. Ruckartig duckte er sich, bis ihm einfiel, dass ihn keiner sehen konnte. Er stellte sich auf, erkannte, dass ein kleines Mädchen mit lilanen Haaren auf die Gräber zukam. In ihrer Hand lagen neun rote Rosen. Lulu schaute traurig aus. Zuerst kniete sich vor Gestas und Dismas Grab. "Ihr seid immer so nervig gewesen", schluchzte sie und wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen. "Aber ich vermische euch trotzdem." Moses überlegte zu gehen, denn diese Traurigkeit konnte er nicht aushalten. Sie zerriss ihn förmlich. Das Mädchen wanderte zum nächsten Grab, das von Ghee. Ihre Hand glitt über das Holz des Grabmals, dann strich sie über die Erde. "Du hast die Hoffnung nie aufgegeben", murmelte sie und legte auch ihr eine Rose auf das Grab. Bei Jan zögerte sie. "Du bist selbst Schuld", meinte sie. "Hättest du bloß auf Moses gehört. Aber nun bist du fort und ein wichtiger Teil fehlt." Nachdem sie auch ihm eine Rose schenkte, ging sie über zu Irene. Aus ihren Augen sprudelten die Tränen und ihre Stimme gab nach. "Es tut mir so leid, dass wir dich nicht retten konnten", wimmerte sie erstickt. "Du hast den Menschen eine Chance gegeben, die jetzt unsere Freunde sind." Als sie zu Gudriff ging, erinnerte sie sich an die Nacht, in der sie von der Leichencompany angegriffen wurden. Das war sein Todestag. "Hättet ihr mich bloß mit kämpfen lassen", maulte sie. "Vielleicht würdest du dann noch leben, Gudriff." Ihr Blick ging in die Ferne, als würde sie wieder zu diesem schlimmen Tag zurückkehren. Drei Rosen waren noch übrig. Eine davon legte sie Dahz auf das Grab. "Du bist immer so pessimistisch gewesen", sagte sie. "Du hast nie an die Hoffnung geglaubt. Vielleicht hättest du Recht." Ihre Augen wanderten zu den restlichen zwei Gräbern. Sie stand auf und setzte sich in die Mitte der beiden. Zuerst kam Karman dran. "Du warst immer so wütend und stolz. Du konntest dein Leben nie wirklich genießen, weil du immer nur das Schlechte gesehen hast", meinte Lulu. "Aber du hattest Moses." Dem Anführer gefror das Blut, als seine Freundin seinen Namen nannte.
"Er war immer für dich da. Und er war auch da, als du gestorben bist. Ich wünschte zwar, er hätte es nicht getan, aber das ist nicht meine Entscheidung gewesen. Falls du mich hörst, Moses: Ich vergebe dir." Moses kniete sich vor sie. "Danke", sagte er. Augenblicklich schaute sich Lulu hektisch um. Der Schiff griff nach ihrer Hand. Ihren Blicken zufolge, spürte sie es.
"Es tut mir leid, Lulu. Ich hätte nicht gehen dürfen. Aber ich konnte auch nicht zurückkehren", erklärte er und schloss die Augen. Vor ihm sah er, wie er Kai angriff. "Nicht nach dem, was ich getan habe."
"Moses?", fragte die Kleine hoffnungsvoll und schaute sich um. Ihr Herz begann zu rasen. "Was wenn er gar nicht tot ist, sondern nur abgehauen? Vielleicht lebt er noch?" Als sie aufsprang glitten ihre Hände durch seine. "Nein, Lulu!", rief er, doch sie rannte schon davon. Die Rose purzelte zerrissen zu Boden.
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Moses~ Ich akzeptiere das nicht || Blood+
FanfictionSie haben gesagt, dass man nach dem Tod nichts fühlte. Man verschwand einfach, als hätte man nie existiert. Jeder Schmerz, jede Hoffnungslosigkeit, jegliches Glück wird von einem schwarzen Loch verschlungen, bis man selbst hineinfällt. Übrig bleiben...