Kapitel 1, Ivy

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Geschickt schlängelte sich Ivy durch die Kleidergestelle zurück in ihre Abteilung. Sie arbeitete seit drei Jahren im »Suits and Ties« und war seit ihrem ersten Tag für die Anzugsabteilung verantwortlich. Das Geschäft war aufgeteilt in drei Bereiche; Anzüge, Casual und Schuhe. Als sie zurück in ihre Abteilung kam wartete bereits ein Kunde auf sie. Sie schätzte ihn auf mitte 20. Er war gross, muskolös und hatte hellbraune, kurze Locken. Ein Dreitagebart ergänzte sein Erscheinungsbild. Er war vermutlich ein Spanier...
"Entschuldigung, kannst Du mir helfen? Ich suche einen Anzug, aber ich habe keine Ahnung von Anzügen..." sagte er.
Ivy strich sich eine Strähne ihrer haselnussbraunen Haare hinters Ohr und nickte. Nachdem sie ihn mit Fragen, wofür er den Anzug brauche, durchlöchert hatte begann sie ihm verschiedene Modelle zu zeigen. Sie gab ihm drei verschiedene Anzüge in die Umkleidekabine. Er probierte den ersten, einen dunkel blauen Anzug von Calvin Klein. Er trat aus der Kabine und zupfte sein Hemd zurecht.
"Den hier müssen Sie schliessen" sagte sie und machte den oberen Knopf des Blazers zu. Er betrachtete sich im Spiegel. Er begann zu lächeln, der Anzug schien ihm zu gefallen.
"Und, gefällt er Ihnen?" fragte sie nach.
"Was findest Du? Du bist die Fachfrau." er grinste.
"Der Anzug passt wie angegossen."
Er wandte sich vom Spiegel ab und drehte sich zu Ivy.
"Da stimme ich Dir zu, Miss Blachard"
Er war aufmerksam, dies musste man ihm lassen. Er probierte die anderen Anzüge gar nicht, er fragte jedoch nach einer passenden Krawatte und einem Einstecktuch. Sie gab ihm eine dunkel blaue Krawatte, passend zum Anzug, und ein weisses Einstecktuch, passend zum Hemd.
"Kannst Du mir die Krawatte gleich zuknöpfen? Und wie muss ich das Einstecktuch falten?"
Ivy schüttelte den Kopf und sagte, "Das müssen Sie nicht falten, nur zurecht zupfen..." Sie zeigte es ihm vor und begann ihm die Krawatte zu binden. Sie konnte seinen Atem spüren während sie den Knopf zu ende knöpfte. Er betrachtete sich im Spiegel und begann erneut zu lächeln. Er fragte noch nach vier weiteren Hemden, so dass er für jeden Wochentag ein anderes hatte. Während Ivy die anderen Hemden zusammen suchte, zog er sich wieder um. Er nahm den Anzug und das Hemd und ging zu Ivy an die Kasse. Zum bezahlen streckte er ihr seine Kreditkarte zu. Elliott Lopez, er war definitiv ein Spanier. Sie wickelte die Zahlung ab und überreichte ihm seine Einkaufstasche.
"Ich bin Elliott" sagte er und streckte ihr seine Hand entgegen.
"Na dann, einen schönen Abend, Elliott." sagte sie freundlich.
"Tut mir leid, aber ich hab deinen Namen nicht verstanden."
Netter Trick, dachte sie sich. "Das liegt daran, dass ich ihn nicht genannt habe."
Er schmunzelte. "Clever! Ich wünsche Dir auch einen schönen Abend, Miss Blanchard"
Ivy sah ihm noch nach wie er das Geschäft verliess. Vor dem Ausgang drehte er sich nochmals um und winkte Ivy zu. Sie schüttelte den Kopf und begann zu grinsen. Ob er diese Masche wohl bei jeder Frau abzog? Emilie riss sie aus ihren Gedanken.
"Wer war denn das?" fragte sie neugierig.
"Elliott Lopez." antwortete Ivy trocken.
"Du kennst ihn also?"
"Nein... Aber er kommt mir irgendwie bekannt vor, vielleicht sind wir uns auf der Strasse mal begegnet oder so." Sie zuckte mit den Schultern.
"Ihr zwei währd ein süsses Paar!" sagte Emilie grinsend.
"Ich kenne ihn gar nicht Em! Wahrscheinlich zieht er diese Masche bei jeder netten Verkäuferin ab..."
"Vielleicht auch nicht..."
"Woher willst du das wissen?"
Emilie zuckte mit den Schultern. Sie war wie eine kleine Schwester für Ivy, meistens süss, aber manchmal konnte sie auch echt nerven, so wie jetzt gerade.
"Hör mal, so gut sieht er jetzt auch wieder nicht aus..." sagte Emilie.
"Wir wissen beide, dass unsere Geschmäcker verschieden sind." gab Ivy zurück.
"Ha! Erwischt! Das heisst er gefällt dir!" Sagte Emilie mit einem triumphierenden Grinsen.

Es war mittlerweile Freitag. Freitag war Einzahlungstag, das heisst, dass Ivy alle Bareinnahmen der letzten zwei Tage auf die Bank brachte. Montag, Mittwoch und Freitag waren die fixen Tage für Ivy, um die Einzahlungen zu erledigen. Da die meisten Kunden mit Karte zahlten, reichte es alle zwei Tage auf die Bank zu gehen. Ivy kannte alle Mitarbeiter der Bank und verstand sich mit allen bestens. Es waren alle in Ivy's Alter, ausser der Chef, sie schätzte ihn auf das Alter ihres Vaters, also mitte 40. Sie holte die Einzahlungen, meldete sich ab und machte sich auf den Weg zur Bank, welche sich gleich neben dem Suits and Ties befand. Sie betratt die Bank und ihr Herz blieb für eine Sekunde stehen. War das wirklich Elliott Lopez der da hinter der Theke stand?

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