Sie alle waren Kinder...Kinder wie ich! Die Vorstellung, dass ich vor wenigen Tagen noch mit ihnen geredet haben könnte steigerte mein Entsetzen. Sie waren es die von mir getröstet werden sollten und nicht anders herum! Ich wollte meine Emotionen unter Kontrolle halten und Stärke beweisen. Einer der kleinsten von ihnen kam auf mich zu, legte seine kleine Hand auf meinen Arm und sah mich an. Sie hatten weder Augen noch sonst irgendwelche Gesichtsmerkmale. Aber es war als hätte es gewusst was in meinem Kopf vorging. Es hatte sein Schicksal wohl hingenommen und es aufgegeben jemals frei zu sein. Da brachen die Tränen aus mir heraus und ich begann zu weinen. Von meiner Reaktion überrascht, wich der kleine Gnom ein Stück zurück. Ich wünschte mir so sehr aufzuhören doch meine Emotionen ließen sich nicht zurückhalten. Ich weinte und weinte. Da spürte ich erneut eine kleine Hand auf meinem Arm. Doch als ich diesmal aufblickte war es ein anderes Kind. Anders als die anderen Gnome trug er einen kleinen roten Schal und hatte Augen. Während er mich so ansah stiegen auch in ihm kleine Tränen hervor und rollten über sein vermeintliches Gesicht. Genau das wollte ich vermeiden und doch kam es jetzt dazu. So sehr ich ihn auch beruhigen wollte schaffte ich es nicht. Ich konnte mich ja nicht mal selber beruhigen. Zu wissen, dass in diesem Moment niemand für mich da war machte mich nur noch trauriger. Natürlich war ich nicht allein aber...einsam! Da war einfach niemand der sich für mich sorgte oder mich liebte. Keine Eltern die mich morgens weckten und abends zu Bett brachten. Niemand dem ich meine Sorgen und Ängste anvertrauen konnte...niemand dem ich etwas bedeutete.
Vielleicht haben es andere auch nicht leicht und müssen in Angst leben. Vielleicht hatten es diese Kinder nicht leicht. Wie müssen sie sich vor dieser 'Verwandlung' gefühlt haben? Ob sie Angst hatten? Ob sie einsam oder traurig waren? Oder hatten sie sich mit ihrem Schicksal bereits abgefunden gehabt? Diesen Ort niemals wieder verlassen zu können... dieser Gedanke verängstigte mich. Äußerlich wurde mir durch das knisternde Kaminfeuer warm, doch innerlich...war mir so furchtbar kalt. Keine Mutter die sich um mich sorgte und kein Vater der mit mir spielte. Ich hatte noch nie so etwas wie Elternliebe erfahren dürfen. Nicht ein einziges tröstendes oder aufmunterndes Wort über all die Jahre. Nicht eine einzige liebevolle Umarmung in der ich mich sicher und geborgen fühlen konnte. So gesehen hatte ich nichts was mich an mein Leben band. Doch ich wollte hier unbedingt raus. Und anfangen frei zu sein. Ich wollte verdammt nochmal nicht überleben! Ich wollte LEBEN! Morgens aufwachen und sagen können heute wird ein schöner Tag. Abends ins Bett gehen und sagen können ich freu mich auf morgen! Und nicht erst hoffen, dass ich morgen überhaupt noch am Leben bin! Ich ließ die Geschehnisse der letzten Stunden oder auch Tage an mir vorbeiziehen. Ich dachte an den Schlafsaal, den Wächter, die Küche, an den Koch und die Köchin als auch an diese alte Hexe wegen welcher ich fast ertrunken war. All dies nur um hier raus zu kommen. Und ich befürchtete, dass dies noch lange nicht alles war. Und vor allem zu wissen, dass der Nachtwächter möglicherweise immer noch nach mir suchte ließ mir erneut einen eisigen Schauer über den Rücken laufen. Ich wusste, dass ich je länger ich hier blieb nur noch weniger Hoffnung hatte. Hoffnung hier zu entkommen und endlich Kind sein zu dürfen. Nur wenige Momente später holte mich die Realität wieder ein. Mir war furchtbar schlecht und ich musste mich in einer Ecke übergeben. Da fiel mir mein Brotlaib wieder in den Blick. Es war schimmelig und schon ganz schwarz und weiß.
In meiner Freude endlich einen friedlichen Platz gefunden zu haben hatte ich wohl nicht darauf geachtet was ich aß und diese Tatsache holte mich nun ein. Die verwandelten Kinder schauten Schuldbewusst auf den Boden und taten als wären sie nicht da. Dieser Anblick war einfach zu niedlich. Ich ging auf sie zu nachdem es mir besser ging. Niedergebeugt streichelte ich ihnen über ihren Kopf und sagte, dass es nicht so schlimm sei. Schließlich haben sie es gut gemeint. Nachdem wir alle uns einigermaßen wieder beruhigt hatten und niemand mehr traurig war, entschied ich mich meine Flucht fortzusetzen. Ich stand gerade vor den morschen Holzpanelen welche eine Art Eingang bildeten. Mit einer bösen Vorahnung wollte ich gerade den kleinen Raum verlassen, da zog jemand leicht an meinem Mantel. Ich drehte mich um und sah den kleinen Gnom mit seinem Schal in der Hand. Im Knien sah ich ihn an. Da streckte er mir den roten Schal entgegen. Sein einzigstes Kleidungsstück, wollte er mir geben damit ich es warm habe....
Mir fehlten die Worte. Ein letztes Mal umarmte ich ihn fest und war erneut den Tränen nah. Diesmal konnte ich mich glücklicher Weiße beherrschen. Den Schal band ich mir gleich um, da es vom Feuer entfernt etwas kühl wurde. Wir verabschiedeten uns und ich machte mich erneut auf den Weg, diesem Horror-Haus zu entkommen.Ich lief immer weiter geradeaus. Nach einiger Zeit sah ich einen dunklen Schatten vor mir.
Erst wollte ich ein Versteck suchen, aber dann fiel mir auf, dass sich der Schatten nicht bewegte und eine Quadratische Form hatte. Langsam aber sicher bewegte ich mich auf den Schatten zu. Je näher ich kam desto klarer wurden die Umrisse, des Unbekannten etwas. Endlich konnte ich erkennen was es war. Es war die nächste Tür. Ich hatte keine Ahnung was sich hinter ihr befand. Klar war aber, dass ich auf keinen Fall in diesem offenen Gang bleiben konnte. Es schien wie eine halbe Ewigkeit, dass ich versucht habe irgendeinen versteckten Hebel oder Knopf zu finden. Vergebens. An der Tür war kein Rad, Knauf oder Hebel zu erkennen. So langsam gingen mir die Ideen aus, und verzweifelt ließ ich mich an der Wand zu Boden sinken. In Gedanken versunken vergrub ich mein Gesicht in meinen Knien. „Je länger ich noch hier sitzen bleibe, desto höher wird die Chance, dass mich einer der Angestellten finden würde..!" murmelte ich. Aber mir fiel keine Möglichkeit ein, diese Tür zu öffnen. Da bemerkte ich, dass sie sich langsam öffnete. Es machte einen unglaublichen Lärm, und sie ging auch nur sehr langsam auf. Aber nach wenigen Minuten war der Türspalt groß genug, so dass ich mich hindurchzwängen konnte.
Doch ich zögerte...
Die Tür öffnete sich sicherlich nicht ohne Grund, geschweige denn von alleine. Wer war hinter dieser Tür? Wollte er oder sie mir helfen? Welcher Raum befand sich dahinter? Ich war noch nie zuvor so weit gekommen, also wusste ich nicht was mich erwartete. So viele Gedanken kreißten in meinem Kopf herum.... zu viele! Da hörte ich eine Stimme. „Jetzt komm endlich, bevor dich noch jemand sieht und du uns beide verrätst!" murrte es hinter der Tür. Ich gehorchte und zwängte mich durch den Türspalt. Ich traute meinen Augen kaum, als ich sah wer vor mir stand.
Es war...
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Little Nightmares
TerrorMonster... Es gibt sie in allen Farben und Formen. Aber was macht sie zu Monstern, und wieso tun sie was sie tun? Und habt ihr jemals von Monstern gehört, die Kinder entführen und in einem "Waisenhaus" gefange halten? Six gehört zu diesen Kindern...