Kapitel 8

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Das erste was Jessie sah als er aufwachte war Katrina, die neben ihm lag.

Das war zwar genau das was er sich gewünscht hatte seit er sie kannte, nur nicht so.

Er seufzte leise und stand vorsichtig auf. Er konnte so unmöglich wieder einschlafen.

Als er schließlich über ihr stand, sah er sie noch einmal an.

Ihre roten Haare lagen perfekt um sie herum und sie sah aus als hätte sie jemand modelliert, nur um dort zu liegen. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden und er war sich sicher, dass sie ihn im Schlaf spüren konnte.

Er sah ihre Hand an, die neben ihr auf dem Boden lag und spürte eine Träne auf seiner Wange, als er darüber nachdachte, dass er sie niemals halten würde.

Er schüttelte den Kopf und wandte den Blick von ihr ab.

Er wischte sich über das Gesicht und sah sich im Raum um. Alle waren spät in der Nacht noch hereingekommen.

Alle außer Milo und Jake...

Er hatte nichts dagegen, dass Jake sich gut mit Milo verstand, im Gegenteil. Er konnte sich gar nicht vorstellen, dass irgendwer Jake nicht leiden könnte.

Er war einfach so eine unbeschreibliche Persönlichkeit. Man fühlte sich einfach sicher bei ihm. Kein Wunder, dass Katrina sich in ihn verliebt hatte, und nicht in Jessie.

Neben sich sah er ein Zucken. Er guckte hinunter und sah Lucy dort liegen, Hand in Hand mit Jonas. Er fragte sich plötzlich, ob ihre Kraft wohl auch im Schlaf funktionierte, dann wurde ihm klar, dass sie alles was er gerade gedacht hatte wahrscheinlich sowieso schon wusste.

Es musste echt schwer für sie sein, die Geheimnisse die sie ja jeden Tag hörte für sich zu behalten.

Er hoffte doch dass er sie für sich behielt! Dass sie es wusste, damit konnte er leben, aber Jonas oder Casey? Oder Lianne.

Sein Blick suchte sie. Schließlich fand er sie, direkt neben Casey. Lianne und er waren seit sie sich kannten immer gut miteinander ausgekommen. Trotzdem. Wollte er, dass sie etwas so privates über ihn wusste?

Er beschloss ein Wenig durch das Haus zu laufen. Er wäre ja nach draußen gegangen, aber die Türen wurden nach Einbruch der Dunkelheit verschlossen und die Umgebung des Hauses, die mit einem Zaun umgeben war, kannte er so wie so schon in und auswendig.

Er sehnte sich schon länger danach, irgendwo hinzugehen. Immer wieder dasselbe zu sehen war einfach einpferchend.

Er streifte durch die dunklen Gänge, als er ein Licht aus einem Gang sah.

Er ging näher dran, in der Annahme es seien vielleicht Milo und Jake, doch dann hörte er eine Stimme und erstarrte. Die eine Stimme kannte er. Sie gehörte einem der Männer, die in dem Haus zu arbeiten schienen, jedenfalls liefen sie ständig darin herum und lebten anscheinend auch hier.

Er klang normalerweise immer freundlich, aber seine Stimme hatte sich verändert. Sie klang rau, zornig und genervt.

„Morgen schon wieder Essen und die ganze Miete hier! Warum verschwenden wir eigentlich so viel Geld auf die?! Bei der nächsten Gehaltkürzung bin ich weg."

Die zweite Stimme flüsterte eindringlich und so laut, dass sie auch normal hätte reden können.

„Du weißt das kannst du nicht! Du wärst so gut wie tot. Außerdem sind sie unsere Chance! Hast du Gideon und Luke nicht zugehört?!"

„Die sind beide halb so alt wie wir! Warum nehmen wir eigentlich Befehle von diesen halbstarken entgegen?!"

„Du weißt, was er tun wird. Du solltest dich glücklich schätzen, dass du dich früh genug auf die richtige Seite schlagen kannst."

„Aber sie sind Laborratten! Warum brauchen sie jeden Tag zwei warme Mahlzeiten?! Reicht den nicht ne Scheibe Brot?!"

„Sie müssen uns mögen, und das weißt du genau. Stell dich nicht so blöd an."

Er hatte genug gehört. Ihm war übel. Er ging so leise er konnte um ein paar Ecken und fing dann an nachzudenken. Laborratten. So hatte der eine Mann sie genannt. Was sollte das heißen?! Was wurde an ihnen getestet?! Was konnte er gemeint haben? Wer war Gideon? Und was hatten Luke und er vor?

Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.

Die Kräfte. Sie testeten die Kräfte. Das musste heißen, dass die Kräfte menschengemacht waren.

Von wem? Die Leute bei denen sie jetzt waren, hatten nichts Verdächtiges mit ihnen gemacht, also mussten es die gewesen sein, die sie zuerst hatten. Durch diese Folter die sie alle hatten ertragen müssen! Er konnte nicht länger alleine darüber nachdenken. Er musste Jake finden.

Mit pochendem Herzen lief er durch die Gänge und öffnete Türen, doch er konnte ihn nirgendwo sehen.

Als er an zwei Türen vorbeilief hielt er inne. Durch einen Schlitz zwischen Tür und Boden drang Licht!

Er öffnete schwungvoll die Tür und erstarrte augenblicklich.

Milo saß auf einem Tisch in der halbdunklen linken Ecke des Raumes und Jake stand vor ihm.

Milo war gerade so viel größer als Jake, dass ihre Köpfe fast auf gleicher Höhe waren.

Seine Arme waren um Jakes Hals geschlungen und ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander getrennt.

Als sie Jessie hörten, fuhren sie auseinander und Jake drehte sich um.

Er sah in Jessies verblüfftes Gesicht und errötete.

Jessie starrte immer noch verblüfft auf die Stelle an der sich Milo und Jake gerade fast geküsst hatten, als er spürte, wie sich Milo an ihm vorbei aus dem Raum herausdrückte.

Er sah Jake an, der sich an der Wand herunter rutschen ließ und sich auf den Boden setzte.

Jessie ging auf ihn zu und setzte sich neben ihn.

„Sorry... Ich wollte euch nicht... stören"

Jake schüttelte den Kopf: „Alles okay..."

Jessie brannte darauf über das zu reden, was er gerade gehört hatte, aber es erschien ihm doch ziemlich taktlos, einfach alles zu ignorieren, was er gerade gesehen hatte, obwohl es ihn offen gestanden nicht sonderlich interessierte.

„Also...bist du schwul?"

Jake zuckte mit den Schultern. „Denke schon, ja..."

„Das ist voll okay!"

Jake sah ihn an und der beinahe ängstliche Ausdruck auf seinem Gesicht wich seinem normalen Lächeln.

Jessie lächelte auch und umarmte ihn. Es war ihm wirklich egal, ob Jake nun schwul oder hetero war, er war immer noch die gleiche wunderbare Person, die er kennengelernt hatte. Er wollte wirklich, dass Jake wusste, dass er wusste, dass Jake immer noch dieselbe Person war, und dass sich daran für Jessie nichts geändert hatte. Er wusste, dass er mit Jake erst darüber reden musste, bevor er zu dem kommen konnte, das er gerade gehört hatte.

„Milo also? Seit wann?"

„Schon länger... Wir haben uns nachts unterhalten.", Jake lächelte: „Ich... Ich meine er ist wirklich nett! Ihr müsst ihn nur näher kennenlernen!"

„Jake, ich habe absolut kein Problem mit ihm. Ihr passt gut zusammen."

Jake lächelte ihn an. Dann verblasste sein Lächeln wieder. „Aber Katrina mag ihn nicht... Wie sag ich ihr das?"

Jessie war sich sicher, dass Katrina größere Probleme damit haben würde, als Jake dachte. Er wollte nicht, dass die Beiden sich entfremdeten. „Warte am besten noch... Sie wird es schon verstehen. Irgendwann."

Jake nickte. Das hatte seiner Freude offenbar einen ziemlichen Dämpfer versetzt.

Jessie lächelte leicht. „Es wird schon alles gut werden. Du hast schließlich mich. Und... Anscheinend auch Milo.", er lächelte.

Jake nickte und lächelte auch.

Schließlich konnte Jessie nicht mehr an sich halten.

„Ich hab dich gesucht."

„Warum?"

„Ich muss dir dringend etwas erzählen.

Projekt "Neue Welt"Where stories live. Discover now