Familie zu Besuch

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Wie so oft gehe ich nicht zum Abendessen, sondern direkt ins Bett.
Am morgigen Tag wache ich bereits um 7 auf. Ich entschließe mich, in den Garten zu gehen. Auf dem Weg dorthin sage ich der Dame am Empfang, dass sie meinen Eltern meinen Standort mitteilen soll, wenn diese kommen.
Die Hitze im Gatten ist regelrecht erdrückend.
Ich setze mich an den Brunnen und halte meine Füße in das Wasser. Eine leichte Gänsehaut überzieht meine Beine. Das Wasser ist ausgesprochen kalt.
Eine Weile lausche ich dem Plätschern des Brunnens.
"Tia!", höre ich Kasis Stimme durch den Garten schalten.
Überrascht drehe ich mich herum. Ehe ich ihn überhaupt richtig mit den Augen erfasste habe, fällt mir der kleine Lockenkopf bereits um den Hals.
Ich lache laut auf: "Ich freue mich auch, dich zu sehen, Kasi."
Fest drücke ich ihn an mich und hebe ihn hoch, während ich aufstehe. Trotz meinem geringen Gewichts kann ich ihn noch ohne jede Mühe tragen.
Als nächste kommt Fion in den Garten. Das dunkelblonde Haar wie immer gestylt und die grünen Augen suchend auf den Garten gerichtet.
"Hi", ruft er. Obwohl seine Worte lässig sind, spüre ich seine Aufregung. Dicht hinter ihm laufen Mama und Papa. Beide Lächeln mir freudig entgegen.
Einen Moment fühle ich mich nicht, als sei ich in einer Klinik, sondern mehr, als käme ich von einer Klassenfahrt zurück.
"Wie geht's dir?", fragt Papa und klopft mir auf die Schulter. Ihn habe ich in den letzten Wochen am wenigsten gesehen.
"Sehr gut", sage ich, obwohl es ein bisschen übertrieben ist.
"Hast du schon Freunde hier?", fragt Mama.
Ich sehe regelrecht, wie Fion ein frecher Spruch auf der Zunge brennt, doch er reißt sich zusammen.
Ich nickte währendessen:" Ja, viele!"
Vorsichtig lasse ich Kasi zu Boden sinken, der gleich darauf beginnt, den Brunnen zu erkunden.
Meine Hand beginnt mit dem Flyer in meiner Tasche zu spielen.
"Gibt es etwas neues?", fragt Mama weiter.
Sie scheint glücklich über meine aufkommende Freude zu sein.
"Ja, da ist etwas, was ich mit euch besprechen soll.
Papa legt skeptisch seine Stirn in Falten:" Hast du etwas angestellt."
Ich schmunzle:" Nein, nicht direkt.
Nun scheint er noch irritierter zu werden.
"Definiere nicht direkt", bittet mich meine Mutter.
"Die Ärztin meinte, ich solle auf eine Kur an die Küste. Laut dem Flyer dauert diese eine Woche."
"Und?"
"Und was?"
"Willst du dorthin?"
Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß nicht, ob eine Woche ohne meine Freunde mir wirklich hilft. Vielleicht zieht es mich auch noch weiter runter.
"Ich finde, das ist eine gute Idee", sagt Papa strahlend.
Mama nickt nachdenklich:" Ich finde es eigentlich auch sehr gut. Schaden kann es ja nicht."
Fragend sehe ich zu Fion, ob er noch etwas einwenden will, doch dieser scheint es nicht vorzuhaben, sich an dem Gespräch zu beteiligen.
"Ich komme mit", erklärt Kasi und strahlt in die Runde.
Mama lacht:" Du bleibst gefälligst zuhause, kleiner Mann."
Nun muss ich auch lachen.
Grinsend ziehe ich ihn zu mir heran.
"Wir wollten dann nochmal mit der Ärztin sprechen", meint meine Mutter, "Fion kommt mit. Passt du auf Kasi an?"
Mit großen Augen sieht mich mein kleiner Bruder an.
Ich lache:" Klar doch, dann zeig ich dir mal das Haus."
Strahlend umgreift Kasi meine große Hand mit seiner kleinen.
Mama lächelt:" Wir sehen uns später. Viel Spaß."
"Viel Spaß", trällert Kasi zurück, während ich ihn langsam in Richtung Gebäude ziehe.

[Habt ihr Geschwister? Ich habe zwei Brüder, wie Hestia.]

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