,,Wie geht es ihm?"
Fragte Luisa Lear besorgt, als Katie diesen aus dem Lazarett geholt hatte.
,,Seine Wunden sind wieder aufgebrochen. Wir müssen ihn verbinden und ihm Medikamente geben. Dann können wir nur noch abwarten."
,,Luisa, du musst fliehen!" stöhnte Sakima.
,,Er hat hohes Fieber und fantasiert!" meinte Lear zu Luisa.
,,Und wird er wieder gesund werden?" wollte die junge Frau ängstlich wissen.
,,Ich hoffe es! Er muss die Krisis überstehen. Das dauert jetzt einige Stunden. Erst dann ist er außer Gefahr! Du musst nun bei ihm bleiben und ihm ab und zu ein Glas mit Wasser reichen."
,,Gut! Kann ich Sie denn nochmal holen lassen, falls es schlimmer mit ihm wird?"
,,Natürlich Luisa, lebe wohl und Gott mit ihm!"
Mit diesen Worten verabschiedete sich Lear Grand von seiner Krankenpflegerin und ging zurück ins Lazarett. Luisa saß nun Tag und Nacht an Sakimas Lager, versorgte seine Wunden und gab ihm zu trinken. Manchmal redete ihr Freund im Schlaf:
,,Nein, ich will nicht für euch kämpfen. Ich will nur zu ihr. Wo ist sie? Wo ist Luisa!"
Dann versuchte die junge Frau Sakima zu beruhigen und gab ihm wieder zu trinken.
,,Ich liebe sie. Ich muss zu ihr! Lasst mich, ich will nicht für euch kämpfen. Luisa, wo bist du? Du musst fliehen!"
Als Luisa diese Worte hörte, fühlte sie einen unerklärlichen Schmerz in ihrer Brust. Er liebte sie. Wie sehr hatte sie sich das gewünscht. Aber wenn er seine Verwundung nun nicht überlebte? Sollte diese Liebe umsonst gewesen sein? Unwillkürlich stiegen Luisa bei diesen Gedanken die Tränen in die Augen...
Immer wieder wand sich Sakima im Fieber hin und her und Luisa hatte Mühe ihn zu beruhigen. Dann fiel Sakima zwei Tage später in einen tiefen Schlaf und Luisa überfiel plötzlich ein ungutes Gefühl. War Sakima nun tot?
,,Katie! Hole sofort Doktor Grand aus dem Lazarett, schnell!"
Das Hausmädchen lief sofort ins Hospital und holte Lear Grand, der Sakima den Puls fühlte. Dann begann er erleichtert zu lächeln und schaute Luisa an:
,,Nun hat er es geschafft! Luisa, du hast ihn wieder. Er wird leben!"
Luisa schaute Lear ungläubig ins Gesicht.
,,Ist das wirklich wahr, Doktor? Er wird leben!"
Lear nickte lachend. Dann fuhr er etwas ernster fort:
,,Er wird nun schlafen. Aber wenn Sakima wieder erwacht, müsst ihr alle so schnell wie möglich fliehen. Ich habe eben die Nachricht erhalten, dass die Macon-&-Western Bahnstrecke in die Hände der Union geraten ist und unser Kommandeur die Bevölkerung aus der Stadt evakuieren möchte! Es ist nun sehr gefährlich hier zu bleiben!"
,,Das ist ja schrecklich!" meinte Luisa und blickte auf Sakima.
,,Er ist doch noch gar nicht transportfähig!"
,,In einem Pferdewagen wird es schon gehen. Hauptsache ihr könnt die Stadt rechtzeitig verlassen."
Da mischte sich auf einmal Luisas Tante, die eben in den Raum getreten war, in ihr Gespräch:
,,Wir können doch alle zu meinem kleinen Landsitz fahren. Das Gut liegt etwa 150 Meilen südwestlich von hier und dort warten wir alles ab!"
,,Das ist eine gute Idee!" stimmte der Doktor der alten Dame zu. Dann verabschiedete er sich und ging wieder an seine Arbeit.
Bereits in der nächsten Nacht hatten Luisa und ihre Tante alles Notwendige zu ihrer Abreise vorbereitet. Sakima schlief noch immer. Behutsam trugen ihn Jim und Joseph aus dem Haus und legten ihn in einen Pferdewagen. Dann brachen sie auf, um zu dem Landsitz von Luisas Tante zu fahren. Diese kannte einige Schleichwege, die die Kriegslinien umgangen, sodass sie weitgehendst unbehelligt blieben. Auf dem Land erholte sich Sakima wieder und konnte nach wenigen Wochen sein Krankenlager verlassen. Er und Luisa genossen nun ein unbeschwertes Leben zu zweit. Sie ritten gemeinsam aus und fühlten sich so frei, wie sie es aus Kindertagen kannten. Einmal fragte Luisa Sakima jedoch:
,,Wann willst du denn aufbrechen?"
,,Aufbrechen? Wohin denn?"
,,Wolltest du nicht zu deinem Stamm in den Black Hills gehen?"
Da sah Sakima sie lange an und sagte dann:
,,Das ist wahr! Es gab mal eine Zeit, da hatte ich den Wunsch bei meinen Stammesbrüdern zu sein. Aber auf dem Weg dorthin, habe ich gemerkt, wie sehr du mir gefehlt hast und, dass ich mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen kann. Deshalb bin ich auch zurück gekommen und habe dich gesucht. Aber dann kann der Krieg dazwischen und ich musste plötzlich für die Union kämpfen. Ich wusste nicht wo du warst. Auf dem Gut deines Vaters habe ich dann erfahren, dass du dich in Texas aufhalten würdest. Doch ich hatte keine Möglichkeit zu dir zu gelangen. Dann kam mir der glückliche Zufall in Atlanta zur Hilfe, wo ich Katie und anschließend dich gesehen habe. Jetzt habe ich nur noch den Wunsch bei dir zu bleiben...für immer!"
Luisa umarmte und küsste ihn. Denn nun wusste sie, dass Sakima immer bei ihr bleiben wollte.
Es vergingen noch einige Monate, bis Luisa, Sakima und ihre Freunde von dem Landsitz im Süden aufbrechen konnten, um nach Virginia zu dem Gut von Luisas Vater zurück zu reiten. Aber dort schien niemand mehr zu sein. Später erhielten sie die traurige Nachricht, dass Luisas Vater und ihr Bruder Ben, aber auch ihr Verwalter Mr. Sherlben im Krieg gefallen waren und Luisa die einzige Überlebende aus ihrer Familie war. So entschloss diese sich das Gut zusammen mit Sakima und ihren Freunden wieder aufzubauen. Dabei half ihr das Wissen um den geheimen Gang, indem sie das Gold ihrer Vorfahren fand.
So konnte Luisa und Sakima noch ein langes und glückliches Leben miteinander verbringen...
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Miss Luisa - Irrwege einer großen Liebe
Historical FictionEine Liebesgeschichte in den Südstaaten während der Wirren des amerikanischen Bürgerkrieges.