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„Jay Samuelz?", eine fremde Stimme ertönte, und während Jay einen halben Herzinfarkt erlitt -er war gerade in unser Gespräch vertieft gewesen-, lachte ich ihn aus, und sah auf. Ein Junge stand vor uns, schien etwas unsicher, musste aber über die Reaktion des Angesprochenen grinsen.
Neugierig beobachtete ich die Situation. Die zwei redeten ein wenig, machten eins, zwei Bilder. Fasziniert stellte ich fest, wie freundlich Jay mit seinem Zuschauer umging, und stellte insgeheim fest, dass ich an seiner Stelle längst überfordert gewesen wäre, von jemand fremden angesprochen zu werden, der wiederum einige Dinge über mich wusste - oder glaubte, zu wissen.
Nach einigen Minuten ging der Junge wieder zu seiner Gruppe, mit der er unterwegs war. „Das war süß", kommentierte ich, und halb verlegen, halb irritiert sah er mich an, und strich sich seine Locken aus der Stirn. „Das war nur ein Gespräch..."

Als ich gen Nachmittag wieder zuhause war, war ich völlig erschöpft vom Tag. Ich fühlte mich, als hätte ich einen Marathon hinter mir, obwohl wir schlussendlich mehr rumgesessen hatten, als dass wir gelaufen waren.
Doch da die Hunde heute Abend nochmal rausmussten, entschied ich mich gegen das Bett, und ließ mich stattdessen auf meine Couch sinken. Morgen musste ich dringend aufräumen, soviel stand fest. Dadurch, dass meine Mutter mir diese Wohnung überlassen hatte, hatte ich keine großen Geldsorgen: Die Zanders sorgten füreinander, egal, ob wir bei den Geschäften halfen oder nicht. Solange ich niemanden verriet, hatte ich eine solide Grundlage, und konnte mich um alles kümmern, um später vernünftig leben zu können.

Ich wusste, dass viele mich beneiden würden, doch ich hatte nie geplant, abhängig zu sein. Alles, was ich zum Leben hatte und brauchte, wurde durch Verbrechen bezahlt. Dementsprechend eilig hatte ich es, einen passenden Job zu finden, der meinen Träumen und der Zeit mit meinen Hunden nicht im Weg stand. Das war aber schwerer als gedacht.
Vor etwa einem Jahr hatte ich mit der Fotografie begonnen, mit der Hoffnung, gute Käufer für die Bilder oder zumindest gute Kunden und Models zu finden, doch bisher hatte ich damit keinen Erfolg.
Nun zögerte ich. Dass ich mich niemals von Abbey oder Rubber trennen würde war klar, die zwei waren alles, was ich je wollte, nachdem meine Kindheit eher unschön verlaufen war.

Planlos schaltete ich den Fernseher an, öffnete Netflix und ließ The Big Bang Theory laufen, während ich auf dem Laptop nach Jobangeboten suchte. Abbey sprang auf meinen Schoß, und erschrocken zuckte ich zusammen. Dann schmunzelte ich, und begann, sie zu kraulen, was die Kleine sichtlich genoss.
„Ich hab's!", fiel mir plötzlich etwas ein, und begeistert knuddelte ich den Hund. Um mich direkt auf die Suche zu machen, setzte ich die Hündin anschließend neben mich, wo sie sich zufrieden zusammenrollte.
Nur zehn Minuten später lehnte ich mich wieder kopfschüttelnd zurück.
„Dämliche Idee. Da holt man sich zwei Hunde aus dem Tierschutz, um den vergessenen Seelen eine Chance zu geben, und dann will man Züchter werden", murmelte ich, „Wie dämlich bin ich eigentlich?"

Ich klappte den Laptop zu. Dann würde ich wohl noch ein wenig länger abhängig sein.

- - -

„Georg ist ja mal sowas von trans!"
Schmunzelnd legte ich das alte Buch beiseite, und erhob mich. Vor wenigen Minuten hatte ich meine Liebe zu den alten Fünf-Freunde-Büchern wiederentdeckt, und sympathisierte besonders mit Georg(ina) Kirrin. Wie früher. Als ich jung gewesen war, war die Gruppe mein einziger Halt gewesen, mein einziger Anker in der stürmischen Flut, der nicht selten sein Ziel verfehlt und mich mit sich in gefährliche Tiefen gerissen hatte.

In der Küche griff ich gerade nach einer Flasche Wasser, als ich durch das Fenster zwei junge Männer sah, von denen mir einer ziemlich bekannt vorkam. Überrascht griff ich nach meinem Handy, welches gerade vibrierte. Jay.
'Zufällig Bock auf zwei Besucher?'
'Kommt hoch', schrieb ich nach kurzer Überlegung, und sah nach draußen, wo Jay gerade hochsah. Als er mich bemerkte, winkte er kurz. Wenig später klingelte es, und ich öffnete den beiden.

„Hey Alycia", begrüßte der Lockenkopf mich verlegen, und zog mich in eine feste Umarmung.
„Hallo, Jay. Hallo... Jay's Freund?", riet ich, und runzelte die Stirn. Der Fremde grinste, und reichte mir seine Hand, die ich zögernd ergriff: „Arya, sein bester Freund."
„Also nicht zusammen", leicht enttäuscht ließ ich die beiden rein, „Ist zumindest einer von euch schwul?"
Beide schüttelten den Kopf.
„Bi? Pan? Poly?", versuchte ich es weiter, gab es aber schnell auf. Jay musterte mich. „Warum fragst du?"

„Pan braucht'n Freund. Textet mich dauernd mit heißen Typen zu, die er gern hätte. Shawn Mendes, Justin Bieber, Shawn Mendes... Hab ich Shawn Mendes sha- schon erwähnt?", seufzend brachte ich die zwei ins Wohnzimmer. Arya lachte hinter mir auf, während Jay nur schmunzelte.
„Wollt ihr was zu trinken? Ich war gestern einkaufen und hab schon wieder zu viel ungesunde Scheiße gekauft, die ich sonst alleine in mich reinstopfe", bot ich an, und Arya ergriff seine Chance, sich einzuschleimen: „So siehst du gar nicht aus."

„Noch nicht", kommentierte Jay, der es mit Komplimenten und Höflichkeit offenbar nicht so genau nahm.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 14, 2019 ⏰

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Just like Spiderman // Jay Samuelz (Jay & Arya) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt