2.1 - A D A M - S T R E I C H E N

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«Komm schon, Komm schon, Komm schon!!» schrie mich Leon an. Ich presste die Zähne zusammen, verzog das Gesicht. Mein Kopf musste schon knallrot sein. «Der geht noch, Mann!»

Ich spannte ein weiteres, qualvolles Mal meine Arme an, presste stöhnende Geräusche aus. Mein Körper zitterte. Ich war schweissnass. Kaum hatte ich meine Arme senkrecht über meinen Kopf gestreckt, liess ich sie wieder einsacken und die schweren Hanteln auf die Matte links und rechts von mir mit einem stumpfen Ton fallen.

«Ja, Mann!!» jubelte Leon, während sein Gesicht verkehrt rum, vor meinem Auge erschien, da er hinter mir stand und sich über meinen Kopf beugte. Ich blieb noch kurz auf dem Rücken liegen, starrte weiterhin an die Decke und versuchte meine Atmung wieder in den Normalzustand zu befördern. Den energiegeladenen Leon ignorierte ich dabei gekonnt.

Wie machte dieser Kerl das nur?

«Ich werde nie verstehen, woher du dir so früh, so viel Energie nehmen kannst.» murmelte ich, während ich mich aufrappelte, um die Hantelbank für meinen Zimmergenossen wieder freizugeben. Ich schnappte mir meine Wasserflasche und liess die kühle Flüssigkeit meinen erhitzen Rachen hinab gleiten. Danach gesellte ich mich schon mal in die richtige Position hinter der Bank, zur Unterstützung und für Notfälle.

«Das wirst du auch nie verstehen können, mein fauler Schatz. Das nennt man Tänzer-Gene.» säuselte der Blödmann, woraufhin ich kopfschüttelnd auflachte.

Während Leon für die nächste Übungseinheit, die Hanteln gegen leichtere tauschte, liess ich den Blick durch das Gym der Academy gleiten. Das Fitnesszentrum war ziemlich weitläufig, umhüllt von Gläsernen Wänden, bis auf die, vor der wir standen. Die war komplett mit Spiegeln arrangiert. Die Grosszügigkeit des Gyms war auch von Nöten, da sie besonders Morgens in der Regel extrem gut gefüllt war. Nur an diesem Morgen, war die Anzahl an Studenten eher überschaubar, was wohl der Freshmen-Night zu verdanken war.

Ich wäre wahrscheinlich auch noch lange im Bett geblieben, wenn der hyperaktive Idiot, der mit mir ein Zimmer teilte, mich nicht aus dem Bett gescheucht hätte, mit der Begründung, dass ich schon den ganzen Sommer über faul rumgelegen wäre und mich so sehr gehen lassen hätte, dass ich schon einen Bierbauch haben würde.

Was nicht stimmte, oder zumindest nicht ganz. Es war ein winziges Bäuchlein.

Während ich weiter den Raum nach bekannten Gesichtern absuchte, blieb ich tatsächlich an jemanden hängen. Ohne den Kopf abzuwenden, hörte ich mich sagen: «Leon?» «Ja?» «Ist das nicht die Kleine mit der Heather zusammenwohnt? Alicija?»

«Alice.» Mein Kumpel liess die Hanteln zu Boden gleiten und gesellte sich an meine Seite um einen besseren Blick auf uns zu haben. «Tatsächlich, das Baby Reh!» freute sich Leon neben mir.

Alice befand sich etwa 10 Meter neben uns, vor der breiten Spiegel-Wand, bei dem Abschnitt ohne jegliche Hantelbanken oder sonstige Geräte. Sie lag auf einer orangen Yogamatte in einem rosafarbenen Sport-BH und in rosa-schwarzen Sportleggings.

«Also ganz ehrlich, sie hat einen zu guten Body für den Titel Baby Reh.» grinste ich meinen Kumpel an, während ich mich auf seiner Schulter stütze. Mit meinen knapp 1.90 war ich ein gutes Stückchen grösser als mein italienischer Mitbewohner.

«Tänzerin eben, was erwartest du? Aber leider zu wenig Kurven und zu blond, um in mein Jagdrevier zu fallen.» zuckte dieser weniger beeindruckt die Schultern. Seine Stimme nahm einen neckenden Unterton an: «Da passt Heather definitiv eher in mein Beuteschema.»

Mir schoss das Blut in den Kopf. Ich ballte die Hände zu Fäusten und presste die Zähne zusammen. Dieser Trottel wusste genau, was seine Worte in mir auslösten und trotzdem konnte er es nie lassen. Und das Bittere daran war, dass ich wusste, dass er es auch noch ernst meinte, egal wie wenig sie sich ausstehen konnten oder vorgaben es zu tun.

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