three

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1:16 Uhr

Brad schwebte in meinem Hinterkopf durch die Gegend, während ich ohne Zusammenhand einzelne Bücher aufnahm, kurz ansah und wieder ablegte.

Mich faszinierten die Klappentexte meist mehr als das Buch selbst. War der Klappentext nicht gut, war es das Buch mit Sicherheit auch nicht. Gleichzeitig war es auch unglaublich schwierig einen guten Klappentext zu verfassen — dem war ich mir bewusst — weshalb gute Klappentexte bei mir direkt Bewunderung für die Autoren auslösten.

Wie immer schlendernd lief ich durch die unzähligen Reihen und genoss den Duft von neuen Büchern, welcher immer ein heimeliges Gefühl in mir hervorrief. Auch, wenn ich eigentlich gar nicht so eine Leseratte war...

Ein sanftes Tippen auf meine Schulter holte mich zurück in die Realität und ein breites Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit, als ich sah, wer ein weiteres Mal vor mir stand.

„Hey," sagte er schüchtern und lächelte. „Hey, Brad," summte ich glücklich und lief ganz langsam weiter die Reihen entlang, darauf bedacht, dass er mit mir kam. Ein bisschen verwirrt folgte er mir und so schlenderten wir nun zusammen.

„Ich will Dir wirklich wirklich nicht auf die Nerven gehen!" begann der Lockenkopf und ich schüttelte schnell den Kopf. „Tust du absolut nicht," antwortete ich und wieder sah er mich ein wenig verwirrt an. Ich schien ihn leicht aus dem Konzept zu bringen.

„Warum ich dich eigentlich auch nur schon wieder anspreche, — naja, ich kenne deinen Namen gar nicht," schoss es aus ihm heraus, als er sich am Hinterkopf kratzte und ich bemerkte auch erst jetzt, dass ich mich gar nicht vorgestellt hatte.

Ich streckte ihm mit einem Grinsen die Hand entgegen. „Hey, ich bin Ruby," sagte ich und er griff nach meiner Hand, um sie lachend zu schütteln. Seine Hände waren nicht so weich, wie ich sie mir vorgestellt hatte.

„Freut mich, Ruby, ich bin Brad!" lächelte er und schien so langsam wieder zu seinem alten Grinse-Ich zurückzukehren.

„Das wusste ich ja bereits," grinste ich, „aber ich wollte mich nochmal bei dir für eben entschuldigen!" Er zog eine Augenbraue hoch. „Warum meinst du?"

„Na, weil ich dich so blöd abgewiesen habe! Ich meinte das gar nicht so, aber dann kam irgendwie kein Wort mehr aus mir raus..." sagte ich verhalten, doch sein Gesicht hellte sich nur noch weiter auf.

„Ach, ist doch alles gut! Aber, muss ich ja jetzt schon zugeben, ich bin verdammt erleichtert. Ich dachte schon, ich wäre zu aufdringlich gewesen," sagte er erleichtert und tat, als würde er sich Schweiß von der Stirn wischen. Ich lachte nur.

„Naja, ich habe mich schon ein bisschen verfolgt gefühlt..." ärgerte ich ihn und boxte ihm vorsichtig gegen die Schulter, um zu testen. „Ach Quatsch, das hast du dir nur eingebildet und stattdessen mich verfolgt," grinste er herausfordernd und ich schüttelte nur lachend den Kopf.

Er kam mir näher und beugte sich an mein Ohr. „Und ansonsten hast du es sicher genossen," flüsterte er und ich blieb für einen Moment überrumpelt stehen, als er einfach so an mir vorbei lief. Als ich mich wieder gefangen hatte, lief ich ihm schnell hinter her.

„Na, also das ist ja unerhört!" lachte ich und hatte Probleme mit ihm Schritt zu halten. Er war gar nicht so groß, machte aber irgendwie doch ganz schön große Schritte...

Kichernd liefen wir weiter und er sah kurz zu mir. „Hast du vor, ein Buch zu kaufen?" fragte er und ich schüttelte den Kopf. „Mich hat nichts wirklich umgehauen," antwortete ich ihm und ließ den Part, der sagen würde, dass ich den Laden vor allem betreten hatte, um ihn nochmal zu sehen, einfach weg. „Du denn?"

„Nein, leider nicht. Ich bin noch auf der Suche nach einem gewissen Buch, habe es aber leider bis jetzt noch nirgendwo gefunden..." sagte er und ließ seinen Blick noch einmal die Regale überfliegen. „Wie lange warst du jetzt hier?" fragte er, als wir den Laden verließen.

Ich schrieb mir eine mentale Erinnerung, ihn später nochmal nach diesem Buch zu fragen, aber gerade nach dem Themawechsel wollte ich nicht einfach nochmal wieder zurückkehren. Dennoch würde ich ihn nochmal fragen.

„Drei Wochen war ich jetzt hier. Meine Cousine lebt hier mit ihrem Mann und ihrem Sohn, die drei habe ich erstmal besucht und dann war ich noch so ein bisschen in der Stadt. Du selbst?"

„Man könnte sagen, dass ich beruflich hier war. Ich habe mich mit ein paar Freunden getroffen und habe Songs geschrieben," strahlte er und ich hörte ihm interessiert zu. „Oha, wie cool. Und dafür kommt man nach LA?" grinste ich.

„Ja, manchmal schon. Wir waren auch sehr produktiv... Wenn du Lust hast, kann ich dir ja nachher mal ein bisschen was davon zeigen!" bot er an und ich nickte wild. „Bitte!"

Wir waren schon ein ganzes Stück weiter gelaufen und auch an einigen Shops vorbei, in die ich eigentlich noch rein wollte. Es war mir gar nicht aufgefallen. Ich war so vertieft in unser Gespräch, dass ich es aber auch nicht schlimm fand.

„Was glaubst du, wie viel Verspätung unser Flug letztendlich haben wird?" fragte ich ihn nach einer kurzen Redepause und er sah nachdenklich auf seine Armbanduhr.

„Also normalerweise würde unser Flug in etwas mehr als einer Stunde starten. Eben hieß es erst 45 Minuten, jetzt schon ein einhalb Stunden. Ich würde sagen mindestens zwei Stunden, weil wir dann auch Schadensersatz bekommen und sich das warten wenigstens etwas lohnt," sagte er und zuckte mit den Schultern, „ich bin mir nicht sicher, was sagst du?"

„Du hast schon Recht, aber ich kann da momentan nicht so optimistisch rangehen. Ich sage Minimum drei Stunden, wenn nicht sogar noch mehr. Wenn man in Erwägung zieht, wie die Zeit bis jetzt schon angestiegen ist, halte ich das leider für nicht unwahrscheinlich," sagte ich und verdrehte die Augen.

Auf der einen Seite hatten wir so noch mehr Zeit zu reden, aber andererseits wollte ich auch einfach nur diesen Flug hinter mich bringen.

Er überlegte kurz und nickte dann. „Themawechsel! Bist du eher Typ Pessimist oder Optimist?" fragte er interessiert und sah mich von der Seite an. Ich musste nicht lange überlegen.

„Das ist leicht, weder noch. Ich bin ein Realist — mit einem kleinen Hang zum Pessimismus, vielleicht. Ich glaube weder daran, dass sich alles immer zum besten wendet, noch daran, dass alles immer schlecht sein muss. Ich vertraue auch lieber auf Fakten, als auf mein Bauchgefühl," schilderte ich und er schien jedes Wort auf sich wirken zu lassen.

Wow!" grinste Brad, „lass den Tick Pessimismus weg und du sprichst mir aus der Seele. Nur, dass ich den Gedanken mag, dass alles irgendwann gut wird. Versteh' mich nicht falsch, ich glaube nicht, dass es immer so ist, aber manchmal gibt der Gedanke mir einfach Hoffnung."

„Hin und wieder höre ich außerdem auch einfach mal auf mein Herz, weißt du, ich bin der Auffassung, dass man manchmal auf seine Intuition hören sollte. Vielleicht trifft man nicht immer die beste Entscheidung, aber definitiv die richtige," fuhr er fort und er brachte mich zum grübeln.

„Und! Ich glaube ans Schicksal, 100 Prozent."

„Das müssen wir ausdiskutieren..." sagte ich und er grinste mich herausfordernd an. „Nichts lieber als das!"

Diese Person, mit der ich gerade die Hallen im Flughafen entlang lief, machte mich immer neugieriger. Seine Einstellung zum Leben interessierte mich sehr.

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