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2:07 Uhr

Wir saßen nun schon eine ganze Weile auf dem kalten Boden und lehnten beide an der Wand hinter uns. Brad saß im Schneidersitz, während ich meine Beine eng an mich gezogen hatte.

Hier zwischen den ganze Shops war jeder Stuhl belegt, weshalb wir nun auf dem Boden saßen. Auch, wenn ich mittlerweile schon wieder einen Kaffee vertragen könnte, war ich zu faul es vorzuschlagen.

Immer wieder rannten gehetzte Passagiere an uns vorbei und hin und wieder kam eine Durchsage zu irgendwelchen Flügen. Unser Flug hatte übrigens die zwei Stunden Marke geknackt, wie so eben in einer Durchsage bekannt gegeben wurde.

Während ich lange seufzte, hatte Brad nur gegrinst und: „Snacks umsonst!" gerufen. Einige Menschen hatten ihn verwirrt anguckt und er freute sich nur und hüpfte. Ich fand etwas noch nie zuvor so amüsant und unangenehm zugleich.

„Kriegst du auch so langsam wieder Hunger?" fragte Brad plötzlich und ich zog schnell meine Kopfhörer heraus. „Mhh?" brummte ich, obwohl ich eigentlich alles verstanden hatte.

„Komm mit, ich lade dich auf eine Pizza ein," strahlte Brad und hatte Mühe aufzustehen. Er robbte sich mühevoll auf die Seite, weil er sich mitsamt Rucksack angelehnt hatte und stand dann langsam auf. „Puuh," stöhnte er und ich lachte.

„Aufstehen ist wirklich ziemlich anstrengend, oder?" fragte ich und bemühte mich, möglichst unberührt von der Anstrengung zu wirken, auch wenn ich gerne ebenfalls gestöhnt hätte. Brad schüttelte wissend den Kopf und ich grinste wieder. In seiner Nähe grinste ich irgendwie viel mehr, es schien abzufärben.

„Pizza klingt übrigens super, allerdings auf meine Kosten. Der Cappuccino ging schon auf dich," sagte ich ernst und er schüttelte nicht beeindruckt den Kopf. „Das war auch nötig und jetzt möchte ich dich gerne nochmal einladen, lass mich doch," sagte er fast beleidigt, aber grinste dann wieder über beide Ohren.

„Werden wir ja gleich sehen," antwortete ich frech und so liefen wir mit unseren Rucksäcken  bepackt den gleichen Weg zurück, den wir eben gekommen waren. Gegenüber vom Buchladen war nämlich eine Art Italiener — wenn man das im Flughafen so nennen konnte.

Schon beim Eintreten begrüßte uns der Duft von Pizza und Pasta und augenblicklich grummelte mein Magen. „Oh, ich wusste gar nicht, dass du so hungrig bist!" lachte Brad und meine Wangen wurden heiß. „Ich bis eben auch nicht," murmelte ich und Brad lächelte mich an.

„Da in der Ecke?" fragte ich ihn und deutete auf einen Eckplatz, wirklich im hintersten Winkel des relativ großen Restaurants. An der Wand hing ein beleuchtetes ‚Nino's'-Schild und in der Tischreihe saßen nur wenige Leute. Allgemein war es nicht zu voll.

Brad nickte und wir bahnten uns unseren Weg an den Platz. Er zog gerade gentlemanlike den Stuhl, der gegenüber von der Bank am Zweiertisch stand, nach hinten und bedeutete mir mit einem schmierigen Grinsen, mich hinzusetzen, doch ich sah ihn nur mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Ich sitze auf der Bank," lachte ich und ließ mich auf sie fallen.

Brad schaute ein wenig beschämt, ob irgendwelche Besucher des Restaurants uns dabei beobachtet hatten und setzte sich ganz schnell auf den Stuhl. „Das war schon wieder eine fiese Abfuhr," murmelte Brad, brach dann aber in Gelächter aus und ich musste mitlachen. „Tut mir Leid, darin bin ich gut," sagte ich mit einem entschuldigenden Unterton und er zeigte wie immer seine Zähne.

„Sei froh, dass ich so hartnäckig bin," grinste Brad und ich wusste seine Aussage nicht ganz einzuordnen, also lächelte ich nur kurz, ehe ich mich der Speisekarte widmete.

2:45 Uhr

Wir hatten unser Essen bereits auf und blickten gerade auf die Wanduhr links von uns.
„Wow, eigentlich würden wir jetzt schon im Flugzeug sitzen," seufzte ich und holte mein Handy aus der Tasche, um nochmal die Verspätung zu checken.

Brad grinste nur schwach und sah sich im Restaurant um. Ich stöhnte und drehte mein Handy zu ihm um. „Hier."

Er verdrehte die Augen, als er las, dass unser Flug gecancelt wurde. „Das kann nicht wahr sein," brummte nun auch er, doch kurze Zeit später schlich sich wieder ein kleines Lächeln auf seine Lippen, „dann muss ich ja noch mehr Zeit mit dir verbringen!"

Ich spielte beleidigt und er legte eine Hand auf meine. Sie war ganz warm. „Tut mir Leid," grinste er und ich strahlte nur zurück. Wie schaffte er es, mich zum Lachen zu bringen, obwohl mein Heimflug gerade gecancelt wurde?

So langsam mussten seine Lachmuskeln doch weh tun, oder? Also meine schmerzten! Wobei, seine waren vermutlich schon an das Dauergrinsen gewöhnt...

„Weißt du, was ich echt komisch finde?" begann Brad und nahm seine Hand von meiner, um seine Hände zu falten. „Wie gut wir beide uns verstehen."

„Warum meinst du?" fragte ich neugierig und er nickte. „Naja, wir kennen uns gerade mal," er blickte auf seine Uhr, „seit knapp drei Stunden, also da habe ich dich umgerannt, und wirklich geredet haben wir vielleicht seit zwei einhalb! Und trotzdem fühle ich mich, als könnte ich dir mein Herz anvertrauen," sagte er und blickte mich so aufrichtig an, das mir ganz komisch waren ums Herz wurde.

„Ich habe es auch selten erlebt, dass ich mit einer Person so auf einer Wellenlänge war. Wenn ich jemanden neu kennenlerne, könnte ich um ehrlich zu sein auch eigentlich keine zwei Stunden lang aufeinander hocken, weil ich spätestens dann von irgendetwas genervt wäre. Das ist bei dir aber nicht so, ganz im Gegenteil. Ich genieße deine Gesellschaft," sagte ich ehrlich und war für einen kurzen Moment überrascht von mir selbst.

„Das weiß ich zu schätzen," antwortete Brad, „und ich genieße deine Gesellschaft auch!"

Ich schüttelte mich kurz und fügte dann sarkastisch hin zu: „Ew, lassen wir das, das ist echt ne Spur zu viel." Brad schmunzelte nur und mir viel erst jetzt auf, dass er sein Portemonnaie gezückt hatte. „Wag' es ja nicht—!" begann ich zu drohen, doch er war bereits mit einem frechen Grinsen aufgestanden und lief zu Theke.

Ich fummelte schnell mein Geld aus dem Rucksack und sprintete ihm, ohne Rücksicht auf die Blicke der anderen Gäste hinterher, sodass ich ihn gerade noch überholen konnte und er mir geradewegs in den Rücken lief.

„Deja vú?" lachte ich und blickte ihn triumphierend an. Dann wendete ich mich zum lachenden Kellner und hielt ihm 20 $ hin. „Ich wollte für Tisch 32 bezahlen," sagte ich und er nickte. Brad stand noch immer hinter mir und atmete lange aus. Sein Atem kitzelte mich im Nacken, aber ich sagte nichts.

„Du bist unmöglich," sagte er, als wir zurück zum Platz liefen und zum Glück waren alle unsere Sachen noch da. Das war vielleicht etwas unüberlegt von mir, aber das war es mir Wert. Ich musste hier schließlich meine Ehre bewahren.

„Du auch," grinste ich und wir packten beide unsere Sachen zusammen, ehe wir wieder bepackt aus dem Laden liefen und dann im Gang stehen blieben.

„Ich schätze das schlauste ist, wenn wir jetzt mal zu irgendeiner Auskunft gehen und uns unsere Ersatzflug geben lassen, oder?" fragte Brad und nahm sein Hand aus der Hosentasche.

„Puh, ich bin mehr als froh, dich getroffen zu haben, weil ich jetzt absolut aufgeschmissen wäre!" sagte ich beschämt und Brad sah grinsend von seinem Handy auf, ehe er es wieder in seiner Hosentasche verschwinden ließ.

„Hier lang..."

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