Faces Of Pain 🔞 (Vollständig überarbeitet)

I. Personal Hell - Part I

Katatonisch und schweißgebadet liege ich in meinem Bett und starre unentwegt an die weiße Zimmerdecke. Ein allmächtiger und teuflischer Schmerz hat seit mehreren Stunden Besitz von mir ergriffen und meine Motorik gänzlich außer Gefecht gesetzt.

'Wusstet ihr, dass es sieben Arten von Schmerz gibt? Nicht?'
Nun, das gehört wohl zu dem unnützen Wissen, das unwiderruflich im Gedächtnis bleibt.

In meinem letzten High School Jahr haben wir das Thema 'Schmerz' im Biologie Leistungskurs bei Mrs. Belcourt ausführlich behandelt. Ebenso die verheerende Wirkung auf den menschlichen Organismus.

Wenn ich mich recht entsinne unterteilt man Schmerz wie folgt:
1. Der neuropathische Schmerz, zum Beispiel bei Nervenschäden.
2. Der nozizeptive Schmerz, bei Verbrennungen, Verletzungen oder Entzündungen.
3. Der akute Schmerz, der ganz plötzlich auftritt und einen schier in den Wahnsinn treibt.
4. Der fiese und chronische Schmerz, der nie vergisst und sich bei minimalsten Reizen mit einer massiven Schmerzreaktion rächt.
5. Der psychogene Schmerz, zurückzuführen auf seelische Verletzungen.
6. Der gemischte Schmerz, bei Verletzungen oder Schädigung des Gewebes, ist eine Mischung aus Nummer eins und zwei.
7. Der Atackenschmerz, bei körperlicher Überlastung. Hierzu zählt beispielsweise Migräne.

Während ich also versuche meinen derzeitigen Schmerz penibel genau zu definieren, spüre ich gleichzeitig das heftige Pochen in meinem Oberkiefer, das mir fast jeden noch so klaren Gedanken raubt.

In meinem bisherigen Leben habe ich viele Arten von Schmerz erlebt. Die meisten von euch werden mir sicherlich zustimmen, wenn ich Zahnschmerzen zur Nummer Eins auf der Skala des Unerträglichen zähle.

Die Schmerzen gleichen messerscharfen Rasierklingen, im Abgang ein unerträgliches Brennen. Manchmal ist das Gefühl lang anhaltend oder dumpf. Definitiv der
Nozizeptor-Schmerz, würde ich sagen.

Mittlerweile erstreckt er sich über mein ganzes Gesicht und zwingt mich die Augen immer wieder zusammenzukneifen. Ich kann kaum die Uhrzeit auf meinem Handy erkennen.

Offenbar ist es kurz vor vier Uhr morgens und ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Die einzigen Minuten ohne Schmerz waren die, in denen ich todesmutig einen gefrorenen Eiswürfel gelutscht habe. Es half den Schmerz zu betäuben und zum Schweigen zu bringen, wenn auch nur für kurze Zeit.

In vier Stunden werde ich wie ein bekloppter an der Tür meines Zahnarztes hämmern und ihn bitten, mir den Gnadenstoß zu verpassen.
Bis dahin werde ich mich weiter vor Schmerzen krümmen und dabei Gott und die Welt verfluchen.

Als die morgendliche Dämmerung allmählich das Voranschreiten der Zeit ankündigt, hieve ich mich mit aller Kraft aus dem Bett und schleppe meinen ausgelaugten Körper unter die Dusche.
Mein Kopf lehnt träge an der gläsernen Duschwand, während das warme Wasser meinen Rücken hinabrinnt.

Normalerweise genieße ich meine morgendliche und wohltuende Dusche, aber im Moment kann ich kein Glück dabei empfinden. Kurz zögere ich bei dem Vorhaben mir auch die Zähne zu putzen, aber so viel Anstand habe ich dann doch noch. Die Konfrontation mit meinem Mundraum-Odeur möchte ich meinem Zahnarzt lieber ersparen.

Die Zahnarztpraxis ist glücklicherweise in wenigen Minuten fußläufig zu erreichen, allerdings schüttet es heute in Strömen. Meine Regenjacke hält nur die obere Hälfte meines Körpers trocken, während die andere jeden Himmelstropfen großzügig aufsaugt.

Mit jedem Schritt quietschen meine Schuhe unnatürlich laut und ich hoffe irgendwann über diesen Tag lachen zu können. Vermutlich bin ich dann neunzig Jahre alt und habe gar keine Zähne mehr im Mund. Doch ohne Zähne keine Zahnschmerzen, denke ich mir und plötzlich scheint mir dieser Gedanke äußerst verlockend.