Kapitel 4

684 24 2
                                    

Schweißgebadet wachte ich auf. Es fing an draußen hell zu werden, also hatte ich den Rest des Tages und die komplette Nacht geschlafen. Die Betten um mich herum waren alle belegt. Ich schaute neben mich und sah Niall, der sich unruhig hin- und her drehte. In dem Moment wurde die Tür aufgeschlagen und ein großer, stämmiger Mann betrat den Raum. "Na los, steht alle auf, heute gibt es viel zu tun!" Niall schreckte hoch und konnte sich erst nicht orientieren. Die anderen Vier waren schon aufgestanden und Niall und ich folgten ihnen hinaus. Jedem von uns wurde eine Schüssel mit einem Brei in die Hand gedrückt und wir aßen schnell auf. Dann gingen wir auf ein großes Feld. Es war noch sehr früh, weshalb es noch nicht so heiß war. Der Mann der uns geweckt hatte erklärte uns, was wir zu tun hatten und ich übersetzte es Niall. Wir arbeiteten hart und es ging ihm immer schlechter, das merkte ich. Ich wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte, denn der Feldherr beobachtete uns genau. Niall war kurz vor dem Zusammenbruch. Würden sie ihn arbeiten lassen, wenn er eine schwere Verletzung haben würde? Ich musste es versuchen, anders konnte ich ihm nicht helfen. Als der Typ mal wegschaute schlug ich Niall mit meinem Dreschflegel fest in den Bauch. Ihm stockte der Atem und er ging hustend in die Knie, dabei hielt er sich den Bauch. Der Feldherr hatte sich wieder uns zugewendet und kam jetzt mit großen Schritten auf uns zu. "Was hast du getan?!" Er gab mir eine feste Ohrfeige. "Es tut mir leid, Sir, es war ein Versehen." Er schlug mich nochmal und drehte sich zu dem noch immer hustenden Niall. "Kannst du weiter arbeiten?" Niall starrte ihn an und verstand natürlich kein Wort. "Er kann ihre Sprache nicht, Sir, ich kann ihn fragen." Ich hielt mir die Wange und sprach jetzt in Englisch. "Niall, es tut mir leid, aber ich sah keine andere Möglichkeit, wie sie dich hier weggelassen hätten. Schüttle jetzt den Kopf und huste weiter." Er schüttelte gehorsam den Kopf und schien kurz vor der Ohnmacht zu stehen. "Trage ihn zu seinem Bett und dann kommst du zu mir auf den Hinterhof. Das gibt eine Bestrafung!" Ich half Niall hoch und stützte ihn, bis er in seinem Bett lag. Ich gab ihm etwas zum Trinken. Als ich wieder an der Tür war hielt er mich zurück. "Zayn, wieso hast du das getan?! Sie werden dich bestrafen!" Ich musterte ihn eine Weile. "Anders wärst du von alleine umgekippt und dann hätten sie dich vermutlich umgebracht, weil sie dich nicht gebraucht hätten..." Er schloss die Augen. "Danke..." Ich schloss ebenfalls kurz die Augen und atmete tief ein. "Wir kommen hier raus und dann zahlen wir es unseren Vätern heim." Er musste bei der Vorstellung lächeln und ich ließ ihn alleine.

Der sogenannte Hinterhof schien die reinste Folterkammer zu sein. Er war von zwei Seiten mit einer etwa vier Meter hohen Mauer umgeben, auf der dritten Seite war die Wand des Wohnhauses und die vierte Seite war nur halb durch eine etwas niedrigeren Mauer geschlossen. Der Hof war nicht sehr groß, jedoch groß genug für eine brennende Feuerstelle, einen Pfahl, an dem Eisenfesseln angebracht waren, einen Pranger und einen Galgen. An den Steinmauern hingen Fesseln und in einer Ecke waren Peitschen auf einem Gestell und verschiedene Messer in einem anderen. Kaum hatte ich mich umgesehen, wurde ich von zwei Typen zum Pranger geschleift. Bevor sie mich festbanden, zogen sie mir das Oberteil aus. Sie packten grob meine Handgelenke und fesselten mich an den Pranger, so, dass ich mit dem Rücken daran lehnte. Der Feldherr nahm eine Zange und holte damit etwas aus dem Feuer. Es war ein Metallstück und es glühte noch. Mir stockte der Atem. Er wollte doch wohl nicht...doch er wollte. Er kam auf mich zu und drückte mir das Metallstück mitten auf die Brust. Ich schrie. So laut wie noch nie. Das Metall brannte sich in meine Haut. Der Schmerz war unerträglich und ich wollte einfach nur sterben. Ich riss an meinen Fesseln, die natürlich nicht nachgaben. "Bitte...machen sie, dass es aufhört. Lassen sie das, Sir, ich bitte sie!" ich konnte die Worte nur herauspressen. Tränen liefen über mein ganzes Gesicht. "Bitte!" ich flehte ihn an. Er riss das heiße Teil von mir, doch der Schmerz blieb. Ich blickte auf die Stelle und mir wurde bei dem Anblick sofort schlecht. Mein Fleisch war verbrannt. Nur nebenbei bekam ich mit, dass ich losgebunden wurde. "Lasst ihn hier liegen, bis er wieder zu sich kommt." Ich wurde alleine gelassen. Ich schloss die Augen und lehnte den Kopf an den Pfahl. Warum sterbe ich nicht einfach auf der Stelle?!

"Junge?" Jemand rüttelte an mir. Nein, ich war nicht tot. Ich öffnete die Augen und blickte in Naimas braune Augen. "Zayn..." meine Stimme brach ab. Sie hatte einen Eimer mit Wasser dabei. Sie holte ein Tuch aus dem Eimer und fing an meine Wunde abzutupfen. Ich schrie wieder, denn der Schmerz wurde wieder stärker. "Tut mir leid, aber das muss sein." Ich versuchte mich zusammenzureißen. "Erzähl mir irgendwas, um dich abzulenken." Sie schaute mir direkt in die Augen. Sie erinnerte mich immer mehr an Elena. "Wieso bist du hier?" versuchte sie es weiter. Ich schloss kurz die Augen. "Wegen dem Arsch, das sich 17 Jahre lang mein Vater genannt hat..." Sie schaute mich fragend an, also erzählte ich ihr alles. Sie wirkte schockiert. "Ich würde dir gerne helfen, aber ich weiß nicht wie." Sie meinte es ernst, das merkte ich. Für einen Moment waren wir beide still. "Erzähl mir von Elena." Ich war verwirrt. Ich hatte sie nicht erwähnt. "Als ich kam um deine Wunde zu versorgen, hast du ihren Namen gesagt. Ganz oft." "Sie ist meine Freundin. Das tollste und beste und schönste Mädchen auf der Welt. Sie versteht mich, wenn niemand anderes es tut und ist immer da für mich. Sie kann mich immer zum lachen bringen, egal was ist." Ich musste lächeln, als ich so von ihr sprach. "Wie hast du sie kennengelernt?" Naima lächelte mich an. Ich merkte erst jetzt, dass sie immer noch meine Wunde säuberte. "Es war vor zwei Jahren. Sie kam zu uns in die Klasse und ich hatte da nicht wirklich Freunde und naja sie war einfach wunderschön und nett zu jedem und jeder Junge stand auf sie...aber entschieden hat sie sich für mich. Ich vermisse sie mehr als meine Freiheit." Naima hatte aufgehört, meine Wunde zu versorgen. "Es ist schön, dass du so jemanden gefunden hast. Mein Vater will mich mit irgendeinem Mann verheiraten, um seine Felder zu vergrößern. Ich hab da kein Mitspracherecht und dieser Mann ist schrecklich!" Ich schluckte. Sie schaute traurig zu Boden. "NAIMA!" Erschrocken blickte sie zu ihrem Vater, der am Hinterhofeingang stand. "Ich muss jetzt gehen. Ich werde einen Weg finden, dir und Niall zu helfen. Versprochen." Sie lief weg und ich schaute ihr hinterher.

Entführt-allein in der HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt