*Es war warm. Mir war warm. Habe ich die Heizung angemacht? Eigentlich nicht, aber warum war mir dann so warm. Ich konnte nichts sehen. Wusste nicht wieso bis ich die Augen aufschlug. Hell. Ich sehe mich um. Neben mir liegt Basti. Nein. Nicht Basti. Ein Junge in meinem Alter nur mit den gleichen braunen Haaren. Er scheint zu schlafen. Von ihm geht diese Wärme aus. Ich versuche aufzustehen. Es gelingt mir nicht, warum nicht? Ich fühle mich so schwer, so nass. Ich merke, dass meine Kleidung komplett durchnässt ist und sie mich so schwer macht. Warum bin ich nass und warum liege ich neben einem mir völlig fremden Jungen auf dem Boden? Ist das nur ein Traum? Wache ich gleich auf und bin wieder in meiner Wohnung, alleine?*
Ich öffne meine Augen. Das Sonnenlicht dringt durch die Fenster und macht mein Wohnzimmer hell. Ich überwinde mich aufzustehen und blicke in braune Augen. Basti sitzt direkt vor mir und guckt mich an. Ich kann aus seinem Blick nicht schließen was er gerade denkt. „Morgen, kleiner. Wie lange bist du den schon wach?" Basti grinste kurz und rückte dann ein bisschen zur Seite. Nun konnte ich den Couchtisch sehen. Auf ihm stand ein komplettes Frühstück. Ich war überrascht, hatte ich die ganzen Lebensmittel etwa noch in meiner Wohnung?
„Ich war so frei und habe die Sachen zum Mittagessen auf den Tisch da gestellt. Ich bin schon lange wach. Dein Bett ist echt bequem." Er grinste wieder und setzte sich auf ein Kissen auf dem Fußboden. Mir blieb nichts anderes übrig als mich auch hinzusetzen und mit ihm zu essen. Basti war echt erwachsen für sein Alter. Bei mir war es auch nicht anders, ich konnte mit neun Jahren mich auch schon um mich kümmern. Aber für Basti ist es vermutlich viel wichtiger, dass er selbstständig ist. Wenn er auch dauernd von seiner Mutter alleine gelassen wird. Manchmal komme ich mir wie sein Vater vor.
Zusammen aßen wir das ‚Mittagessen' wie Basti es genannt hat und redeten ein bisschen. „Ich muss trotzdem zur Schule oder? Oder kannst du mich abmelden?" Ach, stimmt. Basti hatte ja ab Montag schon wieder Schule. Heute ist Samstag. „Wissen die Leute aus deiner Schule, dass deine Eltern geschieden sind?" Basti überlegte: „Ich glaube nicht. Zu Veranstaltungen werden immer meine Mama und mein Papa eingeladen." „Meinst du ich würde mit meiner Stimme als dein Vater durchgehen?" Auf seine Antwort war ich sehr gespannt. „Ja ich glaube schon, du klingst wie einer dieser Fernsehtypen." Na danke. Aber was sollte ich auch von einem Achtjährigen anderes als Antwort erwarten? Ich bat ihn mir die Nummer seiner Schule zu geben, welche er erstaunlicherweise auswendig kannte. Nach einem kurzen Telefonat mit dem Sekretariat der Schule, war Basti für zwei Wochen vom Unterricht befreit. Er hat echt Glück. Ich hätte auch gerne zwei Wochen einfach so keine Schule gehabt, aber meine Mutter meinte, dass Bildung wichtig sei. Sie hatte durchaus recht, aber aus meiner damaligen Sichtweise wollte ich sie nicht verstehen.
Mir fiel etwas ein. Ich könnte das Verschwinden von Basti überprüfen. Ich müsste nur zu seiner Mutter gehen und nach meinem Lohn fragen. Das ich dabei vielleicht schon der Polizei begegnen würde wäre unwahrscheinlich, aber möglich. Je nachdem wie Frau Merte auf das Fehlen ihres Sohnes reagierte. „Basti. Ich gehe mir jetzt mein Geld von deiner Mutter abholen. Mal schauen ob sie gemerkt hat, dass du weg bist." Basti grinste wieder und verabschiedete mich. Zum vierten Mal in zwei Tagen machte ich mich auf den Weg zum Haus von Familie Merte.
Während ich durch die Stadt ging machte ich mir so langsam Sorgen über mein Verhalten in der letzten Zeit. Komme ich für diese Aktion ins Gefängnis? Gelte ich als kriminell, weil ich einem Achtjährigen geholfen habe eine Entführung vorzutäuschen? War's das dann mit meinem gemütlichen Leben? Warum mache ich mir selbst so große Sorgen? Ich versuchte meine negativen Gedanken abzuschütteln und ging etwas schneller weiter.
Die Wolken haben sich schon vor die Sonne geschoben und werden langsam immer mehr und immer dunkler. Es würde mich nicht wundern, wenn es gleich anfangen würde zu regnen. Ich beschleunigte meinen Gang noch weiter um wenigstens noch trocken bei Frau Merte an zu kommen. Vor ihrem Haus stand zum Glück keine Polizeistreife, die eine eventuelle Entführung aufklären sollte.
Nur der dunkelgrüne Honda von ihr stand da. Ich klingelte, wartete und sah durch das Glas in der Tür, ob sich etwas bewegte. Nichts tat sich. Ich klingelte nochmal. Nach fünf Minuten passierte immer noch nichts. Ob sie noch schlief? Das ist ein andere Mal auch so gewesen. Da musste ich abends noch einmal hingehen, weil sie so lange ihren Rausch ausgeschlafen hat. Leicht genervt ging ich nachhause.
Es hatte mittlerweile angefangen zu regnen. Das bedeutet, dass ich klitschnass zuhause ankommen würde. Und genauso war es, meine Kleidung triefte und auf dem Weg hoch zu meiner Wohnung hinterließ ich nasse Spuren auf den Treppenstufen. Basti befand sich im Wohnzimmer, was ich an dem Geräusch des laufenden Fernsehgerätes hören konnte. Ohne mich bei ihm zurück zu melden, ging ich sofort zu meinem Kleiderschrank, nahm mir neue Klamotten und schlich auf leisen Sohlen ins Bad um mich umzuziehen. Es war gar nicht so leicht, die nassen Sachen auszuziehen. Nach gefühlten zwanzig Minuten war ich endlich neu angezogen. Erschöpft von diesem Kampf ging ich noch in der Küche vorbei für ein Glas Wasser. Wie erwartet lag Basti auf dem Sofa und schaltete durch die Kanäle. „Hast du nur fern gesehen während ich weg war?" Fragte ich, worauf er nur zustimmend mit dem Kopf nickte. Zu meinem Pech besetzte Basti das komplette Sofa, weshalb ich ihn darum bitten musste mir Platz zu machen. Grummelnd richtete er sich auf und rückte ein wenig nach rechts. Doch kaum hatte ich mich hingesetzt lehnte er sich an meine Schulter. „Was wird denn das, wenn ich fragen darf?" „Ich lehne mich an. Siehst du doch." Das war eigentlich nicht was ich hören wollte, aber ich werde es überleben, keine richtige Erklärung für sein Verhalten zu bekommen.
Was könnte es für einen Grund haben, dass Frau Merte nicht zur Tür gekommen ist als Robin das erste Mal vorbeikam? 🤔
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Triff mich am Meer
Teen FictionRobin, ein 17 Jahre alter Jugendlicher, geht seinen Weg. Und um genug Geld zu haben arbeitet er zeitweise als Aufpasser für Frau Mertes Sohn. Durch das aufeinander treffen von ihren Leben wird so einiges ins Rollen gebracht. Wo ist Bastis Vater und...