Kapitel 1

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Hallo zusammen!

Diese Story ist mehr oder weniger ein Experiment. Ich habe bisher kaum etwas zu dem Pairing gefunden und frage mich selbst, ob die beiden zusammen funktionieren können. Genau darum geht es in der Geschichte. Es gibt einen Plot, der jedoch in erster Linie der Charakteranalyse dient.

Über Hinweise auf Fehler im Plot, Rechtschreibung, Grammatik oder sonst irgendwas Relevantes freue ich mich wie stets immer, also bitte keine Scheu.

Für alle, die jetzt noch dabei sind: Viel Spaß beim Lesen!

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Es war ein Fehler, sich schlafen zu legen. Tony wusste das. Pepper lag ihm immer damit in den Ohren, dass er auch nur ein Mensch war und Schlaf brauchte. Genau wie Happy. Oder Rhodey. Er hörte jeden Abend die tadelnden Stimmen seiner Freunde in seinem Kopf, die ihm genau das sagten. Sogar JARVIS, der miese Verräter, hielt ihm regelmäßig Vorträge darüber, wieso Menschen Schlaf brauchten.

Als Tony mitten in der Nacht aufwachte, weil eine Pistole auf ihn gerichtet wurde, sprang ihm der Satz Ich habe es euch ja gesagt fast von der Zunge.

Der Mann stand im Schatten vor seinem Bett, die Hand mit der Pistole erhoben. Der Lauf zielte punktgenau auf sein Gesicht. Das bekannte und so verhasste Gefühl der Panik stieg in Tonys Brust auf, schnürte seine Kehle zu und trieb den Puls in die Höhe. Er hatte schon Schlimmeren gegenübergestanden als einem einzelnen Mann mit einer Waffe.

Aber nicht in seinen eigenen vier Wänden. Der Tower besaß mehr Sicherheitsvorkehrungen als das verdammte Pentagon. Es sollte unmöglich sein, hier einzubrechen, ohne dass er auch nur einen Hauch davon mitbekam. Die Anwesenheit des Fremden war das Bedrohlichste an dieser Situation.

Keiner von beiden rührte sich für die nächsten Sekunden. Genügend Zeit, um die brodelnde Panik wieder herunterzuschlucken.

"Okay, das ist jetzt ein wenig peinlich", eröffnete Tony ein Gespräch, während er sich betont langsam aufrecht hinsetzte. Der Lauf der Waffe folgte seiner Bewegung. "Normalerweise kenne ich die Namen der Leute, die sich in meinem Schlafzimmer befinden. Meistens zumindest."

Der Mann zeigte keine Reaktion.

„JARVIS?"

„Ja, Sir?"

Irritiert blinzelte Tony. Er hätte nicht mit einer Antwort gerechnet. „Wieso steht hier ein Mann in meinem Schlafzimmer?"

„Meinem Protokoll nach, ist er Ihr Gast."

„Ich habe ihn nicht eingeladen", bemerkte Tony trocken.

„Laut meinem Protokoll -"

„Jaja, schon gut."

„Soll ich Schutzmaßnahmen ergreifen?"

Zum ersten Mal kam Bewegung in den Fremden. Er verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs andere. Es sollte eine nervöse Geste sein. Auf Tony wirkte sie bedrohlich.

„Nein. Ich kümmere mich um unseren ... Gast."

„Sehr Wohl, Sir."

Und damit war es wieder ruhig. Drei Herzschläge wartete Tony ab, aber es passierte immer noch nichts. Was keinen Sinn ergab. Wieso machte sich jemand die Mühe in sein Haus einzubrechen und ihn mit einer Pistole zu bedrohen, ohne irgendwelche Forderungen zu stellen?

„Anscheinend weißt du nicht, wie so etwas läuft, also lass mich dir auf die Sprünge helfen." Immer noch in langsamen Bewegungen schwang Tony die Beine über die Bettkante und stand auf. In der grauen Jogginghose und dem weißen Unterhemd fühlte er sich vollkommen schutzlos. Er war stark versucht den MK 42 zu rufen, um die Sicherheit seiner Rüstung zu haben. Aber so lange er nicht wusste, was hier eigentlich los war ...

„Normalerweise bricht man ein, überfällt den Hausherren und räumt das Haus leer, um dem nächsten Schwarzmarkt einen Besuch abzustatten und sich vielleicht einen kleinen Urlaub auf Malibu zu gönnen. Oder man bringt sein Opfer im Schlaf um. So viel einfacher! Keine Gegenwehr, keine Zeugen, kein -"

„Ich weiß, wie man tötet." In dem Satz lag kein Stolz. Keine Scham. Es lag keine Emotion darin. Es klang wie ein simpler Fakt.

Vielleicht jagte es Tony deswegen einen kalten Schauer über den Rücken.

„Das ist aufbauend", murmelte Tony vor sich her, bevor er in einer abwehrenden Geste beide Arme zur Seite ausstreckte. „Da ich mich noch bester Gesundheit erfreue, nehme ich an, dass du nicht deswegen hier bist. Also. Was willst du von mir?"

Er hörte den Mann schwer ausatmen. Sehr schwer. Die Hand, mit der er die Pistole hielt, zitterte für einen Augenblick. Nur wenige Sekunden, dann hatte er sich wieder im Griff.

„Ich ... brauche Hilfe?"

„Sicher, Kumpel? Das klingt nicht sehr überzeugt."

Es machte Tony nervös, nicht mehr als die groben Umrisse des Mannes zu sehen. Er glaubte zu erkennen, wie der Fremde leicht den Kopf neigte, als würde er über etwas nachdenken. Unsicher. Nicht wie jemand, der JARVIS überlistet hatte und die Nerven besaß, Iron Man zu bedrohen.

„Ich brauche Hilfe", wiederholte er die Worte schließlich, deutlich sicherer. Seine Stimme klang rau und kratzig. Als hätte er in seinem Leben zu viele Zigaretten geraucht. Oder lange nicht mehr gesprochen.

„Es wäre einfacher anzuklopfen und nett zu fragen, aber okay. Hier sind wir jetzt, also spiele ich mal mit: wobei brauchst du Hilfe?"

„Mein Arm."

Jetzt völlig irritiert runzelte Tony die Stirn. „Ich bin kein Arzt."

„Ich brauche keinen Arzt. Ich brauche ... Howard."

Tony nahm die Arme wieder runter, verschränkte sie vor der Brust und trat langsam einen Schritt nach vorne. „Howard Stark?"

„Ja."

„Mein Vater ist tot. Schon seit Jahren."

„Nein, er ..." Der Mann stockte. „Howard?"

Tony schnaubte, so langsam wirklich genervt. „Zur Hölle, nein. Ich bin Tony Stark. Ich bin Iron Man. Ich bin eine Menge, aber ich bin nicht mein Vater."

„Tony Stark ..." Er ließ die Worte wie ein Test von seiner Zunge rollen. „Iron Man. Avengers. Captain America." Pause. Dann folgte ein Wort, so voller Emotionen – Schmerz und Sehnsucht und Verzweiflung –, dass es Tony wie ein Schlag in die Brust traf.

„Steve."

Steve. Natürlich ging es hier um Captain Fucking America. Und um seinen Vater. Ging es nicht immer um die beiden? Die Helden des Zweiten Weltkrieges? Tony war auf einer sehr merkwürdigen Eben beleidigt. Wenn hier schon jemand in sein Schlafzimmer einbrach, dann doch bitte wegen ihm. Nicht wegen seinem Vater oder Mister Tugendhaft, bitte Dankeschön.

„Steve ist nicht hier. Genauso wenig wie mein Vater."

Der Mann setzte zu einer Antwort an, doch aus seinem Mund kam nur ein Stöhnen. Sein ganzer Körper sackte ein Stück in sich zusammen, doch die Pistole zielte immer noch auf ihn. Es wirkte nicht mehr so bedrohlich wie vor wenigen Minuten.

Noch ein schmerzhaftes Stöhnen, das Tony einen weiteren Schritt nach vorne lockte. Er konnte das Gesicht des Mannes immer noch nicht erkennen. Dafür war er nah genug um zu sehen, dass der linke Arm seltsam eingedellt und verformt wirkte. Er war mindestens gebrochen.

So kamen sie nicht weiter.

„JARVIS, mach das Licht an."

Die plötzliche Helligkeit stach in seinen Augen. Tony blinzelte jedoch nicht, genauso wenig wie der Mann. Tony erkannte ihn sofort.

Oh, Fuck.

James Buchanan Barnes, der Winter Soldier, Steve Rogers totgeglaubter bester Freund, der seit drei Monaten von der Regierung, Steve selbst und all seinen Verbündeten verzweifelt gesucht wurde, stand in seinem Schlafzimmer und blutete seinen 400-Dollar-Teppich voll.

Wieso passierte so etwas eigentlich immer nur ihm?

Tony erholte sich von dem Schock, als sein Blick über den Arm aus Metall glitt. Im Licht sah es noch übler aus als vermutet. 'Gebrochen' war hier offensichtlich das falsche Wort. Der Arm war zerschmettert. Das Metall war an fast jeder Stelle vom Oberarm bis zum Handgelenk verbogen. Stücke der Metallplatten fehlten komplett und zeigten die beschädigte Verkabelung darunter. Es sah aus, als wenn ein Elefant darauf Spazieren gegangen wäre.

Sein Blick wanderte über den Rest des Körpers. Die schwarze Jacke war dreckig, zerschlissen und an vielen Stellen gerissen, genau wie die Hose. Das rechte Bein war in Blut getränkt, das in kleinen Tropfen vom Stoff perlte. Am rechten Oberarm klaffte unter dem zerrissenen Ärmel ebenfalls eine Wunde, doch hier floss kein Blut mehr. Tony fragte sich, wie lange der Kerl schon so herumlief.

Als er Barnes ins Gesicht sah, erkannte er dort nur wenig von dem Schmerz, in dem er offensichtlich war. Dafür war dort eine Menge Verwirrung zu sehen, zusammen mit klarer Entschlossenheit. Beides passte nicht zusammen und trotzdem war es da. Die Haut war fast so dreckig wie die Kleidung, der Bart hatte die Länge von drei Tagen definitiv überschritten und der Schweiß auf seiner Stirn gab Tony Hoffnung, dass auch Supersoldaten nur Menschen waren.

Tony hatte keine Ahnung, was er damit anfangen sollte. Zum Glück war das nicht sein Problem!

„JARVIS, ruf Steve Rogers -"

„Nein!" Barnes richtete sich blitzschnell wieder auf, pure Panik in seinem Gesicht. Zum ersten Mal an diesem Abend befürchtete Tony, wirklich eine Kugel in den Kopf zu bekommen.

„Sir?"

Tony zögerte, nur einen Moment. Es wäre so einfach. Steve anrufen, ihm sagen, dass sein Freund hier war und schon konnte er das Problem weitergeben. Je nach dem wo Rogers sich gerade aufhielt wäre es eine Sache von einer Stunde. Vielleicht auch drei. Dann war der Spuk vorbei. So einfach ...

Dummerweise war er noch nie ein Fan davon gewesen, sich sein Leben einfach zu machen.

„Kein Anruf an Steve Rogers", nahm Tony den Befehl zurück. „Bereite mein Labor im Untergeschoss vor."

„Sehr wohl, Sir", ertönte JARVIS beruhigende Stimme. „Sonst noch etwas?"

„Kaffee." Tony blickte erneut auf den zerstörten Arm. „Eine Menge Kaffee."

Falling AwayWhere stories live. Discover now