"Ein Ort voller Magie" - Teil 14

997 82 3
                                    

Nachdem Martin meinen verletzten Fuß notdürftig mit dem Erste-Hilfe-Kit verarztet hatte, war ich mit seiner und Izzies Unterstützung zurück zum Zeltplatz gehumpelt. Nun saß ich auf einem der Campinghocker, meinen Fuß versenkt in einer Kühlbox randvoll mit Eiswürfeln. Um mich herum herrschte hektisches Treiben. Man sammelte Feuerholz für das Lagerfeuer, schnippelte Gemüse und schälte Kartoffeln. Die Sonne hatte sich soweit gesenkt, dass sie fast den Rand des Meers berührte. Nicht mehr lange und sie tauchte in die Fluten ein und verschwand bis zum nächsten Morgen. Martin trieb alle außer mir zur Eile an, er wollte mit dem Abendessen fertig sein, bevor wir das Licht der Sonne verlören. Kurze Zeit später versammelten sich alle um das Lagerfeuer, warteten auf das Abendessen und tauschten Geschichten vom Tag aus. Ian erzählte von den riesigen Wellen, die er und Nate geritten hatten und Izzie berichtete von unserem Trip zum Wasserfall, mit ihrem ihr eigenen Enthusiasmus.

»Und?«, fragte Nate an mich gewandt, »Was gibt's Neues an der Schnabeltier-Front? Irgendeins gesehen?«

»Leider habe ich nur Spuren entdeckt«, gab ich um Beherrschung bemüht zurück. Ich wusste, dass Nate diese Gelegenheit nutzen würde, um mich aufzuziehen.

»Hmm! Waren wahrscheinlich gerade auf Sauftour mit Nessie und Big Foot«, meinte er und grinste breit. Einige in der Gruppe lachten.

»Das grüne Schnabeltier ist genauso real, wie der weiße Hai der da draußen umher schwimmt«, ich zeigte auf das Meer, das jetzt in den Orange-und-Rot-Tönen der untergehenden Sonne funkelte, »... und nur, weil du heute keinen gesehen hast, oder er dir nicht deinen Arm abgebissen hat, heißt das noch lange nicht, dass es ihn nicht gibt.«

»Touché!«, gab Ian zurück und lächelte mich an. Im Gegensatz zu Nate war Ian ein ziemlich cooler Typ, er war bei weitem nicht so ein Angeber und im Allgemeinen besonnener. Ich erwiderte sein Lächeln mit einem breiten Grinsen.

»Wie auch immer!«, gab Nate zurück, »Ich hab gehört, dieser Typ war bei dir, als dir das passiert ist«, er zeigte auf meinen Knöchel, »er hatte doch nichts damit zu tun?«

»Sein Name ist Ty und nein, er hatte Nichts damit zu tun. Er hat mir geholfen und mich fast eine Viertelstunde durch den Wald getragen!«, sagte ich und wunderte mich insgeheim, warum ich das Bedürfnis verspürte, Ty vor Nate zu verteidigen.

»Da hast du noch mal Glück gehabt, wenn du mich fragst. Mit dem Typen stimmt was nicht, das merkt man sofort.«

»Danke, aber ich habe nicht gefragt«, erwiderte ich, daraufhin folgte eine angespannte Stille und niemand am Lagerfeuer schien etwas erwidern zu wollen. Nur Nate starrte mich an und mir kam es so vor, als brannte ihm eine Antwort auf der Zunge.

»Nun sieh sich einer das an!«, warf Martin ein, bevor die Stimmung umschlagen konnte, und rührte in dem Topf über dem Lagerfeuer, »Sieht ganz so aus, als wäre unser Eintopf fertig.«

»Oh super!«, freute sich Izzie, »Ich bin halb am Verhungern.«

Die Stimmung in der Runde hob sich rasant, als wir alle gegessen und getrunken hatten. Izzie lag auf dem Rücken, hielt sich den Bauch und murmelte, dass sie nie mehr in ihrem Leben so viel essen würde, schrie aber sogleich laut auf, als Ian die Marshmellows rausholte. Er ließ die Tüte reihum gehen und kurze Zeit später röstete jeder versonnen einen Marshmellow über dem offenen Feuer. Ian hatte seine Gitarre auf dem Schoß liegen und klimperte leise zum Prasseln des Feuers.

Momente wie diese genoss ich besonders. Es lag eine einzigartige Magie darin in einer Runde, um ein warmes Feuer zu sitzen, während die Nacht hereinbrach, die Tiere des Tages sich zur Ruhe legten und die Wesen der Nacht rauskamen, um zu jagen und sich zu tummeln. Ich schloss die Augen, lauschte den Gesprächen, der leisen Musik und dem Rauschen der Wellen, die sanft und stetig über den Sand vor uns rollten. Meine Fantasie nahm mich mit auf eine Reise und ich fragte mich, was für Geheimnisse es wohl auf Wilbur Island zu entdecken gab. Ein seltenes Schnabeltier war sicherlich nicht das Einzige, was diese Insel zu bieten hatte. Ich konnte es förmlich in mir spüren. Dieser Ort war alt und hatte Geschichte. Eine Geschichte, die nur wenige kannten und noch weniger glaubten. Vielleicht war dies der Grund, warum die Warrens hier lebten, dachte ich. Vielleicht wollten sie einen Teil dieses Geheimnisses ergründen? Vielleicht hatten sie aber auch verstanden, dass man nur an solch unberührten Orten wie dieser Insel, ganz zu sich finden konnte.

Under water - Das Einmaleins für Meerjungfrauen Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt