21. Kapitel

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„Du bist so erbärmlich, wie Sammy dich angeblich beschrieben hat. Vor allem bist du auch dämlich. So eine Frau wie Sammy, die dich ganz offensichtlich liebt, lässt man doch nicht einfach so gehen."

Andreas war unerwartet bei ihm Zuhause aufgetaucht und hatte Stefan leider in einem kläglichen Zustand vorgefunden.

Stefan hatte sich betrunken und hatte seinen Rausch auf dem Wohnzimmerboden ausgeschlafen. Sein Bruder hatte ihn an der Schulter gepackt und ihn ins Bett gelegt, aber da war Stefan wieder eingefallen, warum er nicht ins Bett wollte. Die Decken, das Kissen...alles roch noch nach Sammy.

Er vermisste sie, obwohl sie ihm so weh getan hatte.

„Ich bin nicht erbärmlich. Ich habe rechtzeitig bemerkt, was sie mit mir spielte. Was glaubst du, was geschehen wäre, wenn ich es erst in den Staaten herausgefunden hätte?"

Andreas warf eine leere Flasche in einen Müllbeutel. Verdammt, sogar im Schlafzimmer hatte er getrunken! Er war wirklich erbärmlich!

„Gar nichts wäre geschehen, weil es da nämlich  keinen Alexis gibt. Der Kerl hat dich verarscht. Genau wie früher. Und weil da jede Menge Gefühle dabei sind, was Sammy und dich betrifft, bist du voll auf ihn hereingefallen! Mit wehenden Fahnen bist du in seine Falle gerannt, ohne dein Hirn einzuschalten. Seltsam, dass selbst ein kluger Mann zum Deppen wird, wenn es um die Liebe geht!"

Stefan schnaubte.

„Sie hat mich als unter ihrem Niveau beschrieben. Unsere ganze Familie kam nicht gut weg. Ich reagiere da etwas empfindlich!"

Andreas lachte.

„Das hat sie dir ins Gesicht gesagt? Oder war es Alexis? Hör mal, Stefan. Ich will dir nicht zu nahe treten, aber der Depp sagt das doch schon seit Jahren. Ich glaube nicht, dass Samantha über unsere Familie hergezogen hat. Sie hat doch immer wieder versichert, dass sie gerne bei Oma war. Und es sah auch nie so aus, als ob ihr unsere Anwesenheit zuwider war. Ich denke wirklich, dass alles alleine auf Alexis Mist gewachsen ist."

Stefan legte sich auf den Bauch, merkte aber sofort, dass dies eine sehr schlechte Idee war. Stöhnend drehte er sich wieder auf den Rücken.

„Das mag sein. Doch was ist, wenn es eben nicht so war? Wenn sie alles so geschrieben hat und auch so meint? Zu lesen, was die Frau, die du liebst, eigentlich von dir denkt, schmerzt dann doch ungemein."

Andreas zuckte mit den Schultern.

„Also, ganz ehrlich. Wenn eine Frau das mal über mich schreiben würde, was Sammy geschrieben hat, könnte sie nicht schnell genug vor mir davon rennen. Ich würde sie schnappen und vor den nächstbesten Altar schleifen und heiraten. So eine Frau würde ich nie gehen lassen."

Stefan sah ihn misstrauisch an.

„Bitte was? Hast du es denn auch schon gelesen? Und von was zum Teufel redest du eigentlich?"

Andreas nahm das Manuskript, dass auf der Kommode lag, in seine Hand und schwenkte es in der Luft.

„Ja klar, habe ich es gestern gelesen, als ich darauf gewartet habe, dass du endlich aus deinem Suff erwachst. Ich muss sagen, die Geschichte von ihrer Granny ist klasse. Und ich habe auch gelesen, was sie über dich geschrieben hat."

Stefan legte den Arm auf die Augen.

„Dann weißt du ja, was ich meine."

Sein Bruder murmelte leise vor sich hin und beschimpfte ihn als stures Arschloch. Dann hörte Stefan Seiten rascheln. Er räusperte sich kurz, dann begann er vor zu lesen.

„Auch, wenn es nicht üblich ist, in einer Abschlussarbeit eine Danksagung zu schreiben, möchte ich mich dennoch bei einigen Leuten bedanken. Natürlich meinen Großeltern, die mich auf die Reise geschickt haben und die mir immer zeigen, wie schön Liebe sein kann. Besonders meine Granny, die alles ja wirklich erlebt hat und die ich für die mutigste Frau aller Zeiten halte. Dann danke ich meinen Eltern und meinen Brüdern, die mir alles ermöglicht haben und immer an mich glauben. Und zum Schluss möchte ich mich bei einem besonderen Mann bedanken. Ich bin nach Deutschland gegangen, um etwas über die Vergangenheit meiner Großmutter herauszufinden. Doch ich habe dort auch die Liebe meines Lebens gefunden. Mit ihm will ich das erleben, was meine Großeltern haben. Mit ihm will ich auch später auf der Veranda sitzen und ihn einfach nur an der Hand halten, weil es mich glücklich macht, ihn in meiner Nähe zu haben. Du bist mein Leben, Stefan. Du bist mein Chuck!"

Helenas ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt