6. Kapitel

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Der Fahrer hielt vor einer Villa in einem sehr noblen Vorort von Paris. Von der eigentlichen Straße bis zu der Villa war es noch ein Stück zu fahren gewesen und Sammy wurde klar, dass sie sich wahrscheinlich verlaufen hätte. Oder man hätte sie gar nicht erst auf das Gelände gelassen, denn vor dem Tor waren bewaffnete Wachen gestanden, die ihr doch sehr viel Respekt eingeflößt hatten.

Einen Augenblick war Sammy enttäuscht, denn die Villa war ein moderner Bau mit viel Glas, der gar nicht so richtig zu den anderen Villen passen wollte.

Charles schien ihre Enttäuschung zu bemerken, denn er beugte sich zu ihr.

„Das haben sie nicht erwartet. Aber Gerard war schon immer...anders. Wie er es geschafft hatte, so etwas zu bauen, ist mir bis heute schleierhaft. Er hat allerdings noch ein Stadthaus, dass er aber nicht mehr bewohnt, seit er seine Ruhe haben wollte. Und dieses Haus ist wahrscheinlich so, wie sie es sich vorstellen."

Der Wagen hielt an und Charles stieg aus, um ihr aus dem Wagen zu helfen. Einen Moment grinste Sammy, denn so einem Gentleman war sie zu Hause nie begegnet. Charles war wirklich ein netter Mann, auch wenn Sammy ihn in diesem Bürogebäude auch anders erlebt hatte. Doch seine Manieren waren ihr gegenüber perfekt. Außerdem erinnerte er Sammy an jemanden, aber sie konnte im Moment wirklich nicht sagen, an wen.

Er hielt ihr die Hand entgegen, und sie hielt sich daran fest, bis sie aus dem Wagen heraus war.

„Ich werde sie noch bis zum Eingang begleiten, aber Gerard hat darum gebeten, dass er alleine mit ihnen sprechen will. Ich wäre allerdings erfreut, wenn sie mich heute Abend in ein Restaurant begleiten würden."

Sammy nickte, aber war nicht wirklich bei der Sache. Sie war viel zu nervös, um jetzt einen klaren Gedanken fassen zu können.

Charles bemerkte es und man sah, dass er es verstand.

„Mein Fahrer wird sie später ins Hotel fahren und sie auch wieder abholen, um sie in das Restaurant zu bringen. Einverstanden?"

Wieder nickte Sammy.

„Vielen Dank, Charles. Ich hoffe nur, dass ich mit Ihnen mithalten kann. Rein kleidertechnisch meine ich."

Er lachte leise.

„Machen sie sich keine Sorgen darum."

Sammy runzelte die Stirn, aber bevor sie fragen konnte, wie er das meinte, öffnete sich die Tür und eine kräftige Frau lächelte ihnen entgegen.

„Sie werden schon sehnlichst erwartet, Mademoiselle Sullivan. Kommen Sie, kommen Sie!"

Charles deutete wieder einen Handkuss an und verabschiedete sich.

„Ich überlasse sie nun in die fähigen Hände von Charlotte. Sie ist die Krankenschwester, die Gerard betreut. Ich freue mich schon auf heute Abend und ihre Geschichten."

Charlotte winkte sie erneut zu sich und Charles stieg wieder in den Wagen, nachdem er Charlotte informiert hatte, dass sein Fahrer wiederkommen würde.

Sammy straffte die Schulter und ging zu Charlotte. Am liebsten wäre sie noch etwas in der prächtigen Gartenanlage geblieben, um sich zu sammeln, aber Charlotte nahm ihren Arm und führte sie in die Villa.

„Ich muss Sie vorwarnen, Mademoiselle Sullivan. Monsieur Faure ist sehr krank und kann deswegen manchmal sehr unwirsch sein."

Sammy riss die Augen auf.

„Ich wollte nicht stören, Madam Charlotte. Wenn es unpassend ist, dann werde ich..."

Charlotte schüttelte den Kopf.

Helenas ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt