Kapitel 4

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Schließlich ging sie um die Ecke, woher sie die Geräusche vermutete und erstarrte vor Entsetzen.

Dort lag ein Mädchen, mit blauen Flecken übersäht und mit Tränenspuren im Gesicht, am Boden und vor ihr sah ein muskelöser Junge mit einen perversen, ekelhaften Grinsen auf sie hinunter.

Mit ihren Erinnerungen und ihren gepackten Mut schlich sie sich heimlich and den Jungen an. Ihr Herz klopfte laut und schnell und sie hoffte, dass er es nicht hörte. Ihre Beine zitterten leicht und sie kam immer näher an sie heran, wodurch sie Wortfetzen des Jungen hörte.

"Du wirst mir geben, was.." "Lass es zu!" "Komm schon, das... " Voller Ekel schüttelte Alaska den Kopf und sah vorsichtig zum geschundenen Mädchen, das sie inzwischen bemerkt hatte. Das Mädchen am Biden weitete kaum merklich die Augen und Alaska legte ihren Zeigefinger lautlos auf ihre Lippen, um zu deuten, dass das Mädchen still sein sollte und Alaska nicbt bemerkt werden sollte. Wieder kaum merklich nickte das Mädchen am Boden und wandte unbemerkt den Blick von ihr ab, um ihn wieder auf den noch immer ekelhafte redenden Jungen zu lenken.

Das Mädchen kam immer näher an den Jungen heran, der immer noch zum Rücken zu ihr stand. Sie schloss noch einmal ihre Augen, atmete tief durch und wandte bei den Jungen einen Trick bei der Schulter an, um ihn bewusstlos zu machen. Als der Junge schließlich vor ihr niedersank, brachen ihre Beine ebenfalls zusammen und sie fiel unsanft auf den Boden. Doch das machte ihr nichts aus, da sie vor lauter aufgestauter Panik und der inzwischen aufkommenden Erleichterung keine Schmerzen verspürte. Laut atmete sie aus und sah mit tränenverschleierten Augen zu den immer noch weinenden Mädchen und krabbelte schließlich zu diesem hin. Alaska nahm das traumatisierte Mädchen sanft in den Arm und spürte wie die Tränen des Mädchens ihr T-Shirt nass machte. Sie blendete ihre Berührungsängste so gut wie möglich aus, um ein einziges Mal wieder für jemanden da zu sein, der es brauchte. Die nasse Schulter machte ihr nichts aus, denn sie erkannte sich selbst in dem Mädchen.

"Du hast mit den Jungen geredet! Du bist meine Freundin, verdammt! Verhalte dich nicht wie eine Schlampe und vögle dich nicht durch die Welt!" , schrie ER sie an. Vollkommen irritiert sah sie IHN erst mal mit großen Augen an und dann im nächsten Moment wütend zu werden." Wie kannst du es wagen, mich Schlampe zu nennen?! Ich bin deine Freundin und habe nur mit ihm geredet! Was soll der Scheiß?! Seit... "  Schockiert fasste sie sich an ihre Wange. Er hat sie geschlagen. Ihr Freund, den sie liebte und der nie einer Fliege etwas zu Leide tun konnte, hatte sie geschlagen." Erwähne es nicht. Niemals, verstanden?!", zornig und außer sich brüllte ER sie an. Ängstlich nickte sie, darauf drehte ER sich um und ging. Es war das erste Mal, dass er gewalttätig gegenüber ihr wurde, doch es sollte nicht das letzte Mal sein.

Sanft strich Alaska dem Mädchen durch das Haar und ließ das Mädchen weinen und fluchen, bis es sich schließlich von selbst aufrichtete und sich über das Gesicht strich. Zum demolierten Gesicht kamen jetzt auch noch die Tränensäcke und die angeschwollenen Augen und trotzdem hatte sie eine versteckte Schönheit. Das Mädchen sah mit ihren grünen geschwollenen Augen Alaska beschämt an und versuchte dabei ihre schwarzen, glatten Haare in das Gesicht hängen zu lassen, um die blauen Flecken zu verstecken.

Alaska schüttelte langsam den Kopf und sah ihr ermutigend in die Augen, stand auf und streckte dem Mädchen ihre Hand entgegen. Das Mädchen, dass noch am Boden saß, zögerte erst leicht, nur um dann die Hand anzunehmen und schwankend auf die Beine zu kommen. Alaska stützte sie beim Stehen und beide gingen langsam zu Alaskas Auto. "Ich bringe dich jetzt in das Krankenhaus." , sagte Alaska beruhigend, aber auch besorgt zu dem Mädchen. Das Mädchen nickte nur geistesabwesend und sah mit traurigem Blick aus dem Fenster. Alaska seufzte leise und fuhr schließlich los.

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Am Krankenhaus angekommen, drehte Alaska sich zu dem Mädchen um und flüsterte leise, dass sie angekommen wären. Das Mädchen sah weiter stur aus dem Fenster und gab keine Antwort. Alaska schüttelte nur leicht den Kopf und half den Mädchen aus dem Auto heraus. Besorgt musterte Alaska das Mädchen, das sie eigentlich ungern allein lassen wollte. Sie hatte so viele Fragen, doch wusste aus persönlicher Erfahrung, dass sie keine Antwort bekommen würde. Schließlich gingen sie stumm nebeneinander bis zur Krankeneingangstür.

Dort sah Alaska plötzlich, dass sie durch eine Hand, die vor ihr auf die Tür gelegt wurde, aufgehalten wurde. Sie drehte sich zu dem Mädchen, dass sie schweigend beobachtete und schließlich leise, ohne die Miene zu verziehen, Danke sagte. Alaska schüttelte nur den Kopf und deutete damit an, dass ihre Hilfe selbstverständlich war. Das Mädchen senkte nur den Kopf und wollte schließlich in das Krankenhaus gehen, als sie Alaska noch aufhielt. "Wie heißt du?" , fragte Alaska, da sie nicht wusste, wie sie das Mädchen ansprechen sollte. Doch das Mädchen schwieg und Alaska gab auf und drehte sich um, um zu ihrem Auto zurückzugehen. Auf den Weg gab sich Alaska ihren Selbstvorwürfen hin. Sie hätte früher da sein sollen! Sie hätte mehr tun können! Sie hätte sofort hingehen müssen! Sie quälte sich mit innerlichen Was-wäre-wenn Fragen und äußerlich sah sie wie immer aus. Das verschlossene, emotionslose Mädchen mit keinen Antworten auf Fragen, die sie sich immer und immer wieder über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stellte. Bevor sie schließlich deprimiert ins Auto steigen wollte, sah sie noch einmal zum Krankenhauseingang, wo überraschenderweise immer noch das Mädchen stand und Alaska still beobachtete und etwas mit den Lippen formte. Perplex zog Alaska ihre Augenbrauen hoch und versuchte es zu entschlüsseln.

Der Name des Mädchens war Lia. Und zum ersten Mal seit langem schlich sich ein kurzes Schmunzeln über Alaskas Gesicht.

Das Ende ihrer WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt