Fall Nr. M497AR

Beweisstück Nr. 013

Brief unterzeichnet von Eve Donnelly
Datum 22. November 2019 
Fundort: Jackentasche der geborgenen Leiche 
Titel: Abschied

"Ich werde mich nun selbst zu Schlafe bringen. 
Dieses Mal länger als gewöhnlich. Ich nenne es Ewigkeit.
Dies ist, was ich möchte, also seid nicht traurig und denkt nicht zu sehr darüber nach.
Ich möchte euch nicht wehtun, also vergesst mich so schnell wie möglich.
Verhaltet euch, als hätte ich nie existiert, auch, wenn es euch schwer fällt. 
Ich weiß, dass es hart sein wird, aber versucht es, mir zu Liebe.
Findet eine bessere Freundin, 
Eine bessere Liebhaberin,
Eine bessere Tochter.
Ich weiß, dass ich egoistisch klinge. Das bin ich auch - ich werde es nicht leugnen.
Ich wünschte, ich könnte es euch erklären:
Den Schmerz in mir; die Leere in meinem Kopf; der Druck auf meinem Herz, meinen Lungen und meiner Brust.
Aber ich kann es nicht erklären, denn die Worte sind mir aus der Kehle gerissen worden.
Es ist so schwer, zu reden, wenn man sterben möchte.
Es steht über allem anderen und ich habe es physisch nicht geschafft, meine Lippen zu bewegen und die Worte auszusprechen.
Selbst, wenn ich es schaffe, meine Gedanken auszusprechen, dann verhalten sie sich nicht wie bei normalen Menschen. Sie verlassen meinen Mund wie das Eis einen Eisspender verlässt: gebrochen, scharfkantig, kalt.
Ich bin über sie gestolpert, jedes Mal, wenn ich versucht habe, einen Satz zu bilden.
Also habe ich aufgehört, es zu versuchen. Ich bin still geblieben.
Vielleicht ist das ein Teil des Problems.
Wenn ich es geschafft hätte, die Worte auszusprechen,
"Hallo, Mama, ich möchte sterben, hilf mir",
vielleicht wäre ich dann nie zu meiner Entscheidung gekommen.
Aber ich habe mich entschieden. Es ist zu spät für mich.

Es gab Tage, da dachte ich, es geht mir gut. Es würde mir gut gehen.
Ich würde mit Aiden Zeit verbringen und alles würde irgendwie passen und ich würde denken 
"es wird okay sein, wenn wir für immer so bleiben können".
Aber natürlich kann nichts für immer so sein, wie es ist.
Das ist meine Schuld. Ich habe mich von dir distanziert, Aiden.
Ich habe deinen Blick nicht ertragen, wenn es mir nicht gut ging. Du warst 
hilflos.
Es war nicht deine Schuld, aber trotzdem hast du dir die Schuld gegeben. Immer, wenn ich einen schlechten Tag hatte, wenn ich dich angeschrien habe, dich geschlagen habe, für Wochen verschwunden bin. Du dachtest, es sei deine Schuld. Du wärst nicht gut genug gewesen.
Dabei warst du das Beste, was mir jemals hätte zukommen können.
Du machtest mich liebenswürdig und es fühlte sich so gut an, liebenswürdig zu der Person zu sein, die ich liebte. 
Ich habe dich so sehr geliebt, aber meine Gefühle waren in jeglicher Richtung so intensiv, dass sie mich zu zerstören drohten. Es tat so weh, dass ich es nicht beschreiben kann.
Glaub mir, ich habe versucht, darüber zu reden, aber ich konnte nicht. Ich kann den Schmerz nicht beschreiben, Aiden.

Ich weiß, wenn ihr darüber nachdenkt, wie ich gegangen bin, dann werdet ihr das verstehen.
Ich war immer abgeneigt davon, lebendig zu sein. Es gab zu vieles, dass ich nicht verstanden habe, aber die Idee vom Tod lässt mich klar denken.
Dann denke ich nur an Frieden, unendlich und zart und fürsorglich, so, wie Frieden sich anfühlen sollte. Durch meinen Tod kann ich Frieden mit mir selbst schließen und den ewigen Krieg in meinem Kopf und in meinem Herzen beenden.

Ich freue mich darauf.
Aus diesem Grund möchte ich, dass ihr euch für mich freut und, dass ihr wisst, dass das hier besser für mich ist. Ich habe gefunden, was ich mein ganzes Leben gesucht habe.
Ich weiß, dass ihr das nicht erfüllen könnt, aber es ist die letzte Erwartung, die ich an euch stelle:
Seid glücklich.

gez. Eve"

E D E N [COMPLETE] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt