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Wütend zeriss er die gerade erst wieder hergestellten Seiten, konnte es einfach nicht glauben.

Sein ganzes Leben war nichts weiter als eine riesige Lüge gewesen!
Dieser blöde Kater hatte ihn die ganze Zeit über getäuscht, ohne mit der Wimper zu zucken, hatte dafür gesorgt, dass er ihn völlig grundloses gehasst hatte, all die Jahre lang!

Menschen... konnten nicht zu Ayakashi werden. Sowas wie einen "p Trank" dafür, gab es nicht. Jun würde ewig ein Mensch bleiben, Seiji und Shuishi würden ewig Menschen bleiben. Er selbst... war nie einer gewesen.

Ein Yokai, geschaffen aus der Hand eines einsamen, kleinen Menschenkindes, um ihr Gesellschaft zu leisten. Später dann entführt von ihren Verwandten, gereinigt von allen Erinnerungen die er gehabt hatte - seine "Eltern", waren nichts als gewöhnliche Exorzisten gewesen, hatten mit Natsume Reiko, welche kurz nachdem man ihn von ihr weggenommen hatte, zwangsverheiratet, später tot in ihrem Bett gefunden wurde, überhaupt nichts zu tun gehabt.

Die Erinnerungen an diese Zeit kamen langsam wieder zurück, hinterließen ihn mit jedem neuen Fragment ein Stück wütender, ließen die Kirschbäume um ihn herum welken (zum Glück war Jun gerade im Kino, sie hätte sicher Angst vor ihm bekommen), den Boden rissig werden.

Sensei hatte nicht seine Eltern gefressen. Er hatte ihn aus den Klauen von machthungrigen Exorzisten befreit, den letzten Wunsch seiner Schöpferin in die Tat umgesetzt und all die Jahre seinen Hass auf sich genommen. Weil dieses dumme Mädchen sich dachte, er würde seine Beherrschung verlieren und jeden einzelnen Menschen angreifen wollen, wenn er von ihrem Schicksal erfuhr.

Reiko hatte ihn zumindest ziemlich gut gekannt wie es schien, denn genau das wollte er in diesem Augenblick, wollte jeden Exorzisten auslöschen, ihre Arroganz zerschmettern, sie am Boden um Gnade winseln sehen, ehe er sie langsam und genüsslich verspeiste - immerhin galt Taki's Versprechen nicht mehr.

Jedoch wurden seine Rachepläne von einem Teller unterbrochen, der nach ihm geworfen, von seinen Ranken geradeso abgefangen wurde. Er knurrte den Menschen an, bekam als Antwort noch einen Teller. "Aus Dämon, aus! Ich hab den Ayakashi gerade erst beigebracht wie man den Boden am Morsch werden hindert, du machst ihn mir nicht kaputt!"

Seiji warf noch einen Teller nach ihm, schien jeglichen Respekt bereits völlig verloren zu haben. Wie konnte der Mensch es wagen?! Er wollte ihn in Fetzen reißen. Noch ein Teller.

"Was ist los, oh Meister? Ist dir einer deiner Diener auf die Füße-"

"Sei still!"

Er war wütend, er war außer sich vor Zorn.
Auf Reiko, auf Sensei, auf den Stamm der Natsume - er wusste nicht, wohin mit seinem Zorn, konnte sich kaum davon abhalten, zu schreien.

Wieso nur? Wieso hatte der Kater nichts gesagt? Wieso hatte er all die Zeit seinen Zorn auf sich genommen, sich zu falsch von ihm hassen lassen?!

Der weiß Haarige stürmte aus dem Raum, aus dem Anwesen, vorbei an dem (wieder) jungen Exorzisten und seinen Dienerinnen, vorbei an Mizusu und Hinoe, direkt zum Grabstein des riesigen Ayakashi.
Er wollte ihn zerstören, auf den Kopf stellen, den Felsen zerschmettern. Er ließ sich vor dem Grab zu Boden sinken, die Blumen um den Stein herum erblühen.

Als könnte er es jemals anrühren.
Auch wenn er noch so wütend war, dieser Kater hatte ihn... er war verwirrt, konnte mit diesem Gefühl von Verrat, der kein Verrat war, einfach nicht umgehen.
Nun, wo er wusste, dass diese Menschen nie seine Eltern gewesen waren, ihn lediglich als Sklaven der Exorzisten hatten benutzen wollen, nachdem sie seine Schöpferin hatten verkommen lassen wie eine Blume ohne Wurzeln, vom Stängel getrennt.

Wo sollte er nun hin mit dieser Wut, jetzt wo der Exorzisten Klan schon längst nicht mehr existierte?
Er wollte Rache üben, hatte aber genug Zeit mit Menschen verbracht um zu begreifen, dass die Verantwortlichen, ob sie den riesigen Fuchs nun überlebt hatten oder nicht, schon längst nicht mehr auf dieser Erde weilten.

Natsume YuujinchouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt