"Was geht hier vor?", frage ich ruhig, obwohl ich alles andere als ruhig bin.
In meinem Kopf kreisen tausende Fragen und ich blicke in jedes Gesicht, in der Hoffnung eines zu erkennen.
Aber das ist natürlich nicht der Fall und ich konzentriere mich wieder vollkommen auf den Mann mir gegenüber.
"So vieles, aber das interessiert gerade nicht", antwortet er mir.
Sein Grinsen, welches noch keine Sekunde von seinem Gesicht gewichen ist, macht mir Gänsehaut, die von der Kälte der Erde, auf der ich sitze, nur noch schlimmer wird.
"Was soll ich dann hier?", keife ich und versuche zu überspielen wie schwach ich mich noch fühle.
Nun verändert sich auch sein Gesichtsausdruck.
"Du solltest dich beruhigen. Ansonsten muss ich auf unschönen Methoden zurückgreifen. Ich Stelle dir jetzt einige Fragen und du solltest wahrheitsgemäß antworten."
Ich schnaufe nur, bereite mich innerlich aber darauf vor Wiederstand zu leisten.
"Gut, fangen wir an. Wo ist der Avatar in diesem Moment?", beginnt die Befragung.
Einer der Feuerbändiger im Hintergrund zückt Stift und Pergament, um das Gespräch festzuhalten.
Ich hätte wissen müssen, dass es hierbei um Aang geht. Es geht immer um ihn.
Einige Sekunden vergehen und es ist so still, dass ich Angst habe man könne meinen schnellen Herzschlag hören.
Aber ich bleibe stumm, denn niemals würde ich auch nur daran denken jemandem, der offensichtlich nichts gutes im Sinn hat, irgendwelche Informationen über Aang preiszugeben.
Nun steht der Fremde auf und verlässt seinen Platz am Schreibtisch.
Mit völliger Ruhe macht er einige Schritte, bis er hinter mir steht.
Ich drehe mich nicht um, sondern nutze die Gelegenheit mir nochmal den Raum anzusehen.
Schnell zähle ich die anderen Bändiger.
Drei stehen hinter dem Platz, an dem der Fremde eben noch saß, während zwei weitere etwas weiter hinten im Schatten stehen.
Für mich gibt es hier ganz eindeutig kein Entkommen, selbst wenn ich mich verteidigen könnte.
"Vielleicht hast du ja auf die nächste Frage Antwort, ansonsten wird's unschön", höre ich die Worte ganz dicht an meinem Ohr.
"Also", beginnt er, nun aber nicht mehr so nah bei mir, denn er ist wieder in Bewegung, "Wenn du schon nicht sagen willst wo er ist, dann vielleicht wann er wieder kommt."
"Ich werde Ihnen nichts sagen und da können Sie machen was sie wollen", sage ich, kann das Zittern meiner Stimme aber nicht komplett verstecken.
"Sowas hab ich mir schon gedacht", seufzt der Fremde und klatscht erneut in die Hände.
Mit diesem Klatschen öffnet sich erneut eine Tür, diesmal aber an einer anderen Stelle und Zuko stolpert, gefolgt von einem Wächter, in den Raum.
So schnell wie die Tür da war, ist sie auch wieder verschwunden, was darauf hindeutet, dass er von weit mehr Leuten gebracht wurde.
Wie ich einige Minuten zuvor blickt auch er sich um, bis sein Blick bei meinem Befrager hängen bleibt.
"Wer bist du?", fragt er mit einer Ruhe, die ich gerne hätte.
Trotz seiner Verletzungen steht er vollkommen aufrecht und strahlt eine unglaubliche Kraft aus.
Fast hätte ich vergessen, dass auch er nicht bändigen kann.
"Wo bleiben nur meine Manieren. Immerhin habe ich die Ehre vor dem großen Feuerlord zu stehen. Mein Name ist Jin", sagt er und verbeugt sich vor Zuko, aber mit solch einer Übertreibung, dass jeder sehen kann, dass er nichts von dem ernst meint.
Wahrscheinlich ist Jin nichtmal sein Name.
Zuko will gerade reden, da wird er aber auch schon wieder unterbrochen.
"Tztztz, nicht Ihr seid gerade der Mittelpunkt, werter Feuerlord. Ihr seid nur Mittel zum Zweck" sagt Jin und schon wird Zuko von dem Wächter hinter ihm geknebelt.
"Zurück zu dir", wechselt seine Aufmerksamkeit wieder zu mir, "Dieses ganze Fragen und keine Antworten bekommen läuft nicht so, wie ich es mir gewünscht habe. Aber das wird sich jetzt hoffentlich ändern. Ich frage, du antwortest und falls du weiterhin stumm bleibst, wird dein teurer Freund noch übler zugerichtet."
Ich hätte es mir denken können.
Niemals würde ich einen meiner Freunde leiden lassen und lieber alles selbst auf mich nehmen.
Und genau diese Eigenschaft nutzt Jin jetzt gegen mich.
Ich blicke zu Zuko, der energisch mit dem Kopf schüttelt, aber ich sehe auch seine Wunden und weiß, dass auch er irgendwann seine Grenze erreicht hat.
Und von dieser Grenze steht er nur noch einen Schritt entfernt.
Niemals könnte ich zulassen, dass jemand, den ich liebe, leidet.
Ich schließe die Augen und denke an Aang.
Er wird längst in Bad Sing Se sein, weitere Kontakte knüpfen und Pläne ausarbeiten.
Aber er ist nicht allein, nicht so verwundbar wie Zuko und ich in diesem Moment.
Niemals würde er so ein leichtes Ziel abgeben und deswegen entschuldige ich mich in Gedanken bei ihm und atme einmal tief ein.
"Aang ist in Bad Sing Se" sage ich mit gebrochener Stimme und Weine stumm.
Ich wage es nicht zu Zuko zu sehen.
"Na geht doch", freut Jin sich überschwänglich und legt mir seine Hand auf die Schulter und ich zucke zusammen.
"Nicht doch, ich habe nicht vor dich zu verletzen. Ich will nur Antworten", versichert Jin mir, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er es trotzdem tun würde, falls es notwendig werden würde.
Und genau deswegen beantworte ich alle Fragen über Aang und Republika, obwohl jedes Wort sich wie ein Messerstich anfühlt.Ich weiß nicht wie lange ich von Jin befragt wurde, aber als Zuko und ich zurück in unserer gemeinsamen Zelle sind, fühle ich mich, als hätte ich Tage auf diesem harten Stuhl gesessen.
Mein Mund ist vom ganzen Reden trocken und mein Kopf ist völlig leer.
Ich fühle mich wie eine elendige Verräterin, aber auch meine Tränen sind mittlerweile versiegt.
Trotzdem weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war, denn als Zuko sich setzt, sehe ich ihm erst an, wie viel Kraft ihn das gekostet haben muss.
Ohne ein Wort schenkt er zwei Becher mit Wasser ein und reicht mir eins davon.
Innerhalb weniger Sekunden ist mein Becher leer und noch immer verstehe ich nicht, wie mein Chi noch immer geblockt sein kann, ich aber trotzdem in der Lage bin mich ansonsten normal zu bewegen.
"Du hättest nichts sagen sollen", bricht Zuko die Stille.
"Niemals hätte ich zugelassen, dass sie dir noch mehr antun", rechtfertige ich mich.
"Ich bin immer noch der Feuerlord. Tot nütze ich denen nichts. Sie hätten mich höchstens bewusstlos gemacht", sagt er und klingt wütend.
"Und du denkst das hätte irgendwem von uns was gebracht? Es ist mir egal was ich deiner Meinung nach hätte tun sollen. Feuerlord hin oder her, ich treffe meine eigenen Entscheidungen und ich weiß was ich tue. Niemals würde ich Aang in eine Situation bringen, bei der ich nicht zu hundert Prozent wüsste, dass er sie bewältigen würde", sage ich lautstark.
"Wir sollten uns nicht streiten. Du hast Recht", gibt Zuko zu.
Ich entspanne mich langsam wieder und setze mich neben ihn, lasse aber eine Lücke.Meine Gedanken sind bei Aang, denn ich habe ihn in Gefahr gebracht, auch wenn ich Zuko und mir einrede, dass er jeder Situation Stand halten kann.
Die Lücke, die ich größten Teils aus schlechtem Gewissen gelassen habe, bleibt nicht lange bestehen.
Zuko rückt an mich und deckt uns beide zu.
Erschöpft lehne ich meinen Kopf an seine Schulter und sage: "Was sind das bloß für Leute?"
Zuko antwortet nicht sofort, sondern greift nach meiner Hand.
Ich genieße die Berührung, denn seine Hand ist warm.
"Die wollten ganz schön viel über Republika wissen", rätselt Zuko laut vor sich hin, "und ich glaube von einer Bewegung gehört zu haben, die von dieser Idee nicht begeistert zu sein scheint."
"Aber warum?", frage ich ernsthaft erstaunt, denn Republika bietet so viele Möglichkeiten.
"Ich weiß es nicht. Ich hab den ganzen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, aber wir werden es herauszufinden und etwas dagegen unternehmen", sagt Zuko mit so viel Überzeugung, wie nach solch einem Tag noch da sein kann.
Danach sagt keiner von uns mehr etwas und nach einiger Zeit spüre ich, dass Zuko eingeschlafen zu sein scheint.
Die rhythmische Bewegung seiner Atmung hilft mir dabei, auch etwas Ruhe zu finden und so fallen auch mir irgendwann die Augen zu.
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Sol et Luna
FanfictionDer Krieg ist zu Ende und eine vielversprechende Zukunft liegt vor Team Avatar. Aber etwas Unausgesprochenes ist noch lange nicht vergessen und nicht jeder ist zufrieden mit den Plänen der neuen Welt.