Warten

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Ahsoka

"Es nervt! Dieses ewige Warten! Es kotzt mich sowas von an!", komisch, dass mir das jetzt erst auffällt. Obwohl wir schon eine ziemlich lange Zeit warten. In jedem Sinne.

"Komm schon, Liebling, wo ist dein Enthusiasmus hin?"

Ja, Enthusiasmus. Das Zeichen unseres kleinen Unternehmens und wahrscheinlich der einzige Grund, weshalb wir noch lange nicht ohne Schiff durch das All schwebten, ohne Kopf auf einem stinkenden Planeten begraben lagen (falls man sich überhaupt die Mühe gemacht und uns unter die Erde gebracht hätte), oder von diesem Starkiller verstümmelt und von einem Hochhausdach geschubst worden waren. Der Enthusiasmus, der dieses dämliche Warten erst möglich machte.

"Er meldet sich schon noch." Was Lux meinte, war eine Nachricht. Ja, gut, auf die wartete ich auch, aber nach Jahren im alten Jedi-Orden und dann an Anakins Seite, waren Geduldsproben wie diese hier eine meiner leichtesten Übungen.

Und das wusste sogar Lux. Er wusste sogar, dass ich eben nicht von der bevorstehenden Mission gesprochen hatte, sondern von der Situation, in der wir seit nunmehr achtzehn Jahren steckten. Nämlich dem Warten auf diese Hoffnung, die uns Obi-Wan versprochen hatte. Wie immer die wohl aussehen mochte.

Ich kam mir vor wie ein alter Soldat, den ich einmal kannte - Rex war sein Name -, wenn er vor seinem Zelt saß und gedankenverloren in die sterbenden Flammen des einzigen Feuers starrte, als ich jetzt meine alberne Dose alkoholfreiem Zigeunerbier an die Lippen hob, während wir irgendwo zwischen Alderaan und Kattada im Nichts schwebten und warteten.

Manchmal hatte ich das Gefühl, ich war die einzige, die alles wusste. Ich wusste, wer überlebt hatte. Ich wusste sogar, wer Vaders geheimer Schüler Starkiller in Wirklichkeit war, ich wusste sogar, wer Vader in Wirklichkeit war. Und doch interessierte es niemanden. Nicht einmal mich. Denn ich konnte damit nichts anfangen.

Der Holoprojektor schaltete sich ein und das verschwommene blaue Bild eines Mannes in eleganter Robe erschien flackernd auf dem Pad.

"Organa für Twilight, Ahsoka, kannst du mich hören?"

So schnell, wie ich das Bier sinken ließ und es beinahe verschüttete, konnte ich kaum glauben, dass ich den größten Teil meines Enthusiasmuses schon über Bord geworfen hatte.

"Ja, Bail, laut und deutlich. Was ist rausgekommen?"

"Immer noch nichts... sie streiten immer noch darum, ob sie es öffentlich machen wollen, oder nicht. Hör' zu, wollt ihr zwei nicht vorbei kommen? So... zum Tee?", fragte der Senator. So wie das klang, hörte es sich nach alten Freunden an, und ich war mir sicher, dass wir das auch auf irgendeine Weise waren, aber ich wusste, was das in Wirklichkeit hieß. Er hatte eine Nachricht an einen der Überlebenden Jedi. Doch selbst durch das Hologramm konnte ich spüren, wie er mit sich haderte, ausgerechnet uns diesen Auftrag zu erteilen.

Stirnrunzeld bejahte und beendete ich das Gespräch und sah Lux an. "Was er bloß vor hat...?"

Mein Ehemann sah mich einige Sekunden zu lang an. Dann lehnte er sich aus dem Pilotensitz hinüber zu mir und drückte mir einen kleinen Kuss auf die Lippen. "Hör' auf, die Stirn zu runzeln, Enthusiasmus steht dir deutlich besser als Sorgen."

"Danke für die Blumen, du Spinner", meinte ich, aber er hatte gewonnen, die Falten waren weg. Und als ich mein Gesicht in der spiegelnden Frontscheibe der Twilight sah, gab ich ihm Recht, denn dem fast verheilten Schnitt durch die linke Augenbraue (Okay, das Tattoo, das eine Augenbraue sein sollte), tat es sicher nicht besonders gut, wieder aufgerissen zu werden.

Nachdenklich betrachtete ich die Frau im Spiegel. Lange Lekku umrahmten das orangefarbene Gesicht, dessen Linien durch das Glas leicht verzerrt waren. Die Macht hielt mich stark und jung. Aber das, was ich gelernt hatte, konnte man deutlich in meinen Augen leuchten sehen.

Ich fand, dass ich nicht besonders aussah, wei eine Jedi, die frühzeitig den Orden verlassen hatte, um noch einmal neu anzufangen. Vermutlich hatte mich das damals gerettet. Nachdenklich fuhr sich die Frau im Spiegel über den linken Lekku und spielte mit der kaum noch sichtbaren Narbe an der Spitze.

"Denkst du an ihn?", fragte Lux. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie wir bereits in die Nähe Alderaans gelangt waren. Aber um unauffällig landen zu können, mussten wir uns langsam durch die Reihen von Handelsschiffen des Imperiums schieben. Deshalb konnte das noch eine kleine Weile dauern.

Ich sah ihn an. Seine zerwuschelten, dunklen Haare, das Ende einer Brandnarbe, die unter der Augenklappe auf seiner rechten Gesichtshälfte hervorlugte, die ihn jedoch weder unattraktiv machte, noch im Kampf behinderte, die hohen Wangenknochen, die ihn zeitweise unerträglich arrogant wirken ließen, und die zahlreichen Rüstungsteile an seiner muskulösen Gestalt... Er sah aus, wie ich mich fühlte. Vom Kampf gezeichnet, gelehrt, aber nicht unterzukriegen. Das Warten all die Jahre lohnte sich. Und wir waren ja nicht tatenlos in der Zwischenzeit.

"Ja...", ich dachte an ihn. Sehr oft in letzter Zeit. Aber definiere 'oft' oder 'letzte Zeit', denn eigentlich gab es kaum eine ruhige Minute, in der ich mal nicht an ihn dachte. Ihn...

"Er ist nicht tot", flüsterte Lux, als wolle er mir Mut machen. "Er macht nur Pause."

Damit griff er auf meine Beschwerde über die Wartezeit zurück, denn ich wusste ganz genau, auf was wir warteten, und er tat es auch. Auf was die ganze Galaxie wartete. Zumindest der Teil, der noch nicht vergessen hatte, dass die Hoffnung eigentlich in dem Mann liegen sollte, der jetzt alle tyrannisierte. Und der Teil, der unermüdlich dagegen ankämpfte, diese Hoffnung sterben zu lassen. Der Teil, der voller Enthusiasmus wartete und niemals aufhörte, zu hoffen.

Star Wars - Kampf der letzten HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt