Twilight ★ Seongsang [Texting]

•Twenty-Nine|Seonghwa•

Seonghwa

Widerwillig saß ich in meinem Klassenzimmer fest und kritzelte etwas auf einem Blatt herum. Die ganze Zeit hatte ich nach Yeosang Ausschau gehalten und als ich ihn dann auch endlich entdeckt hatte, hatte ich mich nicht ganz getraut, zu ihm zu gehen. Zwar hatte ich dem Jüngeren einige Nachrichten geschrieben, aber nie eine Antwort erhalten und das ließ mich nur noch schlechter, als auch unwohler fühlen. Hatte ich wirklich so viel Schreckliches angerichtet? War ich wirklich so ein schlechter Mensch geworden und hasste mich Yeosang nun endgültig?

Schwer seufzte ich einmal auf und starrte dann auf die Uhr, wartete darauf, endlich von hier wegkommen zu können. Eigentlich hatte ich vorgehabt, heute mal beim Chor vorbeizuschauen, damit ich Yeosang beim Singen zuhören konnte. Schon die ganze Zeit interessierte es mich, wie seine Stimme wohl so klingen mochte. Auf der Party hatte ich sie zwar genug gehört und das, was ich gehört hatte, war wundervoll gewesen... doch wollte ich irgendwie mehr von ihm hören, aber nicht auf eine zweideutige Weise.

Als der Lehrer sich dazu entschieden hatte, etwas drucken zu gehen, sah ich meine Chance und stand sofort auf. Verwirrt schaute San zu mir und legte dabei leicht seinen Kopf zur Seite, jedoch verschwand ich, ohne etwas zu sagen. Meinen Rucksack nahm ich dabei mit und verließ dann schnell das Klassenzimmer, um zum Chor kommen zu können. Ich hoffte inständig darauf, dass Hwanwoong und Seoho sich auch daran hielten und den Jüngeren endlich in Ruhe ließen. Das wäre für alle Beteiligten besser und wenn sie es nicht taten, dann würden sie mich erst richtig kennenlernen.

Langsam lief ich den Flur entlang und schaute mich dabei nach meinem Lehrer um, hoffte, dass er mich nicht erwischen würde, bis ich laute Geräusche aus einem Raum hörte und dadurch irritiert stehen blieb. ,,Wenn du jetzt gehst, bist du nicht länger Teil unseres Chors!" Mit großen, perplexen Augen erkannte ich Yeosang, der mit schnellen Schritten den Raum verließ. Irgendetwas war vorgefallen und mein Gefühl sagte mir, dass es etwas mit diesem Solo zutun haben musste. Hatte ihm etwa wieder jemand seinen Part weggenommen? Wie scheiße war bitte dieser Lehrer?

Aber darüber konnte ich nicht länger nachdenken, sondern hetzte Yeosang nach. Nur ungern wollte ich ihn alleine lassen, so verletzt und traurig. Mit ansehen wollte ich es nicht, konnte es noch weniger. Das tat mir selbst im Herzen weh und durch die Nacht, die wir gehabt hatten, war er vermutlich sowieso nie gut drauf gewesen. ,,Yeosang!", rief ich darum laut und versuchte, ihn einzuholen. Dieser zuckte vor Schreck einmal zusammen, hatte mit meiner Stimme nicht gerechnet und beschleunigte dabei seine Schritte nur mehr. Mir war bewusst, dass er mich vielleicht nicht sehen wollte. Nicht, wenn er so verletzt und schwach war, aber mir war das egal. Ich würde ihn nicht sitzen oder alleine lassen, warum auch? Niemand konnte für immer stark sein. Schwäche zu zeigen war  völlig okay.

Recht bald hatte ich Yeosang nun eingeholt und hielt ihn an seinem Handgelenk fest. Sofort wollte er sich von mir lösen und zerrte an seinem Arm, aber ich ließ es nicht zu und drehte den Jüngeren mehr zu mir. ,,Lass mich in Ruhe", zischte er laut, aber ich konnte hören, dass er dennoch verletzt war. Vermutlich von mir oder dem Chor. Vielleicht war es aber auch beides. Doch dann erinnerte ich mich an Sans Worte und wusste, dass ich ihn nicht gehen lassen durfte. Sonst würde ich niemals das retten können, was ich zerstört hatte.

,,Nein... Dir geht es nicht gut und ich lasse dich ganz gewiss nicht alleine", erwiderte ich mit einer deutlich ruhigeren Stimme und vorsichtig zog ich den Jüngeren nun in meine Arme. Sofort spannte er sich an, wollte sich von mir befreien und wehrte sich gegen die Umarmung, aber je länger ich ihn festhielt, desto schwächer wurde sein Widerstand, bis er ganz fiel. Erleichtert atmet ich kurz durch und drückte ihn mehr an mich heran.

Auch wenn wir gerade nicht über diese Nacht sprechen konnten, so konnte ich jetzt wenigstens für ihn da sein.