•Fourty-One|Seonghwa•

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Seonghwa

Wie lange Yeosang und ich in der Bibliothek saßen, wusste ich nicht. Noch immer hielt er mich fest in seinen Armen, bis ich irgendwann entschlossen hatte, ihn auf meinen Schoß zu ziehen, damit es ihm nicht zu anstrengend mit dem Stehen wurde. Vielleicht war das auch nur ein Aufwand, damit ich mein Zittern unter Kontrolle halten konnte, denn dass es so lange anhalten würde, hatte auch ich nie wirklich gewusst oder bemerkt. Aber es tat gut. Es hatte mir gut getan, endlich wieder mit jemandem darüber zu sprechen und Gewissheit zu haben. Ständig hatte ich Angst davor, dass mich jemand verurteilen würde, wenn er es erfahren würde.

Doch Yeosang hatte mir bewiesen, dass es nicht unbedingt so enden musste.

Dieser Junge war wirklich besonders und ich konnte einfach nicht anders, als ihm Stück für Stück immer mehr mein Herz zu schenken. Natürlich würde nicht sofort alles klappen, es würde vielleicht wieder holprig werden, aber so war das Leben. Was zählte, war genau dieser Moment gerade, der so viel Innigkeit zwischen uns beiden bewies. Irgendwann hatten wir angefangen, uns an den anderen zu gewöhnen und seine Charakterzüge zu verstehen. Es war eine gute Idee gewesen, die Nummer von San zu holen, da ich es mich selbst nie getraut hätte und so, wie ich Yeosang nun kannte, hätte er sie mir so oder so niemals freiwillig gegeben.

Irgendwie war ich doch froh darüber, wie es jetzt gekommen war.

,,Lässt du mich irgendwann auch mal los?", fragte mich Yeosang nach einer Weile gespielt genervt und leise kicherte ich, vergrub mein Gesicht mehr an seinem Hals und schüttelte dann einfach den Kopf. Er war wirklich verdammt süß und ich konnte einfach nicht verstehen, wie ihm andere früher hatten wehtun konnten. Yeosang war zwar sehr direkt und manchmal konnte das wirklich verletzend sein, aber das machte ihn noch lange nicht zu einem schlechten Menschen, ganz gewiss nicht. Diese Eigenschaften, am meisten seine Ehrlichkeit, waren doch gerade das, was ich so faszinierend an ihm fand. Schon von Anfang an hatte es mich interessiert und ich wollte mehr von ihm erfahren. Letztendlich war alles etwas anders gekommen, aber nur, weil der Weg sich änderte, musste es nicht gleich heißen, dass sich auch das Ziel ändern würde.

,,Ich weiß, dich das zu fragen ist vielleicht nicht ganz schlau, aber...", fing ich unsicher an und hob nun meinen Kopf, damit ich den Jüngeren anschauen konnte. Da er auf meinem Schoß saß, war er gerade einen Kopf größer, weshalb ich leicht meinen Kopf in den Nacken legen musste. ,,Würdest du mit mir gleich ein Eis essen gehen? Ich will wirklich nicht in den Unterricht, da ich mich sicherlich nicht konzentrieren könnte..." Kaum hatte ich ausgesprochen, fühlte ich mich sofort schlecht und auch etwas schuldig. Ich empfand es als unfair, ihn das zu fragen, da es immerhin nur so kam, weil ich mich schlecht fühlte.

Auch Yeosang schien nun etwas unsicher zu sein und antwortete mir darum erst einmal nicht. Nachdenklich sah er auf unsere Hände, die wir irgendwann miteinander verschränkt hatten und betrachtete den kleinen Größenunterschied, den wir hatten. Es war nicht viel, aber klar sichtbar, dass meine Hände ein kleines Stückchen größer waren als seine. Vermutlich passten sie deswegen so perfekt zusammen. Sie waren wohl aufeinander abgestimmt und es sollte so sein, dass nur unsere Hände passten und keine anderen. Leicht lächelte ich nun und hob seine Hand etwas an. Irritiert beobachtete das Yeosang und weitete gleich darauf seine Augen, kaum hatte ich einen sanften Kuss auf seinem Handrücken platziert.

,,Entschuldige die Frage. Du musst nicht mitkommen, wenn du nicht willst. Schule ist sowieso wichtiger und–"

,,Ich komme mit. Aber du zahlst, damit das klar ist."

Twilight ★ Seongsang [Texting]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt