Kapitel 9: Die Bar HOMRA

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Mittlerweile war es Freitag, Suzume war bereits wieder zu Hause und schaute mit den anderen einen Film. Ich dagegen saß im Schlafzimmer am Fenster und beobachtete die Wolken. In zwei Stunden würden wir uns mit Kusanagi-san treffen. Laut den anderen, war er in Ordnung, aber vor einer Begegnung mit Suoh-san hatte ich schon Angst. Zwar war seit dem Vorfall am Bahnhof nichts mehr passiert, aber das änderte ja nichts daran, dass der Mann und seine Bande gefährlich waren. Die letzten Tage waren also ruhig und ich konnte lernen. Naja, ich hatte Zeit, es zu versuchen. Die Wohnung war zwar still, weil Ayame sich auf den Abschluss an der Universität vorbereitete, Suzume bis Nachmittags arbeitete und Namiko laß, aber mein Verstand wollte sich einfach nichts einprägen. Ständig schweiften meine Gedanken ab und das frustrierte mich. Wieso musste ich die ganze Zeit an Munakata-san denken? Unsere erste Begegnung, als ich mich verlaufen hatte, der Unfall auf der Treppe, als er mir plötzlich so nah war, und seine warmen Hände um mein Handgelenk, als er mich vor der Tischplatte bewahrt hatte. Das alles wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen und ich fragte mich, ob er auch - wenigstens manchmal - an mich dachte. Ich für meinen Teil, wollte ihn wiedersehen, mit ihm reden und ihn einfach kennenlernen. Nein, was war nur los mit mir? Ich gehörte nicht nach Tokyo, nach Shizume City. Mein Zuhause war nicht hier und in einem Jahr würde ich auch wieder dort sein, also was sollte das? Es war einfach eine total schlechte Idee, mich hier zu verlieben. Wenn das nur so einfach getan wäre... Plötzlich kam jemand rein. Ich drehte mich um und sah Ayame in der Tür stehen.

"Zieh dir was anderes an. Wir gehen gleich los", sagte sie mir Bescheid, während sie sich andere Klamotten schnappte und mit diesen wieder verschwand.

Im Moment trug ich einen dunkelroten Jumper und eine graue Jogginghose. So konnte ich wohl kaum rausgehen. Ich seufzte. Dann musste ich mich wohl umziehen. Statt der Jogginghose zog ich mir eine Jeans an und als Oberteil entschied ich mich für ein türkises Shirt. Bei einem Blick auf die Uhr, stellte ich dann fest, dass eine Jacke nicht schlecht wäre. Also holte ich eine schwarze Jacke, die wasserfest aussah es aber nicht war, aus dem Koffer. Hoffentlich regnete es nicht. Mit der Jacke unter dem Arm kam ich ins Wohnzimmer und griff nach meiner kleinen Handtasche, in der ich glücklicherweise einen Regenschirm fand. Suzume und Namiko waren schon angezogen und warteten mit mir im Flur auf Ayame. Als diese aus dem Bad kam, stürmte sie schon fast an uns vorbei, als sie nach der Jacke und ihren Schuhen griff. Die Schuhe standen in einem Ständer direkt hinter der Tür. Wir anderen hatten unsere schon an.

"Wer hat alles einen Schlüssel dabei?", fragte sie, als sie fertig war.

Suzume zeigte auf.

Ayame nickte und griff nach ihrem Schlüssel. "Okay, ich auch einen mit, dann haben wir zwei. Los geht's!"

Wir folgten ihr nach draußen und Ayame schloss hinter uns ab. Den Weg zum Treffpunkt legten wir zu Fuß zurück. Wie immer, wen wir unterwegs waren, gab ich mir Mühe, mir den Weg zu merken. Wenn die ganzen Hochhäuser sich nur mehr voneinander unterscheiden würden. Nachdem wir lange gelaufen waren, blieben meine Freundinnen plötzlich stehen. Wir standen vor einer Bar. >HOMRA< stand auf dem Schild über der Tür. Suzume ging auf die Tür zu und drückte sie auf. Während die anderen sofort folgten, zögerte ich kurz, bevor ich auch die paar Stufen nahm und durch als letzte durch die Tür lief. Es war eine kleine Bar mit Zimmerpflanzen und einem Sofa, vor dem ein weißer Tisch stand. In seiner Nähe stand ein Spielautomat. Bis auf das Aquarium zu meiner Rechten entdeckte ich nichts Ungewöhnliches. Aber trotzdem war die Atmosphäre gemütlich.

"Hallo", begrüßte der Barkeeper uns lächelnd, während er ein Glas polierte. Er trug eine Brille mit dunklen Gläsern und hatte hellbraune Haare. Sein Hemd war weiß und die Krawatte rot. Sein Blick fiel auf mich. "Wagner-san?", fragte er.

"Ja", antwortete ich unsicher.

"Ich bin Kusanagi Izumo", stellte er sich vor.

"Klara Wagner", murmelte ich immernoch unsicher. Er war so freundlich und plötzlich fühlte ich mich schlecht, weil ich so verklemmt war.

"Freut mich."

"Komm!" Ayame nahm mein Handgelenk und zog mich auf einen der Hocker. Sie setzte sich neben mich. Der andere Platz neben mir blieb frei.

"Ich hoffe, du hast dich nicht zu sehr geärgert, Suzume-chan", sagte Kusanagi-san.

"Ich war stinksauer. Kann Suoh-san denen nicht sagen, dass sie das lassen sollen?", antwortete sie fast ein wenig verärgert.

"Selbst wenn er das tun würde, würde es wahrscheinlich nichts bringen." Er zuckte seufzend mit den Schultern und stellte das Glas in das Regal hinter ihm.

"Er sollte es wenigstens versuchen", nuschelte Suzume.

"Ich glaube, er denkt nicht mal daran!", rief jemand durch den Raum.

Sofort flogen alle Blicke zur Tür in einer hinteren Ecke des Raums. Dort stand ein Mann in meinem Alter. Hellbraune Haare, braune Augen und ein weißes Shirt. Außerdem schien er gute Laune zu haben. Hinter ihm stand ein Mädchen mit langen weißen Haaren und einem Kleid im Gothic Style. Sie schaute eher ausdruckslos zu uns.

"Seid vorsichtig, okay?", bat Kusanagi-san sie.

Doch der Mann ging nicht zur Tür, sondern kam auf uns zu. Ich folgte ihm mit meinem Blick, bis er hinter beziehungsweise vor mir stand. Sein Lächeln war breiter als Kusanagi-sans und strahlte.

"Ich bin Totsuka Tatara. Und du?"

"Klara Wagner", erwiderte ich lächelnd. Mein Blick fiel auf das Mädchen. "Und wer ist sie?"

"Kushina Anna", stellte sie sich selber vor und betrachtete mich durch eine rote Murmel.

Ich versuchte, das zu ignorieren und wendete mich wie and Totsuka-san. Doch bevor ich etwas sagen konnte, flog die Tür auf. Meine Freundinnen fuhren herum. Ein Junge mit Skateboard und Baseballschläger stand in der Tür. Der hat wahrscheinlich bloß Baseball gespielt, kein Grund zur Panik, redete ich mir ein, damit ich nicht hinter die Theke sprang. Doch am Ende gab es nicht mal einen Grund zur Panik. Er beachtete niemanden im Raum und stapfte schlecht gelaunt durch die andere Tür. Kusanagi-san schüttelte nur den Kopf.

Totsuka-san seufzte. "Ich gehe besser mal nach ihm sehen", meinte er und folgte ihm. Das Mädchen, also Anna-chan, folgte ihm auch.

Nachdem die beiden den Raum wieder verlassen hatten, unterhielten wir uns noch lange. Suzume gab uns eine Runde aus, aber wir nahmen sowieso alle nur Wasser. Kusanagi-san fragte, wo ich herkam, warum, wie es bei mir Zuhause so war, ob ich Shizume City mochte. Das einzige, was ich bei Sonnenuntergang von ihm wusste, waren sein Name, sein Alter, wo sie herkamem und dass er ledig - kein Ring am Finger. Dafür konnte er wahrscheinlich schon eine Biographie von mir schreiben.

"Was macht eigentlich Awashima-san?", fragte Suzume.

Kusanagi-san seufzte. "Ich weiß einfach nicht, wie ich es ihr sagen soll."

Suzume nickte. "Verstehe."

"Und wie läuft es bei euch so?", fragte er uns.

Suzume und Namiko schüttelten den Kopf.

"Ich glaube, Klara könnte mir zuvorkommen", antwortete Ayame und warf mir einen Blick zu.

"Woher willst du das wissen?", rief ich plötzlich. "Ich meine..." Verlegen schaute ich zur Seite. "Ja, da gibt es jemanden für den ich mich interessiere."

"Viel Glück", meinte Namiko. Man hörte ihr an, dass sie wenig Hoffnung diesbezüglich hatte.

Kusanagi-san schmunzelte. "Darf ich wissen, über wen ihr redet?"

Ich schüttelte den Kopf, aber zu spät.

"Munakata-san", antwortete Suzume.

Plötzlich war Kusanagi-san still. Zuerst dachte ich, dass er überrascht davon war und er ihn kannte, dann aber bemerkte ich, dass er jemanden hinter uns anschaute. Umdrehen musste ich mich allerdings nicht, denn der Rothaarige setzte sich auf den Platz neben mir.

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Endlich! Ich schreibe weiter! Hoffentlich kann ich es diesmal auch bis zum Ende durchziehen und brauche nicht nochmal eine Pause. Wir sehen uns im nächsten Kapitel oder in den Kommentaren 🙋🏻‍♀️

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