California (Hardin Scott)

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Um zu realisieren, dass für mich nun ein völlig anderer Lebensabschnitt, weit weg von meinen Eltern, meinen Geschwistern und meinem besten Freund Nate, beginnt, brauche ich bis das Flugzeug auf der Landebahn des riesigen Flughafens von Los Angeles aufsetzt und wenige Minuten später zum Stehen kommt.

Meine Mom sieht abwechselnd Joshua, meinen zwölfjährigen, kleinen Bruder, und mich an und ist vermutlich genauso aufgeregt wie ich. Leider konnten Dad und meine kleine Schwester Liz uns nicht begleiten, weil die Kleine sich eine Grippe eingefangen hat und seit zwei Tagen mit Fieber im Bett liegt, weswegen Dad mit ihr Zuhause in Brunswick geblieben ist. Die beiden hätten sich mindestens genauso sehr darüber gefreut, nach drei Jahren mal wieder hierher zu kommen. 

Als wir etwa eine halbe Stunde später die Passkontrolle durchlaufen sind und Mom sich gerade auf den Weg zu In 'n' Out Burger in der Empfangshalle macht, um für uns alle etwas zum Mittagessen zu besorgen, warten Joshua und ich in der gigantischen, benachbarten Halle auf meine Koffer. Da Mom morgen wieder arbeiten muss und sie noch heute Abend abreisen, haben die zwei nichts weiter mitgenommen, als einen kleinen Rucksack. Wir sichern uns gerade einen Platz in der ersten Reihe vor dem Gepäckband, als eine Durchsage ertönt.

"Wegen technischen Schwierigkeiten verzögert sich die Gepäckausgabe der Fluggäste der Linie 0542 von Columbus CHM nach Los Angeles um circa zehn Minuten. Wir bitten um Verständnis."

Joshua stöhnt und setzt sich, so wie viele andere Wartende auch, auf den metallisch glänzenden Rand des Gepäckbands. Ich wuschele ihm durch seine blonden Locken, die er genauso wie ich von Mom geerbt hat. Liz ist die einzige von uns, die eher nach unserem Dad kommt. 

"Ich werde dich vermissen, Haylie. Wem soll ich denn jetzt meine Texte für die Theater-AG vorsprechen und mit wem soll ich Just Dance spielen?"

Ich setze mich neben meinen Bruder und nehme ihn in den Arm.

"Mom und Dad würden deine Texte bestimmt auch gerne hören und ich bin sicher, dass Lizzie für mich einspringen wird, bis ich in den Semesterferien nach Hause komme! Ich werde dich auch vermissen, Joshy."

Gerade als ich ihn noch einmal umarmen möchte, kommt Mom mit zwei weißen Tüten, die das Logo von In 'n' Out Burger  ziert, auf uns zu.

"Das hätten wir. Ich würde aber vorschlagen, dass wir dann in Ruhe essen, wenn wir im Wohnheim sind und Haylies Zimmer gefunden haben.", sagt sie lächelnd und verstaut die Tüten in ihrem Rucksack.

Wir nicken beide und stellen uns wieder hin, als aus den Lautsprechern die Durchsage ertönt, dass das Gepäck unseres Fluges als nächstes kommt. Ich richte den Blick konzentriert auf das Gepäckband und warte auf meine beiden, himmelblauen Koffer, als ich plötzlich eine Stimme hinter mir wahrnehme.

"Haylie?!"

Ich drehe mich um und staune nicht schlecht, als Mason Williams, ein Junge, mit dem ich von der Grundschule an bis zu unserem Sophomore Year immer in einer Klasse gewesen bin, vor mir steht. Er ist in Brunswick aufgewachsen, doch im Sommer vor der elften Klasse ist seine Familie nach Columbus gezogen. Seitdem habe ich ihn nie wieder gesehen und nichts mehr von ihm gehört.

"Mason!", sage ich völlig überrascht und erwidere seine Umarmung.

"Was für eine Überraschung, ihr habt euch doch seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen! Was machst du hier, Mason?", fragt meine Mom lächelnd.

"Naja, die Sommerferien sind vorbei und am Montag beginnt mein fünftes Semester. Ich muss noch einen Aufsatz fertig schreiben und da meine Eltern gestern in den Urlaub gefahren sind, dachte ich, ich komme schon vor dem Wochenende zurück!"

"Das ist ja toll! Grüß deine Eltern unbedingt von uns, wenn du das nächste mal mit ihnen sprichst!"

Meine Mom tippt mich an und deutet auf das Gepäckband, das gerade meinen Koffer in unsere Richtung fährt.

"Auf welches College gehst du denn?", frage ich und ziehe nebenbei den ersten meiner zwei Koffer vom Band herunter.

"Auf die State University in Long Beach!", antwortet er lächelnd und holt sich nun ebenfalls sein Gepäck.

"Oh mein Gott, da gehe ich auch hin! Also ab Montag zumindest, wenn die Einführungswoche für die Erstsemester beginnt."

"Niemals! Das ist echt der beste Zufall, der mir seit Monaten passiert ist!", lacht Mason und legt seinen Arm um meine Schultern.

"Williams, beeil dich!", ruft auf einmal jemand vom Ausgang der Halle aus.

Dort stehen drei Jungs, die etwa in unserem Alter sind. Einer von ihnen trägt ein CSULB-Shirt und ich vermute, dass es Kommilitonen und Freunde von ihm sind.

"Na gut, ich muss wieder los. Wir sehen uns auf dem Campus!", sagt er lächelnd und verabschiedet sich höflich von uns allen, bevor er nach seiner Reisetasche greift und zu seinen Freunden rennt.

Indessen warten wir auf meinen zweiten Koffer und machen uns dann ebenfalls auf den Weg nach draußen, wo bereits ein Taxifahrer mit einem Schild, auf dem "Johnson Family" steht, auf uns wartet und uns wenige Minuten später bis zum Campus fährt.