Kapitel 1: Sabrinas Gedanken

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Ich erwachte früh am Morgen in einem der Schlafsäle der Akedemie der unsichtbaren Künste, jedoch ungewollt durch das leise Tuscheln dreier mir gut bekannten Mädchen. Ich blinzelte ein paar Male und unterdrückte ein Gähnen, während ich die Unheimlichen Schwestern auf Prudences Bett in einem Dreieck sitzen sah. Sie flüsterten zwar miteinander, doch die Stille im Saal machte es ihnen möglich, trotzdem jemanden mit dieser Lautstärke zu wecken.
"Sie sind aus Frankreich", sprach Agatha gerade mit einem aufgeregten Grinsen im Gesicht. "Das ist mal etwas Neues. Austauschschüler?", hörte ich nun Prudence interessiert fragen, worauf es keine hörbare Antwort gab, doch ich malte mir ein Schulterzucken aus. Die Anführerin der Drei erhob sich nach einiger Zeit vom Bett und meinte: "Wir wollen sie begrüßen. Kommt mit." Dorcas und Agatha folgten der Älteren mit einem Nicken, während ich ihnen hinterhersah. Wer war mit 'sie' gemeint? Scheinbar waren es neue Schüler an der Akadamie, von denen ich nichts wusste. Sie waren aus Frankreich, hm?
Ich rang mich aus dem Bett und wechselte meine Klamotten neugierig, mir noch schnell mit einer Bürste durch die unordentlichen Haare fahrend, bis sie akzeptabel aussahen, ehe ich mich endlich auf den Weg hinaus machte, den Unheimlichen Schwestern hinterher.
Bald stand ich am Rande der Eingangshalle, hatte dabei jedoch einen guten Blick auf das Geschehen vor mir. Ich konnte erkennen, dass dort um die Dutzend Personen standen, deren Gesichter ich zuvor noch nie gesehen hatte. Vor ihnen war Pater Blackwood, etwas abseits befanden sich Prudence, Agatha und Dorcas, die die Fremden mit höflichen, aber freundlichen Blicken betrachteten.
Mit Blackwood unterhielt sich gerade ein in rot gekleideter, junger Mann, der eine recht seriöse Aura ausstrahlte und mit Ernst im Blick sprach, als hätte er dies schon vor vielen Tagen vorbereitet. Seine Stimme gab einen angenehmen Ton von sich, der jedoch auch dazu aufforderte, ihm zuzuhören und ich ließ mich für eine Weile in den Bann hineinziehen, obwohl das Gespräch nicht für meine Ohren bestimmt war. Weiterhin analysierte ich jedoch sein Aussehen; lockige, blonde Haare, ein makellos erscheinendes Gesicht und Respekt verlangende, blaue Augen, die sich nicht von Faustus abwandten. Er trug eine rote Lederjacke, darunter sah ich einen helleren Stoff, sowie eine schwarze Hose und dazupassende dunkle Schuhe. Sein Aussehen erinnerte er mich etwas an Dorian Gray, der Dorian's Gray Room besaß. Wenn ich nach seinem ersten Auftreten beurteilen müsste, würde ich sagen, er war ein ernster Anführer, dem man nicht einfach widersprechen sollte.
Mein Blick fiel nun auf eine in Grün gekleidete Person mit einer Flasche in der Hand, die scheinbar so gut wie möglich versteckt wurde, die eher am Rand stand. Er betrachtete den Anführer aus seinen grün-blauen Augen mit einem leicht enttäuschten Lächeln, dessen Grund ich jedoch nicht kannte. Der Mann hatte dunkle, schwarze Locken auf dem Kopf, die möglicherweise etwas Pflege vertrugen. Er trug einen einfachen, grünen Pullover, an den Beinen eine dunkelgraue Hose und seine Füße waren bedeckt von schwarzen Schuhen. Im Gegensatz zu dem ersten der Gruppe, den ich besehen hatte, war er schlicht gekleidet und etwas abwesend. Die Sache schien ihn nicht sonderlich zu interessieren, sein Blick ruhte weiterhin auf dem Roten. Mir schien er wie ein fauler Typ, der in Gruppenarbeiten nicht mitarbeitete und stattdessen Tonnen von Alkohol trank. Nicht besonders attraktiv.
Nun sah ich einen weiteren Mann an, der eine Brille trug und eine Tasche um die Schulter trug, aus der einige Bücher zu sehen waren. Mir erschien er eigentlich wie eine recht sympathische Person, mit der man gut reden konnte und einem möglicherweise bei schweren Aufgaben helfen könnte.
Neben ihm und hinter dem Rotbekleideten befand sich ein um ehrlich zu sein ziemlich gut aussehender junger Kerl. Seine halbwegs lockigen, dunklen Haare passten zu seinem Aussehen und bestimmt zog er ziemlich viele Mädchen an, vielleicht auch Jungs. Er sollte sich vor den Unheimlichen Schwestern in Acht nehmen.
Etwas hinter den Vieren stand eine junge Person mit langen, roten Haaren, der den Anschein brachte, nicht wirklich Interesse an weiblichen Wesen zu finden. Man könnte sich mit ihm sicher gut befreunden.
Neben ihm stand ein glatzköpfiger Mann, der vom ersten Hinsehen eher höflich schien. Durch seinen haarlosen Kopf hob er sich von den anderen ziemlich ab.
Auf seiner Seite wartete ein leicht grinsender Typ das Gespräch ab. Er schien wie eine lustige Person, mit der man dumme Gespräche führen konnte.
Ein einfach gekleideter Junge, der nur einen schon älteren Pullover und eine zerlöcherte Hose trug, stand ebenfalls da und lächelte etwas.
Der letzte der Hintenstehenden hatte mehrere Schichten dicker Klamotten an und blickte ständig herum, als könnte ihn jederzeit ein wildes Tier anfallen. Was auch immer war, er würde wahrscheinlich nicht alleine in der Wildnis überleben.
An der Seite stand neben einem blonden, langhaarigen, verwöhnt wirkenden Mädchen mit blauen Augen ein braunhaariger Mann, dessen Gesicht mit Sommersprossen bedeckt war. Er lächelte etwas und hielt die Hand des Mädchens, während ein anderes eher im Hintergrund stand und sie beobachtete. Ihre dunklen Haare gingen ihr bis unter die Brust. Sie schien ziemlich geheimnisvoll, aber sympathisch.
Plötzlich wurde ich aus meinen Analysen gerissen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte und aufschreckte. "Ambrose!", rief ich fast laut aus und holte tief Luft, der andere grinste mich nur entschuldigend an. "Tut mir leid, Cousinchen. Wie ich sehe, hast du von den Neuen auch schon Wind bekommen? Sie sind aus Frankreich hier hergereist, um die Akademie zu besuchen. Ihre Namen waren... Enjolras, Grantaire, Combeferre, Courfeyrac, Joly, Jehan, Bossuet, Bahorel, Feuilly, Marius, Eponine und Cosette. Sie sind alle zusammen hier angekommen", erklärte mir mein Cousin nach einiger Zeit und zöhlte mir einzeln die Mitglieder dieser großen Gruppe auf. Ich nickte verstehend und versuchte, ihm zu folgen. Es würde etwas dauern, bis ich mir all die Namen gemerkt hatte, doch bis dahin sollten die zwölf einen guten Aufenthalt hier genießen.

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