Kapitel 2

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Ganze zwei Tage hielt Finns gute Laune an. Im Allgemeinen ist es immer eine Frage der Zeit denn er ist nun einmal unberechenbar und dadurch sehr gefährlich, vor allem für mich. Dabei hab ich euch noch gar nicht erzählt wie das ganze anfing. Also ein kleiner Zeit Sprung... 

"Meike, lass es. Der Typ wohnt in Hamburg, das wird bei euch beiden eh nichts und überhaupt nur weil du einen neuen Macker hast warum soll ich dann, in diese  dumme Gruppe?" "Eni bitte. Der eine Junge aus der Gruppe passt super zu dir und du brauchst dringend Ablenkung!" Ich gehe in die Ecke des Zimmers um einem der Kinder den Ball rauszugeben und vielleicht auch um mich ein kleinen wenig zu verstecken. "Du bist jetzt fast 3 Monate mit Jan auseinander. Jeder der Augen im Kopf  hat merkt, wie  beschissen es dir geht." "Es geht mir gut", sprach ich gequält. "Bitte nur eine Woche... " Ja meine Lieben aus Meike und ihrem Typen aus Hamburg wurde nichts und den Kerl, den sie für mich vorgesehen hatte, war ein Spast. Aber da war ein Junge. Finn. Wir schrieben Tag und Nacht. Ich lies meinen Liebeskummer an ihm aus und er war für mich da. Stellt euch eine 16 jährige vor, die unzufrieden mit allem an sich war, sich verabscheute und hasste. Die war ich und er war für mich da, selbst als ich nicht mehr leben wollte. Er ging nicht obwohl er mich grade einmal dreieinhalb Wochen kannte. Drei mal fragte er mich ob wir ein Paar sein wollen und dreimal sagte ich, obwohl ich gerne anders geantwortet hätte, nein. Dann trafen wir uns in meiner Heimatstadt Lübeck. Wir gingen ins Kino, verbrachten den Tag miteinander und ich war hin und weg. Er beschütze mich sogar vor einem gruseligen, alten, betrunkenen Mann. Ich küsste ihn zum Abschied und an dem Abend fragte er erneut. Die Antwort könnt ihr euch wohl denken, aber für die ganz intelligenten unter euch, wir waren seit diesem Tag ein Paar. Es ging hin und her, ich zu ihm, er zu mir, das erste Jahr verging und damit auch mein erstes mal mit ihm. Es war schön und dennoch endete es im Streit. Nach dem Sex kuschelten wir miteinander und er strich über meinen Arm, stoppte und strich zurück. "Finn es ist nicht was du denkst..." "Was Eni... Was ist nicht was ich denke? Das du dich schneidest?" "Finn... bitte ich hatte einfach ein beschissenes Jahr... Komm schon bitte sei nicht so." "Doch Eni, genauso bin ich. DU gehörst mir und mein Eigentum hat sich nicht so zu benehmen!" Er sprang auf und rannte in die Küche. "Zeig es mir!", sagte er mit einem Küchenmesser in der Hand. "Finn, das willst du nicht..." "Und ob ich das will, tu dir weh." "Ich kann nicht..." "Aber alleine in deinem Zimmer kannst du das?! Ich bitte dich. Lüg mich nicht an." Mir liefen Tränen über meine Wange. Warum tut er das? Liebt er mich nicht? "Bitte Finn zwing mich nicht dazu." Er schmiss mir wortlos das Messer zu. "Entweder du ritzt dich jetzt vor meinen Augen oder du kannst wie du bist, verschwinden." Meine Gedanken waren hin und hergerissen. Ich sollte mich für ihn verletzten. Warum, was bezweckte er damit? Blut vergießen für die Liebe? In diesem Zeitalter? Ich tat es. Nichts großes nur ein kleiner Kratzer, aber es änderte nichts. Es war der Anfang vom Ende. 

Wer sich jetzt unsicher ist, was er von Finn halten sollte ich war es zu diesem Zeitpunkt auch. Ich wollte mich schützen, aber der einzige, der mir die Möglichkeit für diesen Schutz gab war er und auch als ich den Sommer über bei ihm war. Ihn zu verlassen und die Konsequenzen die damit folgen würden machten mir mehr Angst als bei ihm zu bleiben und zu erdulden was er mir antat. Wenn ich ihn loslasse, verliere ich auch einen Teil von mir, meiner Geschichte. Egal wie oft er mich verletzt hat, egal wie oft er mich als wertlos, unnütz und nervtötend bezeichnet hatte, egal wie oft er mir wehtat oder mich ausnutze, ich kam nicht von dem Gedanken weg, dass irgendetwas in ihm war das Gut war. Ich blieb bei ihm. Dass das Gute in ihm nicht exestierte, wusste ich damals wie heute. Fragt mich nicht wieso ich so naiv war, oder bin, aber ich glaube immer an das gute im Menschen. Ich kann es mir nicht eingestehen, dass dieser Mensch es nicht sein sollte und wenn stellte ich mir die äußeren Einflüsse zu seiner Persönlichkeit vor und schon war ich wieder Feuer und Flamme. Ich wurde nie anders erzogen, aber bei ihm habe ich zu lange gesucht, vergebens. Ein Fehler der mich verfolgt und mir bis heute fast jede Nacht den Schlaf raubt. Also ja, die Phase seiner guten Laune, die wahrscheinlich mehr Mitleid für mich waren als anderes, waren schlichtweg eine Erlösung für mich und je länger diese anhielt desto besser. Eigentlich gut vergleichbar mit einer Achterbahnfahrt in Dunkel, obwohl ich Achterbahnfahren eigentlich genauso unnötig finde wie Bungeejumping oder mit Haien schwimmen. Jedenfalls eine Achterbahn voll Gefühle, durch die ich ohne Gurt und im freien Fall fuhr. Sie macht mich kaputt und ich kann nicht aussteigen. Aber das wollte ich damals auch nicht und als ich gerade über diese Achterbahn nachdenke, fallen mir die Kids ein, denen ich begegnete. Sie sitzen mit mir hier in dieser Achterbahn, hoffen, beten und entkommen doch nicht der Selbstsucht ihrer Eltern. Mir tun diese Kinder leid. Wie können die Eltern das leid ihrer Kinder nicht erkennen? Sie richten sie, für ihr ganzes Leben und wissen es nicht einmal, weil sie die Augen davor verschließen. Wenn ich einmal so werden sollte, und Gott bewahre, wäre das nicht mehr ich. Meine Mitmenschen waren mir damals wie heute wichtig. Das lasse ich sie spüren, so sehr es geht. Meine Freunde sind mein ein und alles und auch wenn ich für sie wie ein offenes Buch bin, somit meine Schwachstellen präsentiere, bleiben dennoch viele meiner Seiten, für die Meisten von Ihnen verschlossen. Sie sind es mir Wert und sie haben verdient zu wissen wie wichtig sie mir sind. Ich wäre also nicht ich wenn ich jenes nicht getan hätte. Man mag sich drüber streiten ob es eine gute Idee war, aber für mich war es in diesem Moment die einzig Richtige.

Gutmensch - Eine Welt voller Egoisten und IdealistenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt