Kapitel 4

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Nach meinem ungewollten Drogen Trip ging es mir Tage lang schlecht. Finn ging arbeiten, was für ihn nicht mehr hieß, als Drogen zu verticken. Er sagt mir immer, dass die Realität etwas für Menschen ist, die mit Drogen nicht zurecht kommen. Aber ich glaube einfach, dass er Angst hat sich die Realität einzugestehen. Finn ist in Hamburg aufgewachsen. Sein Vater, ein sehr direkter Hippi, hat bei meinem ersten Besuch bei ihm, vor meinen Augen gekifft. Mit seiner Mutter hat er kein Kontakt mehr, was daran liegt, dass sie, seiner Meinung nach, ein manipulierendes Miststück ist. Ich glaube, es liegt einfach daran, dass er nicht verkraftet, das sie ihn rausgeschmissen hat. Finn war schon immer anders. Als er bei seiner Mutter wohnte, war er ihrer Meinung nach ein wenig zu eng mit seiner Schwester zugange. Was heißen soll das er sie dazu gebracht hat, ihm einen runter zu holen. Für die meisten von euch wäre das der Grund gewesen ihn zu verlassen, aber ich wollte einfach nicht glauben, dass er ein böser Mensch war und so verdrängte ich den Fakt, mal wieder, denn als Finn nach Hause kam, war er nicht gut drauf. "Eni, sprich mich bloß nicht an", fauchte er als ich in die Küche kam. Ich sah ihn an und umarmte ihn. Ich weiß nicht wieso, aber ich musste es tun. Er war meine Familie und ich musste ihn beschützen. Dabei kommt mir ein Dialog, zwischen zwei Freunden in den Sinn. "Wenn ich einmal Geld hätte, würde ich das meiste meiner Mum geben. Die muss sich mit nicht einmal 50€ durch den Monat schlagen.", argumentierte Till, während wir darüber sprachen, was wir mit einer Millionen so machen würden. "Wenn man diese Lage hat muss man sich sowas selber zuschreiben", unterbrach Marten die Diskussion, "weil wenn man etwas normales lernt und eine normale Ausbildung hat, kann man gut Geld verdienen in Deutschland" "Meine Mutter ist gelernte Gärtnerin, findet aber keinen Arbeitsplatz.", erwiderte Till leise. "Weil einfach jeder einen fick auf Gärtner gibt.", argumentierte Marten, "Und selbst wenn du es machst, ist es halt einfach ein Low-Bob-Job. Das ist genauso wie das putzen, was Kevin macht, es ist überhaupt nichts krasses, das ist Körperlich zwar mega anstrengend, aber das juckt, weil wer putzen muss, der ist unten in der Gesellschaft angekommen, der kann nämlich nichts anderes machen, der muss das tun, weil niemand will freiwillig den Müll von anderen Leuten weg putzen, es ist einfach so." "Es gibt ja Leute, die haben da tatsächlich Spaß dran.", unterbrach ich beide.  "Ich glaube nicht. Es ist so Eni, es ist einfach die Wahrheit.", betonte Marten und hatte dabei recht. Jeder Job der mit harter körperlicher Arbeit zutun war, war nicht viel Wert, wer wollte denn jemanden einstellen, der den Garten pflegt, außer Millionäre. Trotzdem war es nicht richtig. Jeder Mensch hat seine Berechtigung und auch ihre Arbeit. Ohne Krankenschwestern wären Ärzte komplett überfordert, ohne Altenpfleger würden wir im Alter n Problem haben, und ohne Putzfrauen, würden wir ganz schnell im Müll leben. Also warum tun wir diese harte Arbeit mit weniger Geld ab? Warum ist die Arbeit dieser Menschen, unwichtiger als die der anderen? Wieso können wir nicht alles in einen Topf packen und jedem das exakt gleiche geben? Weil reiche Menschen, dann nicht mehr reich wären? Weil es unfair ist, für die die länger in der Schule saßen und studiert haben? Nein, eher weil die Hierarchie der Gesellschaft zerbrechen würde, denn dann würden Menschen die 6 Jobs haben mit einem aus kommen. Menschen die komplett überfordert sind weil das Geld vorne und hinten nicht reicht, hätten keine sorgen mehr. Aber, weil unser System so nicht funktionierte, waren Till und Tills Mutti nicht zu beneiden. Sein Leben war nicht das leichteste und er hatte viel Stress mit seiner Mum, aber trotzallem geht ihr Wohl, dem seinen vor. Ähnlich war es bei mir und Finn. Auch wenn er mich wirklich Mies behandelte, war er mir wichtig. Ich war abhängig von seinen Launen, seinen Gelüsten und seinen Gefühlen, eigentlich rundum von ihm und dennoch war er alles, was ich brauchte. "Soll ich uns was zu essen machen?" "Mich wundert es, dass du es nicht längst gemacht hast! Du warst den ganzen Tag zuhause. Du bist so nutzlos", schimpfte er. Dieser Satz traf mich mit voller Breitseite, aber er war noch nicht fertig. "Überhaupt wie sieht es hier eigentlich aus. Staub auf den Schränken und unaufgeräumt, warst du den ganzen Tag faul?" "Du weißt doch, dass es mir dank deinen Drogen nicht gut ging", grummelte ich leise. "Apropo, weißt du wie teuer diese scheiß Pille war? 100€! Das Geld bekomm ich wieder, Fräulein." "So viel Geld habe ich nicht, Finn. Wie soll ich das denn Auftreiben?" "Keine Ahnung, geh dich prostituieren", sagte er trocken. "Ich soll bitte was? Finn denk nach bevor du sprichst!", erwiderte ich lauter als gewollt und kassierte wie üblich eine Backpfeife. Dadurch das mir immer noch schwindlig war, knallte ich mit dem Kopf, gegen den Schrank. Finn wurde Kreide bleich im Gesicht und ich war verwirrt. Ich fasste an meine Stirn und spürte Blut. Es rann mein Gesicht runter und ich stand unter Schock. Ich hörte wie Finn telefonierte, spürte wie ich von zwei fremden Männern in einem weiß-roten Transporter gesetzt wurde und sah vor meinem inneren Auge das Gesicht meines Freundes. Ein paar Tage blieb ich im Krankenhaus, wurde von Ärzten, Schwestern und Polizei befragt, und wiederholte ständig meine Aussage: "Beim putzen ist mir schwindelig geworden und Finn fand mich mit aufgeschlagenem Kopf neben dem Glastisch. Mein Freund hat nichts damit zutun!" Immer wieder sahen mich zweifelnde Augenpaare an, die nach ein paar mal beteuern, dass es wirklich so gewesen sei, gingen. Als ich aus dem Krankenhaus kam und in die Wohnung, sah diese aus wie Dresden 45. Um Finn nicht wieder zu verärgern, fing ich mit der Hausarbeit an.

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