Chapter 3 [Kai]

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,,Ich glaube, dass ich mich doch noch einmal umziehen sollte" seufzte ich schwer und betrachtete mich skeptisch im Spiegel. Vielleicht war ein schwarzer Anzug mit einer blauen Krawatte und einem weißen Hemd zu overdress für ein erstes Date nach 18 Jahren, wenn man es überhaupt Date nennen konnte. Julian und ich hatten uns in den letzten Wochen schon öfter getroffen, aber noch nie waren wir abends alleine essen. Meistens saßen wir mittags in einem Café und unterhielten uns über Gott und die Welt.

,,Nicht schon wieder" murmelte Fede, der hinter mir auf meinem Bett lag und nun aufstand. Er kam zu mir und nahm mir die Krawatte ab:,,Ohne die sieht es besser aus. Du brauchst dich nicht nochmal umziehen. Glaube mir, du siehst toll aus und Julian wird sich freuen."

,,Sicher, dass es nicht zu viel für ein Abendessen ist. Ich will nicht, dass es komisch wird" entgegnete ich zweifelnd und richtete noch einmal meine Haare. Ausgerechnet heute hatte ich das Gefühl, dass sie einfach nicht so sitzen wollten, wie ich es gerne hätte.

,,Ich bin mir ziemlich sicher, dass keine komische Stimmung herrschen wird, nur weil du ein Anzug trägst" schmunzelte mein bester Freund, ehe er mir leicht in die Seite boxte, ,,und jetzt lass deine Haare in Ruhe. Die sitzen perfekt."

Ich tat, was Fede wollte, doch weder war ich mit meinem Aussehen zufrieden noch fühlte ich mich sonderlich wohl, was daran lag, dass ich viel zu nervös war. Ich wollte diesen Abend nicht ruinieren. ,,Ich glaube, mir ist schlecht."

Fede setzte gerade an, um etwas zu erwidern, doch in dem Moment klingelte die Haustür. Das musste Julian sein. ,,Das ist blöd gelaufen, denn dein Loverboy scheint da zu sein" grinste mein Mitbewohner und schubste mich in die Richtung der Schlafzimmertür, ,,viel Spaß, Großer. Um zehn bist du wieder zu Hause."

Auf Fedes Worte reagierte ich nur mit dem Verdrehen meiner Augen. Aufgeregt ließ ich meinen besten Freund oben stehen und lief die Treppen runter. An der Haustür angekommen, atmete ich noch einmal tief durch, um runterzufahren, ehe ich sie öffnete. Vor mir stand Julian in einer schlichten schwarzen Hose und einem dunkelblauen Hemd. Schüchtern lächelte er mich an:,,Hey, du siehst gut aus."

,,Danke" gab ich überwältigt zurück und verlor mich jetzt schon in seinen glänzenden blauen Augen, ,,du auch."

Julians Gesicht war älter geworden. Seine Gesichtszüge wirkten erwachsender und auch ein, zwei Falten zierten sein Gesicht. Dennoch hatte er sein liebevolles Lächeln, in welches ich mich vor Jahren verliebt hatte, behalten. Noch immer war es das Schönste, was ich jemals gesehen hatte, und daran konnte niemand etwas ändern. Dieses Lächeln strahlte so viel Liebe und Warmherzigkeit aus, dass man es nur bewundern konnte.

,,Kai?" wurde ich von Julians verwunderter Stimme aus meiner Schwärmerei gerissen, ,,können wir los?"

,,Ähm, ja klar" stimmte ich verdattert zu und nahm meinen Schlüssel sowie mein Handy und mein Portemonnaie von der Kommode. All die Sachen verstaute ich in meiner Hosen- und Jacketttasche, bevor ich die Haustür hinter mir zu zog. Ich musste mich zusammenreißen und mich konzentrieren. Auch wenn ich Stunden damit verbringen konnte, konnte ich Julian nicht die ganze Zeit anschmachten und an unsere frühere Zeit denken. Wie komisch würde das nur auf ihn wirken?

Den Abend, den Julian und ich zusammen in seinem Lieblingsrestaurant in Madrid verbrachten, war noch viel schöner, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Für keinen Moment herrschte eine angespannte Stimmung oder unangenehme Stille. Wir fanden immer etwas, über das wir uns unterhalten konnten, und redeten viel über die Dinge, die wir in den letzten Jahren erlebt hatten. Natürlich ist in den letzten 18 Jahren so viel vorgefallen, dass wir nicht über alles sprechen konnten, doch mit den letzten Wochen zusammen hatte ich viele neue Dinge über Jule erfahren, die ich zuvor nicht gewusst hatte. Beispielsweise engagierte er sich neben seiner Arbeit bei Atletico bei einer Kinderhilfsorganisation, die sich um Waisenkinder und Kinder, die zu ihrem Schutz von ihren Eltern getrennt wurden, kümmert. Je länger ich Julian zuhörte, desto vertrauter wurde er mir wieder und desto schneller kamen meine alten Gefühle für ihn hoch. Er war ein herzensguter Mensch, den man nur lieben konnte.

Not as easy as it looks [Julian Brandt x Kai Havertz]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt