Rettung

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In meinem Traum war ich in einer Höhle. Überall um mich herum waren Spinnen. Doch komischerweise hatte ich keine große Angst vor ihnen. Ich nahm die Fackel und verbrannte die gummibärchengroßen Spinnen. Als sie verbrannten gaben sie zischende Laute von sich. Ich wollte vor den Spinnen wegrennen, doch als ich mit meinem einen Fuß aufsetzte, tat dieser höllisch weh. Erst da realisierte ich, dass ich eine Krücke in der Hand hielt und mein Fuß verstaucht war. Auf die Krücke stützend lief ich weiter. Nach etwa 100m tat sich ein Abgrund vor mir auf. Ich webte mich über den Abgrund, bis ich auf der anderen Seite angekommen war. Ich wusste auch nicht, wie ich auf diese brillante Idee gekommen war, aber es war ein Bauchgefühl gewesen.
Ein anderes Bauchgefühl sagte mir, dass auf der anderen Seite etwas Großes und Böses wartete. Ein süßlicher Geruch stieg mir in die Nase. Ich humpelte weiter. Nach ein paar Metern sah ich eine große Statue einer Frau vor mir aufragen. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass es die griechische Göttin Athene war. Irgendwie fühlte ich mich zu der Göttin der Weisheit, der Kriegskunst und der Handarbeit hingezogen. Mein Dad hatte eine Vorliebe für die griechische Mythologie gehabt und mir alles über diese erzählt. Meine Lieblingsgöttin und Inspiration war schon immer Athene gewesen. Und jetzt war ihre Statue vor mir. Aber was machte sie in dieser dunklen Höhle in Spinnweben eingewickelt? Ich musste sie auswickeln und an die Oberfläche bringen. Ich musste sie den Leuten zeigen. Doch gerade als ich das erste Spinnweben anfassen wollte, sank sich ein riesiges Wesen herab. Als ich aufschaute erschrak ich bei dem was ich da sah. 《Töte die Spinne, wenn du stark genug dafür bist. Heute wirst du nicht sterben. Räche mich dafür, wenn es Zeit ist. Räche mich!》befahl mir von irgendwo eine Stimme. Dann verstummte sie. Die Höhle verschwand langsam und ich erwachte.
Ich war an einen Baum gefesselt. Mein Kopf schmerzte. Ich erschrak als ich mich wieder daran erinnerte was zuvor geschehen war.

Ich war ohnmächtig geworden und hatte vorher irgendwelche Monster beleidigt. Exakt diese standen nun vor mir und staarten mich an. Sie hatten offenbar noch nicht bemerkt, dass ich wach war. Wieso war ich noch nicht tot? Wieso lebte ich noch und war noch nicht in irgendeinem Monstermagen gelandet. Dann kam mir ein schrecklicher Einfall. Sie wollten Rache. Rache für den Anführer, den ich ihnen genommen hatte. Es würde kein rascher Tod werden. Er würde sich in die Länge ziehen und am Ende würde ich als Mahlzeit enden. Ich musste weiter so tun, wie als ob ich ohnmächtig wäre. Dann würde mir niemand etwas tun. Sie wollten mich im Wachzustand foltern. Das wusste ich instinktiv. Ich hielt meine Augen geschlossen.
Eines der Monster motzte《Was schläft die denn so lange? Vielleicht stellt die sich ja nur schlafend. Kitzel sie mal Gerry.》《Okay.》antwortete Gerry und trottete zu mir hinüber. Nein dachte ich mir nur. Bitte alles nur nicht kitzeln. Wenn er mich geschlagen hätte, hätte ich keinen einzigen Laut von mir gegeben, doch wenn mich jemand kitzelte konnte ich nicht anders als Lachen.
Gerry trat auf mich zu und fing an mich am Bauch zu kitzeln. Ich fing an zu glucksen und dann laut loszulachen und andere komische Laute von mir zu geben.
《Ah du bist wach.》sagte der neue Anführer zufrieden lächelnd. Ich schaute ihn trotzig an als er auf mich zutrat. Er war jetzt so nah, dass ich seinen Atem riechen konnte. Er roch nach verfaulten Eiern und Erbrochenem. Ich rümpfte die Nase. Allein das war schon Folter genug. Dann sagte er Nasenspitze an Nasenspitze mit mir 《Du hast uns unseren Anführer genommen. Du hast ihn einfach ermordet. Dafür wirst du nun büßen. Am Ende wirst du darum betteln zu sterben. 》Er trat einen Schritt zurück. Dann nahm er das Tuch von seiner Kiste. Ich wollte eigentlich nicht weinen, doch als ich die Folterinstrumente sah, rollte mir eine Träne die Wange hinunter. Das Wesen hatte sich einen teuflischen Plan ausgedacht. Alle Instrumente waren schlimm.《Womit soll ich denn anfangen?》fragte es mich, die Situation auskostend. 《Achso ja. Erstmal das Mittel, was sie zur Bewegungsunfähigkeit verdammt.》beantwortete er seine Frage böse grinsend. Ich schluckte. Ich hätte nicht einmal die Chance mich zu bewegen, wenn er mich folterte, aber ich würde stark bleiben und versuchen keine Miene zu verziehen. Ich würde nicht weinen. Er konnte mich foltern und töten, aber er würde nie mein Inneres zerstören. Ich würde dafür sorgen, dass es unberührt blieb. Ich würde stark bleiben.
Das Monster kam auf mich zu. 《Schön trinken, Kleine.》forderte er mich auf. Ich schüttelte den Kopf. Nach ein paar Minuten des Schweigens, in denen wir uns böse angestarrt hatten, holte er glühende Eisen.《Na gut. Dann eben auf die längere und noch schmerzvollere Tortur.》
Es würde wehtun und vermutlich würde ich auch schreien, aber er würde mich nicht brechen können. Dies hier würden die schlimmsten Stunden meines Lebens werden. Früher hatte der Tod mir immer Angst gemacht, jetzt betrachtete ich ihn wie eine Erlösung.
Die glühenden Eisen kamen meinem Körper immer näher. Ich konnte nun schon ihre Hitze spüren und dann waren sie und das Monster plötzlich weg und ich hörte einen dumpfen Aufprall und noch zwei weitere Aufpralle.
Ich schaute verwundert hoch. Was war passiert?
Als erstes sah ich einen Mann. Er war irgendwas zwischen 40 und 50 und trug grüne Tarnkleidung. Als ich nach unten schaute, sah ich drei Staubhaufen. Der Mann band mich los und machte Handbewegungen, die mir zu verstehen gaben, dass ich ihm folgen sollte. Anschließend legte er einen Finger auf den Mund, was wohl bedeuten sollte, dass ich keinen Mucks von mir geben dürfe. Verwirrt schlich ich hinter ihm her. Wer war dieser Mann? Und warum durfte ich nicht sprechen? Ich würde es herausfinden.

Wir stiegen in das Auto des Mannes ein und er trat aufs Gaspedal. Nach einer längeren Zeit des Schweigens fragte ich ihn《Darf ich jetzt wieder reden?》Er nickte zum Zeichen seines Einverständnisses. Dann bombardierte ich ihn mit Fragen. 《Wer sind sie? Wie haben sie mich gefunden? Was gab ihnen die Macht drei dieser Lumalo-Wesen zu töten? Wieso haben sie mich gerettet?》Als ich endlich mal eine kurze Atempause anlegte, begann der Mann meine Fragen geduldig zu beantworten.《Ich heiße John Harston und bin ein Halbgott. Ich lebe in diesem Wald. Eine Nacht zuvor träumte ich von dir und sah dich, wie du gegen die Monster gekämpft hast. Eine Stimme sagte mir, ich solle dich finden, nach Charleston bringen und dort absetzen. Also bin ich heute morgen aufgestanden und habe mich auf die Suche nach dir gemacht. Als ich dich sah, wusste ich sofort, dass du das Mädchen aus meinem Traum bist. Ich schoss den Wesen drei Pfeile in den Kopf und den Rest kennst du ja. Gut, dass ich noch rechtzeitig angekommen bin, sonst müsste ich gleich weitaus stärkere Heilmaßnahmen ergreifen, aber wie ich sehe...》er stutzte kurz und schaute mich an《....brauchst du nur etwas gegen deine Kopfverletzung und deine Vorräte müssen aufgefüllt werden.》
《Wow.》sagte ich erstmal. 《Was ist ein Halbgott nun eigentlich?》fragte ich.《Je mehr du weißt, desto mehr Monster lockt du an.》erwiderte John nur einsilbig.《Schade.》sagte ich traurig. Ich wollte verstehen, wer ich war und warum es diese Lumalo-Wesen gab und warum sie mich angegriffen hatten.
《Wir sind da.》verkündete John einladend. Ich stieg aus dem Auto aus. Vor uns war eine kleine Hütte. Als ich eintrat, wurde mir sofort ganz warm. Ein Feuer prasselte in einer Ecke und die Hütte sah sehr gemütlich aus.
Ich gähnte. Ich war auf einmal so müde, dass ich schon ein bisschen verschwommen sah. Die Erlebnisse heute waren einfach zu viel für mich gewesen. Ich sank in mich zusammen. Dann wurde mir schwarz vor Augen und ich dachte nichts mehr.

Annabeth-Kampf ums Überleben                    (Beendet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt