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Ich sah mich mit zu Schlitzen zusammengezogenen Augen um, damit ich überhaupt etwas in diesen Schemen erkennen konnte. Ab und zu hustete ich. Hier war es nebliger, wenn man diesen dunklen Dampf als Nebel bezeichnen konnte. Wahrscheinlich waren wir in de Slums des dritten Ringes, ein Ort, an den ich niemanden wünsche. Hier regierten Gewalt und Verbrechen. Unsere Entführer hatten uns bestimmt eine halbe Stunde quer durch den Ring geschleppt, scheinbar ohne richtiges Ziel, zwischendurch Schmiergelder gegeben und sich allgemein nicht sehr freundlich oder gar höflich benommen.

„Ich frag mich, wozu der Schatten diese Gören braucht.", meinte der eine Mann halblaut. Er hatte schwarze Haare, die er auf seine Halbglatze geklatscht hatte, damit sie niemandem auffiel. Sie fiel trotzdem auf, nur mal angemerkt.

Sein Partner zuckte mit den Schultern. „Wen schert's? Er könnt sie als Liebhaberinnen nutzen, und es würde mich nicht kümmern. Das Geld stimmt, was will man mehr?", sagte er. Er sah eigentlich ziemlich gut aus, sah man mal von den kalten Augen und dem schmierigen Lächeln ab.

Der Erste kaute auf seiner Radawurzel herum und spuckte sie dann aus. Angeekelt wich ich ein Stück zurück. „Hast Recht. War halt nur neugierig." Er wischte sich das mit Speichel besprühte Kinn ab. Ich verzog den Mund. Nicht einmal Tiere benahmen sich so.

Der andere nickte und stellte Mea auf die Füße. Die junge Nymphe war aufgewacht. Weswegen sie überhaupt bewusstlos gewesen war, wusste ich nicht. Blut war nicht zu sehen, ebenso wenig wie eine Beule.

„Wenn du dich benimmst, bleiben deine Hände frei. Wenn nicht, stoße ich dir diesen Dolch quer durch den Rücken.", drohte er ihr und deutete auf ein schon leicht angerostetes Stück Metall, das von getrocknetem Blut bedeckt war. Mea nickte verängstigt. Auch ich sah erschrocken auf die Klinge. Diese Männer waren nicht einfach nur Entführer, sie waren Mörder! Auftragsmörder, wie es schien. Und sie hatten uns in der Gewalt. Bei Rajas Damenbart, wir saßen richtig in der Scheiße!

Der Mann, der das Seil, welches mich fesselte, in den Händen hielt, lachte auf. „Ja, da bekommst du Schiss, was, Hexenweib?"

Ich funkelte ihn an. „Arschloch."

Der Mann riss mich an meinen schulterlangen Haaren zurück. „Verdammte-", schrie er, wurde aber von seinem Partner unterbrochen. „Verflucht, willst du, dass die Wachen auf uns aufmerksam werden, du Trollhirn?"

Besagtes Trollhirn zuckte zusammen. „Nein.", sagte er kleinlaut. In meinem Inneren lächelte ich über diesen kleinen Sieg, obwohl mein Kopf jetzt ziemlich schmerzte.

„Na also." Der Erste beachtete seinen Partner nicht weiter. Es machte den Eindruck, als wäre er der Anführer.

Die beiden schwiegen wieder und führten uns weiter durch die Slums. Mea ließ sich neben mich zurückfallen. „Was passiert hier?", fragte sie leise. „Ich erinnere mich nur noch, wie ich ein Tuch vor den Mund gepresst bekommen habe, dann bin ich in den Armen dieses ... Mannes aufgewacht."

Verstehend neigte ich den Kopf. Vermutlich hatten sie eine Pflanze namens Waós Ruhe genutzt, um sich Mea gefügig zu machen. Ich hatte diese Pflanze noch nie gesehen, aber schon einiges über sie gehört. Sie machte süchtig, und wenn man sie zu lange einnahm, konnte es sein, dass man ernsthafte Herzprobleme bekam. In der Schule hatten wir ein Kräuterbuch gehabt. Als mir langweilig gewesen war, hatte ich auf die verbotenen Seiten geblättert und so von ihr erfahren. Sie hatte noch mehr Nebenwirkungen, das wusste ich, aber ich erinnerte mich nicht mehr, welche es waren.

„Es sind Entführer. Sie wollen mit uns zu einem gewissen ‚Schatten', der sie dafür bezahlt hat.", erklärte ich leise. Soviel hatte ich verstanden. Mehr aber auch nicht.

Elysia - HexenzauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt