Hoffnung (2)

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Das Übersetzen zur Rachsüchtigen Engel verlief ohne größere Probleme.
Der Start war ein wenig ruckelig...aber jemals eine Landung eines solchen Landungsschiffes aus dem Orbit heraus unter heftigsten Beschuss auf einem Planeten erlebte...für den war das jetzige Ruckeln überhaupt nichts.
Doch der längere Flug hatte die unangenehme Folge, dass er Zeit brauchte...Zeit, die ich allein, in Trübsal und in viel zu vielen Gedanken versunken verbrachte.
Irgendwann kamen wir dann endlich an, der Flug hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt.
Nach der Zuweisung unserer Decks wanderte ich allein durch die Gänge des Schiffs.
Ich hatte eigentlich überhaupt keine Lust allein mit meinen Gedanken zu sein...aber ich hatte niemanden - jetzt jedenfalls niemanden mehr - mit dem ich meine Gedanken hätte austauschen wollen.
Immer wieder begegneten mir Soldaten aus anderen Kompanien und ich nickte ihnen zu, doch die Gesichter zogen alle verschwommen an mir vorüber, während ich an den stahlgrauen Wänden vorüberzog.
Leise gluckerte das Kühlwasser in den Rohren über mir und Aufzüge klapperten metallisch die Decks des großen Schiffes entlang, als alles für den Abflug vorbereitet wurde.
Mein zielloser Weg führte mich schließlich zu einem der vielen Schreine des Schiffes.
Unschlüssig blieb ich einen Moment davor stehen, bis ich schließlich nach kurzem Zögern durch das Portal eintrat.
Das Licht des Imperators würde mir vielleicht ganz guttun, wer weiß.
Niemand hielt sich in der kleinen Kapelle ein und ich kniete mich in eine der hinteren Bänke.
Eine Statue des Imperators war hinter dem großen Altar aufgestellt.
Das Abbild war für die kleinen Ausmaße des Schreines fast schon erstaunlich gut gearbeitet.
Filigran war die Züge in dem Stein eingearbeitet und es gab sogar zwei kleine Seitenaltäre mit den geflügelten Abbilder von dem Primarchen Sanguinius und der Lebenden Heiligen Saint Celestine.
Ich senkte demütig meinen Kopf, schaute auf meinen gefalteten Hände und begann leise Terras Segnung zu murmeln:
„Gütiger Imperator der Menschheit, geheiligt sei deine Erhabenheit, strahlend sei dein immerwährendes Licht, stehe deinem Diener in dieser Stunde der Not bei, auf dass ich dir, Herr, weiter dienen und das Reich der Menschheit reinigen kann, auf dass ich alle Dämonen und Wechselbälger der Warpkunst bannen und..."
„Kann ich dir helfen und dir etwas Gutes tun, mein Sohn? Du siehst aus, als könnte es du etwas Beistand gebrauchen."
Ich blickte auf, unterbrochen in meinem leisen Gebet und sah einen alten Priester vor mir stehen, der sich erstaunlich leise mir genähert hatte.
Sein Gewand war schlicht und weiß, wie seine Haare und er trug ein dickes, altes Buch unter dem Arm.
Er war wohl der Prediger dieses Schreines und war vor meiner Ankunft anscheinend im hinteren, versteckten Teil der Kapelle beschäftigt gewesen, bevor er gemerkt hatte, dass eines seiner Schafe seine beruhigenden Worte nötig hatte.
Der alte Priester setzte sich neben mich: „Weißt du, mein Sohn, reden kann manchmal helfen, der Imperator hat immer ein offenes Ohr für seine treuen Diener..."
Ich seufzte leise, begann dann aber doch: „Ich habe jemanden wichtiges verloren..."

Ich fühlt mich viel besser als ich das Portal wieder durchschritt, zu reden hatte wirklich geholfen und der abschließende Segen des alten Priesters hatten mich gestärkt.
Ich fühlte mich bestärkt in meinem Glauben an den Gott-Imperator und die Leere in meinem Inneren fühlte sich schon ein bisschen weniger...leerer an.
Ich wollte noch nicht zurück zu den Quartieren und erkundete noch weiter das Schiff, wechselte ein paar Worten mit einigen Leuten aus der Schiffsmannschaft und blickte auf dem Aussichtsdeck auf den grün-blauen Planeten inmitten der schwarzen sternenbesprenkelten Unendlichkeit zurück.
Leise seufzend wandte ich mich von der Glasfront ab und wollte wieder zu unserem zugewiesenen Deck gehen.
Der kürzeste Weg führte mich gar nicht so weit an der Brücke vorbei, doch als ich an dem bewachten Schott vorbeiging, fing mich Oberst Darias unseres Regiments ab.
„Tyrus, so ein Zufall, dass ich sie treffe. Kommen Sie doch mit, ich muss wegen einigen organisatorischen Dingen zum Kapitän!"
„Jawohl, Herr Oberst!", erwiderte ich, auch wenn es mehr wie ein Vorschlag, als wie ein Befehl geklungen hatte.
Der Oberst meldete sich bei den Brückenwachen an, die das Schott öffneten und uns unter ihren wachsamen Blicken durchließen.
Schiffbrücken finde ich immer faszinierend, ich war noch nicht oft auf einer Brücke gewesen, weshalb ich alles fasziniert mit meinen Augen aufsaugte.
Bildschirme und Konsolen zierten die uns umgebenden Wände, Brückenoffiziere saßen davor und bereiteten alles auf den Abflug vor.
Ein leichtes Erbeben ging durch den Schiffskörper, als die Schubdüsen sich aktivierten und die Rachsüchtige Engel aus dem Orbit befreiten.
In der Mitte der Brücke war der Thron des Kapitäns zu sehen und Oberst Darias schritt zielsicher darauf zu, während ich ihm folgte.
Mitglieder der Brückenbesatzung wuselten umher und trafen letzte Vorbereitungen für ein Übersetzen in den Warp.
Der Oberst verharrte rechts von dem Kapitänsthron, bis der Herr über das Schiff eine kurze Besprechung mit dem Navigator in seiner Navigatorenkuhle beendet hatte.
Der große Sessel drehte sich, als der Kapitän sich uns zu wandte.
Der Kapitän war ein älterer, doch kräftiger Mann.
Ich meine einmal gehört zu haben, dass der Kapitän um die 110 Jahre alt war.
Kabel führten aus Buchsen an seinem Thron zu seinem kahlen Schädel und verschwanden dort in die entsprechenden Anschlüsse, über die der Kapitän in Sekundenschnelle unfassbare Datenmenge des Schiffes empfangen und auswerten konnte.
Der Kapitän blickte uns beide an und begrüßte uns: „Oberst, ich habe Sie schon erwartet."
Mich schien er dabei zu ignorieren, doch das war mir gerade ganz recht.
Der Oberst wollte gerade etwas erwidern, als ein aufgeregter Offizier zum Kapitän lief und ihm hektisch eine Datentafel überreichte.
Der alte Mann runzelte die Stirn, während er die Daten überflog, sah dann entgeistert zu dem Überbringer der scheinbar nicht geraden frohen Botschaft.
„Seid ihr euch ganz sicher?!"
„Definitiv! Es gibt keine Zweifel; Form, Größe und Art der Tarnfelder stimmen zu hundert Prozent überein!"
„Aber...was will es hier?", der Kapitän schien verunsichert, während der Oberst und ich verständnislos daneben standen.
„Beobachten? Auf den richtigen Augenblick warten? Uns ausspionieren? Keine Ahnung! Aber wir müssen handeln!", antwortete der junge Brückenoffizier voller Tatendrang.
„Natürlich, natürlich!"
Der alte Kapitän richtete sich in seinem Thron auf und rief mit fester Stimme: „Alle auf ihre Positionen und in Alarmbereitschaft! Ich will jede unsere Waffenstationen besetzt haben! Kein Übersetzen in den Warp!"
Er schloss kurz die Augen und ließ einige Daten aus, mit dem die Kabel ihn fütterten, dann aktivierte er mit einem Knopf auf seiner Armlehne eine Voxverbindung: „Sofort den Captain der 7. Kompanie der Fire Angels auf die Brücke, sowie alle verfügbaren Stabsoffiziere der Imperialen Garde!"
Männer rannten hektisch über die Brücke, Stationen wurden besetzt und Meldungen weitergegeben.
„Wie habt ihr es gefunden?!", wollte der Kapitän noch von dem Offizier wissen.
„Nur durch Zufall", antwortete diesmal, sichtlich angespannt, er wollte zu seiner Abteilung zurück, „als wir einige Parameter an unseren Sensoren veränderten, haben wir eine Stelle im weiter entfernten Orbit entdeckt, an der sich nicht nichts befunden hat, wie es eigentlich im Vakuum sein sollte. Im Routinefall hätten wir es überhaupt nicht gefunden!"
„Sehr gute Arbeit, weitermachen!"
Der Offizier verschwand zu seiner Station.
„Äh...Verzeihung, Kaptän...was geht eigentlich gerade vor sich?"
Der Oberst wirkte verunsichert und mir ging es nicht anders, wir wirkten komplett fehl am Platz und im Weg stehend.
„Moment...die anderen sind gleich da...", der Kapitän hatte die Augen geschlossen und konzentrierte sich wieder auf die Daten, „...Kurs 3 Grad nach Backbord anpassen!"
„Alle Waffen einsatzbereit, Kurs korrigiert!", gab der Erste Offizier weiter.
„Sehr gut! Versucht noch nicht das Ziel zu erfassen! Sie wissen nicht, dass wir wissen, dass sie da sind...und das soll sich noch nicht ändern! Wir wiegen sie in Sicherheit!"
Quietschend öffnete sich das Schott und Männer stürmten herein, der Captain der 7. Kompanie der Fire Angels allen voraus.
„CAPTAIN ALKAIDAS, MELDE MICH WIE BEFOHLEN", dröhnte dessen tiefe Stimme durch den Voxverstärker seines Helmes.
Ebenso wollten sich auch die ganzen Offiziere der Garde melden, doch der Kapitän unterbrach sie alle mit einer Handbewegung: „Genug, wir haben jetzt keine Zeit für Formalitäten, wir haben da draußen ein Eldarschiff nicht weit weg von uns und wir brauchen Lösungen!"
Unruhe bereitete sich unter den Neuankömmlingen aus, als die Katze aus dem Sack gelassen wurde und auch ich war geschockt.
Ein Eldarschiff?! Was machte es so weit im Imperialen Raum?
Der alte Kapitän fuhr fort: „Das Eldarschiff ist mittels ihrer Tarnfelder zu gut gedeckt, wir müssen annehmen, dass die anderen Schiffe es nicht bemerken werden und wir würden riskieren, dass sie wissen, dass wir sie enttarnt haben, wenn wir andere Schiffe zu Hilfe rufen; Nachrichten können abgefangen werden.
Ebenso ist unsere Kampfstärke als Truppentransporter viel zu gering, hinzu kommt noch, dass wir durch die feindlichen Tarnfelder keine automatische Zielerfassung durchführen können. Mit anderen Worten, wir müssten mehr oder weniger „blind" feuern."
Eine nachdenklich Stille senkte sich über sie Anwesenden, nur die hektischen Meldungen der Brückenoffiziere waren zu hören.
„Wir könnten doch die Entertorpedos benutzen, wir greifen sie direkt auf ihrem Schiff an!", rief Captain Alkaidas.
Ein Stabsoffizier von Decarus warf etwas ein: „Aber wird das nicht auch bemerkt?"
Kurz dachte der alte Kapitän nach, dann sagte er gedehnt: „Wenn wir sie abfeuern...aber nicht die Triebwerke zünden, sondern sie erst einmal treiben lassen....und dann im letzten Moment die Triebwerke zünden...das könnte funktionieren! Stellt sofort ein Enterverband aus Space Marines und Gardisten zusammen!"
Voxnachrichten wurden an Einheitsführer weitergegeben, als die Offiziere ihre Verbände alarmierten.
„Wir werden währenddessen mit der Rachsüchtigen Engel eine Schleife fliegen und werden wenn nötig die Entertorpedos, die daneben gegangen sind, wieder einholen."
„Jawohl, so machen wir es!", rief der große Space Marine entschlossen und wollte mit den Stabsoffizieren von der Brücke hasten, als der Kapitän einen letzten Punkt ansprach: „Eine Sache noch: Ich will jemanden mit einem starken Kommunikationsgerät mit dabei haben, ich will Informationen bekommen!"
Ohne wirklich zu wissen, was ich tat, trat ich einen kleinen Schritt vor und sagte: „Das kann ich übernehmen, ich bin Kom-Offizier"
Oberst Darias zischte mir leise ins Ohr, sodass nur ich es hören konnte: „Du willst dich doch nur umbringen, komm endlich über SIE hinweg!"
Scheinbar kannte er mein Problem, doch ich ließ mich nicht beirren.
Der Kapitän schien einverstanden: „Gut, dann wäre das auch geklärt, Captain Alkaidas, stellen sie bitte einen ihrer Krieger ab, um Leutnant...."
„Tyrus"
„...Leutnant Tyrus mit dem Kom-Gerät zu beschützen, ich werde Informationen brauchen!"
Der Astartes-Captain warf mir einen Blick zu - jedenfalls vermutete ich dies, denn die Gläser seines Helms waren undurchsichtig wie alle Helmgläser der Astartes-Krieger - als ob diese Aufgabe für einen Space Marine unter seiner Würde wäre, doch er willigte ein.
Die Brücke leerte sich, als wir durch die Gänge eilten und Vorbereitungen zum Entern trafen.
Ich rannte zu unserer kleinen Waffenkammer, schnappte mir meine Ausrüstung - ein Lasergewehr und ein Kom-Gerät - meine Laserpistole hatte ich schon dabei - und stürzte in Richtung der Entertorpedos.
Dort angekommen konnte ich bereits Offiziere und Kommissare erblicken, die die Vorbereitungen koordinierten und Einheiten und Soldaten zu ihren jeweiligen Torpedos dirigierten.
Die Krieger des Adeptus Astartes waren ebenfalls schon da und bestiegen in ihren großen Rüstungen die Torpedos.
Ich meldete mich bei einem der leitenden Offiziere, der mich zu Entertorpedo 7 schickte und mich dort auf meine Eskorte warten ließ.
Kurze Zeit später sah ich einen der großen Space Marines auf mich zu stapfen und als er seine Stimme erklingen ließ, erkannte ich ihn sofort: „So sieht man sich also wieder, Tyr!"
„Schön, dich auch wieder zu sehen, Kane! Dann wollen wir mal unsere Kutsche besteigen!"
Als Letzte stiegen wir durch die Einstiegsluke und setzten uns auf zwei noch leere Plätze und schnallten uns mit den Haltegurten an.
Mit uns war noch ein Halbzug der Imperialen Garde, geführt von einem Kommissar, an Bord ebenso ein Squad des Adeptus Astartes in Terminatorrüstungen, die ihre Energiehämmer und Sturmschilde griffbereit hielten.
„Ich wusste ja gar nicht, dass Space Marines aus der 1. Kompanie mit an Bord sind.", flüsterte ich Kane zu - denn die Terminatorrüstung - wesentlich widerstandsfähiger als eine normale Rüstung der Astartes - war nur den Marines der 1. Kompanie jedes Ordens vorbehalten.
„Ich bis heute auch nicht, wurde wohl erst kurz vor dem Abflug so gelegt.", antwortete Kane, während er seine Boltpistole fertig lud und überprüfte, ob eine der großen mit einem Raketenantrieb versehenen Granatengeschosse in die Patronenkammer zugeführt worden war.
Danach holsterte er die Pistole und warf einen Blick auf sein Energieschwert, welches an seiner Seite hing, während ich selbst ebenfalls letzte Vorbereitungen für meine Ausrüstung traf, indem ich meine Laserwaffen überprüfte und sicherstellte, dass die Vox-Verbindung zum Schiff stand.
Servoschädel flogen leise sirrend durch das von roten Lampen beleuchtete Mannschaftsabteil und prüften die Rüstungen der Terminatoren, während die Gardisten leise Gebete murmelten oder einfach nur still vor sich hinstarrten, während sich die zylinderförmigen Kammer mit der Anspannungen kurz vor dem Kampf füllte.
Ein Mann der Deckmannschaft steckte seinen Kopf durch die Luke und rief: „Alles klar, es geht los. Möge euch der Imperator segnen!"
Die Luke wurde verschlossen und nach einem kurzen Moment der Stille schoss der Torpedo mit einem Rumpeln von der Startrampe und begann seine Reise durch die Leere des Raumes.
Metallfolie wurde ausgestoßen, um die feindlichen Sensoren zu stören und ohne dass die zigarretenförmigen Röhren bemerkt wurden, näherten sie sich langsam dem feindlichen Eldar-Schiff.
Das Kom-Geräte erwachte zum Leben: „Rachsucht, hier Engel, kommen."
„Engel, hier Rachsucht, kommen", antwortete ich vorschriftsgemäß und wartete.
„Hier Engel, Alpha Kilo in 6,5 Mike, kommen"
„Hier Rachsucht, 6,5 Mike, verstanden, kommen"
„Hier Engel, Ende"
Ich beendete die Übertragung und rief in die Stille der Kammer: „Ankunft in sechs Minuten und zwanzig Sekunden!"
Danach pflanzte ich, wie die anderen Soldaten auch, mein Bajonett auf.
Der Kommissar warf einen Blick auf seinen Chronometer, löste seine Haltegurte und stand langsam auf. Ein großes Kettenschwert hing auf seinem Rücken, während er seine Augen über die anwesenden cadianischen Soldaten schweifen ließ und fing mit einer lauten und selbstbewussten Stimme an zu reden:

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 18, 2020 ⏰

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