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[ Point of view: Shōyō Hinata 🧡 ]

Nachdem der Unterricht vorbei war, entschied ich mich, Kageyama, den ich an seinem Klassenraum abholte, noch bis zum Ende des Schulgeländes zu begleiten.
" Dann sehen wir uns morgen, schätze ich. ", sagte Kageyama und sah zu mir herab.
" Ja, werden wir. Hast du eigentlich ein Lieblingsessen? Dann frage ich meine Mutter, ob sie es mit in die Bento-Box für dich packt. "
" Ne, nicht nötig. "
" Dann nehme ich das Gleiche wie heute mit. "
" Also... Wenn ihr irgendwas neues heute beim Training macht, sagst du mir dann Bescheid? Oder schreibst du mir, ob ich morgen einen Ball mit zur Schule nehmen soll? Ich will nichts verpassen. "
" Ja, mache ich. ", antwortete ich, als ich mich daran erinnerte, dass Kageyama ja nicht zum Training kommen konnte.

" Gut, dann bis Morgen. "
" Kageyama, warte! ", sagte ich und versuchte, ihn aufzuhalten.
" Was ist? "
Ich starrte auf den Boden. Ich bereute es. Ich hatte nicht gedacht.
" N-nichts. Alles gut, nicht so wichtig. "
Normalerweise würde er schulterzuckend abdampfen, aber heute war es anders.
" Jetzt sag schon, du Idiot. "
Ich atmete tief aus und sprach es aus.
" Darf ich... Dich umarmen? ", fragte ich leise, sodass man es kaum hörte. Sonst dachte ich mir bei sowas nichts, aber bei Kageyama war es irgendwie etwas anderes.
" Ehm... Wie du meinst. ", antwortete er unsicher und sah mit roten Wangen auf den Boden.

Ich konnte mich nicht länger zurückhalten und machte den ersten Schritt. Ich redete mir ein, dass es nur eine Umarmung war und sie nichts zu bedeuten hatte, aber gleichzeitig bedeutete diese mir unglaublich viel.
Kageyama war warm und so fühlte ich mich einfach sicher. Doch als Kageyama dann auch seine Arme hob und aus einer einseitigen Umklammerung eine Umarmung machte, wollte ich ihn erst recht nicht mehr loslassen.
Momentan schien es mir irgendwie so, als hätte Kageyama sich verändert. Er wirkte auf mich immer ein wenig kalt, zurückhaltend und stumpf, aber irgendwie erschien es mir, als würde er eigentlich nur vor sich selbst davonlaufen. Ich hatte das Gefühl, als hätte er sich mir gegenüber mehr geöffnet als irgendjemandem irgendwann zuvor.

" Wenn das dein wahres Ich ist, dann läufst du vor einer wunderbaren Person weg. ", sagte ich plötzlich. Erschrocken stellte ich fest, was ich da gesagt hatte. Warum konnte ich nicht einmal in solchen Situationen die Klappe halten? Erst jetzt lösten wir uns voneinander.

" Was sagst du da? "
" Ich glaube, dass du dich in Wahrheit oft verstellst. Ich glaube nicht, dass diese Person wirklich du bist. Es ist okay, Gefühle zu zeigen, Kageyama. Wenn du sie immer bloß einschließt, werden sie immer weitere Pläne für einen Ausbruch schmieden und dann brechen sie aus dir aus und du weißt nicht mehr, wohin mit dir. Also verstell dich bitte nicht vor mir. Denn deine wahre Persönlichkeit macht dich zu dem, was dich ausmacht. Ohne sie bist du bloß eine fleischliche Hülle. Du solltest der Welt zeigen, was du bisher immer nur für dich behalten hast. Denn du bist wunderbar so, wie du bist. "

" Hinata... Ich... Du Idiot. "
Verwirrt und mit dunkelrot gefärbten Wangen sah er sich ständig um, als hätte ich ein verbotenes Thema angesprochen. In seinen Augen hatte ich das wohl auch.
" Ich weiß nicht, was ich sagen soll. I-ich weiß das zu schätzen. "
Ich fand es lustig, wie er versuchte, seinen Scham zu verstecken.
" Schon gut. Bis morgen. "
" J-ja. Bis dann. ", sagte Kageyama und ich ließ den verwirrten Jungen allein zurück.

Ich war froh, dass es so ausgegangen war. Normalerweise war man eher an Reden mit nicht einmal existierenden Wörtern von mir gewohnt, aber wenn ich es wollte, konnte ich auch etwas vernünftiges sagen. Ehrlich gesagt hatte ich Angst, dass Kageyama mich wegstoßen würde. Das wäre nämlich echt unangenehm gewesen.
Ich drehte mich um und ging dann zum Training. In der Halle waren bereits Dachi, Suga und Tanaka, die schonmal ein wenig aufbauten.
" Bin ich zu spät? Tut mir Leid! "
" Nein, alles gut, wir sind nur zu früh. ", antwortete Suga, doch als Daichi ihm einen bösen Blick zuwarf, wusste ich, dass Suga wohl gelogen hatte.
Aber warum sollte er wegen so etwas lügen?
Verwirrt zog ich mich in der Umkleide um und rannte dann zurück in die Halle.

Fast alle waren bereits da und schauten mich an, als gäbe es etwas, das ich ihnen zu erzählen hätte.
" Was ist denn? ", fragte ich, da mir diese Blicke im Nacken irgendwann auf die Nerven ging.
" Wo bleibt Kageyama? ", fragte Daichi zurück.
Stimmt, ich hatte ja noch nichts erzählt.
" Er darf diese Woche nicht mehr zum Training. Der Schulleiter hat es verboten. "
" Wie bitte? Was hat er getan? "
" Er hat jemanden verprügelt. ", antwortete Tsukishima, der gerade zusammen mit Yamaguchi die Halle betrat.
" Er hat was getan? ", fragte Suga und stoppte augenblicklich, was er tat.
" So sollte man das nicht nennen. Er hat nur sich und mich verteidigt! Außerdem wurde er zuerst geschlagen und getreten! ", versuchte ich, ihn zu verteidigen.

" Was ist mit dem Trainingsspiel? ", fragte Nishinoya.
" Er hat auch daran ein Teilnahmeverbot. ", antwortete ich.
Mit entsetztem Gesicht erwiderte Daichi:
" Wir werden verlieren. "
" Aber Suga kann doch spielen! ", rief ich schnell, um die Stimmung zu retten.
" Aber ohne Kageyama auf dem Feld bist du ihnen auch keine Hilfe. ", sagte Tsukishima, woraufhin er ein falsches Lächeln aufsetzte.
So schwer es auch zu verkraften war, er hatte Recht. Trotzdem hätte er es ja nicht so sagen müssen... Außerdem wollte ich die Stimmung retten, er hatte sie gerade um einiges verschlechtert.

Einige Zeit später, nach einer unangenehmen Stille, begannen wir trotzt beschissener Stimmung das Training. Wir machten erst ein paar Aufwärmübungen, doch ich war total abgelenkt. Mir war der Grund nicht bekannt, bis ich bemerkte, dass mich jeder komisch ansah. Ich fühlte mich beobachtet und konnte mich absolut nicht konzentrieren.

Zwei Stunden später beendeten wir schließlich das Training, weil es einfach keinen Sinn mehr hatte. Alle waren irgendwie heute nicht richtig bei der Sache und weder Daichi noch Ukai konnten uns in irgendeiner Weise zu einer besseren Leistung bringen.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, nahm ich meine Tasche und verließ die Halle.

" Hinata! Warte, kann ich dich kurz sprechen? ", rief Sugawara, der mich auf meinem Weg zu den Fahrradständern auch schnell eingeholt hatte.
" Klar. Was ist denn? "
" Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht. "
" Ja klar, warum fragst du? "
" Weil du heute beim Training unkonzentrierter warst als alle anderen. "
" Ach, ich habe mich nur sehr beobachtet gefühlt. Das ist alles. "
" Oh, das tut mir Leid. Du hättest uns früher darauf hinweisen sollen! "
" Also weißt du, warum sie so geguckt haben? Das war echt unangenehm. "

" Naja, du weißt ja, dass alle immer noch schauen, ob du und Kageyama rot werdet, seit Tsukishima es einmal gemerkt hat. Aber Tsukishima und Tanaka haben ein paar Gerüchte verbreitet, was heute zwischen dir und ihm passiert ist. Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber Tsukishima hat gesagt, ihr habt heute Händchen gehalten und Tanaka hat gesehen, wie ihr euch für eine lange Zeit umarmt habt. Stimmt das? Tut mir Leid, dass ich es geglaubt habe, ohne vorher zu fragen... "

" Schon gut. Sie haben ja die Wahrheit gesagt. "
" Oh, ehrlich? Willst du darüber reden? "
" Worüber reden? "
" Ich meine... Es ist irgendwie offensichtlich, dass ihr euch in letzter Zeit sehr nahe gekommen seid. Also... Was ist Kageyama für dich, Hinata? "
Eine gute Frage. Was war er denn für mich? Er war ein Freund, wenn nicht sogar mein bester. Ich empfand Gefühle für ihn, die ich sonst für niemanden empfand. Aber war das Liebe?
" Bist du vielleicht in ihn verliebt? ", fragte Suga weiter. Als könnte er Gedanken lesen.
" Ja. Ich meine nein, also... Ich weiß nicht... ", sagte ich verwirrt. Sagte man nicht, wenn jemand sich so verhielt, entsprach das Angesprochene der Wahrheit?

" Ach, schon okay, wir haben es doch sowieso schon alle gemerkt. ", lächelte Suga und klopfte mir auf die Schulter.
" Ehrlich? ", fragte ich. Hatte ich mich so auffällig verhalten?
" Also wirklich, du solltest dich mal von außen beobachten, wie du dich in letzter Zeit vor Kageyama verhälst! Hast du denn vor, es ihm zu sagen? "
" Naja, irgendwann muss es ja raus... "
" Mach dir darum keine Sorgen. Du wirst schon wissen, wenn die Zeit gekommen ist. Lass es einfach passieren! Naja, ich muss langsam los. Viel Glück! ", sagte Suga, als er dann zu Daichi lief, der gerade aus der Halle kam.
Ich fragte mich, ob Suga auch jemanden mochte, so gut, wie er mit den Worten umgegangen war. Als würde er sich perfekt damit auskennen.
Es hatte sich gut angefühlt, mit jemanden reden zu können. Ich fühlte mich befreiter, als hätte man mir eine Last abgenommen. Aber jetzt machte ich mir erst Recht darüber Gedanken, wie wichtig mir Kageyama eigentlich war.

LET THE SHADOWS FALL BEHIND YOU - [kagehina] ♡ / completedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt