[ Point of view: Tobio Kageyama 🧡 ]
Ich brauchte eine Weile, um zu realisieren, was da gerade passiert war. Die ganze Zeit hatte ich Angst davor gehabt, dass irgendwer im Park war und sah, was Hinata und ich dort taten, aber seit dem Kuss war es mir egal, und wenn Mishita irgendwo stand und das Ganze filmte, für diesen einen Moment war es mir egal, ich würde ihn niemals enden lassen für so etwas.
Irgendwann lagen wir dann nur mit hochroten Wangen und Ohren, aber gleichzeitig auch grinsend aufeinander.
" Hättest du mich nicht vorwarnen können, du Idiot? ", fragte ich, meinte das allerdings nicht ernst. Sowas sollte nicht mit Vorwarnung passieren.
" Selber Idiot. ", brummte er zurück und zog dann die Kordeln meines Hoodies zu, sodass ich nichts mehr sah, da die Kapuze durch meine liegende Position bereits über meinem Kopf lag.
Ich riss sie wieder auseinander, sodass mein Sichtwelt erweitert wurde und ich ihn wieder sah.
" Da bist du ja wieder! ", lächelte er und zog die Kordeln noch einmal zu.
Das wiederholte er noch zwei weitere Male, bis ich das Gleiche mit seinen Kordeln tat und er der Blinde war. Bevor er sich wieder befreien konnte, drückte ich ihm allerdings noch mal meine Lippen auf. Diesmal sollte es von mir kommen.Da es mittlerweile dunkel war, kam Hinata noch kurz mit zu mir nach Hause und holte sein Fahrrad. Nach einer kurzen Abschiedsumarmung musste ich ihn jedoch gehen lassen. Obwohl ich ihm noch hinterher sah, bis er nurnoch ein orangener Fleck am Ende der Straße war, vermisste ich ihn bereits, als ich ihn loslassen musste. Ich fragte mich, ob das bei jungen Verliebten immer so war, schließlich war das Gefühl nicht gerade schön, so von jemandes Existenz abhängig zu sein. Ich wollte mich auch nicht unnötig da hineinsteigern, also versuchte ich, auf andere Gedanken zu kommen und ging Duschen. Als ich wieder nach unten ging, um einen Tee zu trinken, war ich wirklich gut gelaunt. Der wohl schlimmste Tag meines Lebens war wohl auch der schönste Tag meines Lebens. Während ich darauf wartete, dass das Teewasser fertig gekocht hatte, setzte ich mich an den Küchentisch und spielte dort mit ein paar Fransen an der Tischdecke, als sich mein Vater vor mich setzte. Wir hielten einen kurzen Smalltalk, bis er mich plötzlich sehr verstört musterte.
" Tobio, woher kommen diese blauen Stellen an deinen Armen und in deinem Gesicht? Du hast dich ja wohl nicht geprügelt, oder? "
Ich musterte meine Arme. Tatsächlich waren meine Handgelenke blau, so fest musste Hiroshima drücken, um mich fest zu halten. Wie sollte ich blaue Handgelenke erklären? Und warum war mir das vorher nicht aufgefallen? Erst jetzt merkte ich, dass sie auch ziemlich weh taten.
Denk nach, denk mach, dachte ich. Ich suchte nach einer Ausrede, als mein Vater bereits nach meiner Mutter rief. Sofort kam sie und setzte sich neben mich auf einen Stuhl und musterte dann meine Arme.
" Sie müssen nahezu abgeschnürt worden sein. Tobio-Chan, was ist das? "
Mir fiel einfach keine Ausrede dafür ein. Aber die Wahrheit wollte ich auch nicht sagen. Das bedeutete nur unnötigen Stress für meine Mutter.
" Tobio, bitte sprich mit mir. Ich will dir doch nur helfen. Wenn es wieder dieser Mishita war, dann können wir doch dafür sorgen, dass er dich in Ruhe lässt. "
Sofort war meine gute Laune zunichte gemacht.
" Ihr könnt mir gar nicht helfen. ", sagte ich, fast schon verbittert und verschwand dann wieder in meinem Zimmer. Diesmal zog das aber nicht bei meiner Mutter, denn sie folgte mir und setzte sich neben mich auf das Bett." Tobio... "
" Nein, ihr könnt nichts tun! Ich bin kein Kleinkind mehr, das ist ernst! Wenn ihr etwas tut, bin ich wieder der Schwache, dem immer geholfen werden muss. Und darauf habe ich keine Lust mehr! Ich habe es so satt, dass immer alles die falsche Entscheidung ist. "
" Nein. Wie du sagtest, ist das ernst, das ist kein Herumschubsen und Hänseln mehr. Es sind keine Einzelfälle, Tobio. Das was Mishita macht, ist Körperverletzung, und das nicht nur einmal und nicht gerade leichte. Wie oft hast du dich schon von ihm erniedrigen lassen? Wie lang willst du noch tatenlos rumstehen? Weißt du, wer die Schwachen sind? Diejenigen, die sich selbst über jemand anderen stellen. Diejenigen, die um Hilfe bitten, sind stark, nicht die, die kampflos untergehen. Und das tust du. Du gehst verdammt noch mal unter, wenn das kein Ende findet! "
Dann lockerte sich ihre Stimme ein wenig.
" Du kämpfst so sehr, um akzeptiert zu werden, aber nicht darum, das Hauptproblem zu beseitigen. Es ist, als würdest du jeden einzeln erschießen, anstatt einfach eine Bombe zu zünden. Wenn du Mishita los wärst, lassen dich auch die anderen in Ruhe. "" Vielleicht. Aber was wollt ihr großartig tun? Wir haben keine Beweise gegen Mishita, er wird sowieso immer weiter machen, bis die Schule vorbei ist. Meinst du, ein bisschen Ärger von irgendwem würde ihn dazu bringen, mich in Ruhe zu lassen? Der Kerl hat vor niemandem Respekt, er wird das Blut vom Messer wischen und da weitermachen, wo er aufgehört hat. Ich komme gegen ihn nicht an. "
" Keine Beweise? Du hast doch gesagt, die Menge hat die Konfrontation gefilmt. Wenn du an dieses Material kommst, gehe ich zum Direktor und hole dir erstens die Erlaubnis für das Trainingsspiel zurück und zweitens eine Entschädigung sowie eine härtere Bestrafung für Mishita. Das wäre der erste Schritt. "
" Aber... "
" Nichts aber. Nun lass dir doch bitte helfen! Wieviele wollen Hilfe, aber kriegen sie nicht, weil sie den Mund nicht aufmachen können? Du bekommst sie doch sogar angeboten! Tobio, du tust nichts schlechtes wenn du dich gegen die wehrst, die dir etwas schlechtes tun. Sonst bist du doch auch nicht so. "
Betreten sah ich weg. Ich wusste ja, dass sie Recht hatte.
" Was, wenn das alles nur schlimmer macht... "
" Wir reden hier von ernsten körperlichen und seelischen Verletzungen. Was hast du denn noch nicht durch gestanden? Alle diese Verletzungen sind sichtbar, Tobio. Du kannst sie vorzeigen. Wenn du oft genug Mishita dafür verantwortlich machst, wird man ihn irgendwann so überwachen, dass er gar keine Chance mehr dazu hat, dir weh zu tun. Außerdem siehst du zu, dass du den ganzen Schultag über nicht mehr allein bist. Hinata holt dich morgens hier ab, verbringt seinen Tag mit dir und bringt dich nach Hause. Dir wird nichts mehr passieren. Er passt auf dich auf. "
Ich nickte. Ich verstand es ein wenig. Auch bedachte ich nun, dass wir in kleinen Schritten arbeiten mussten, es konnte nicht alles auf einen Schlag aufhören. Ich akzeptierte die Hilfe also und erzählte meiner Mutter dann auch die ganze Geschichte, was heute passiert war. Nur, was danach zwischen Shōyō und mir war, ließ ich aus.