Kapitel 5

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„Ich denke, ich sollte wieder zurück nach Bangkok gehen.", teilte ihm Krist über ihr Frühstück mit, und schaute ihn daraufhin etwas unsicher an.

Es machte nicht wirklich Sinn, dass er auf eine Reaktion zu warten schien die solch einen Ausdruck rechtfertigen würde.

Singto nickte schließlich verstehend.

Es kam nicht wirklich unerwartet.

Eigentlich hatte er schon eher mit dieser Nachricht gerechnet, auch wenn er jeden Tag auf ein Neues froh war, Krist noch etwas länger bei sich zu haben.

Der Sommer neigte sich nun auch langsam seinem Ende, wenn vorerst auch nur meteorologisch. Über den Tag war es noch immer warm genug um ins Schwitzen zu geraten. Nur die Nächte wurden nun etwas lauer und angenehmer.

„Wann genau möchtest du abreisen?" Krist schaute ihn noch einen Moment nachdenklich wirkend an. „Nach dem Festival. Das möchte ich gern noch miterleben. Außerdem musste ich es Honda-san und den anderen versprechen." Darauf lächelte dieser zugetan. Es bedeutete das Krist noch für vier Tage hier wäre. und auch wenn es ihm das Herz schwer machte daraufhin wieder für sich zu sein, so wollte er die restliche Zeit mit ihm nicht damit vergeuden sich niedergeschlagen zu fühlen.

„In Ordnung. Weiß P'Yui schon bescheid?"

„Noch nicht, ich wollte es zuerst dir mitteilen." Singto schob seine Augenbrauen etwas verwundert nach oben über diese Worte, hörte es sich beinahe so an, als müsse er ihn zuerst um Erlaubnis bitten wieder gehen zu dürfen.

„Es war schön dich hier zu haben. Aber ich verstehe natürlich, dass du auch noch anderen Dingen in deinem Leben nachzukommen hast.", vergewisserte er ihm und lächelte ihn verstehend an. Dann klopfte es an der Vordertür und Singto klopfte Krist im Vorbeigehen bekräftigend auf die Schulter, bevor er sich ihrem Besuch zuwendete.



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Irgendwo hatte ich mir gewünscht, dass seine Reaktion auf die Nachricht, dass ich wieder abreisen werde, etwas emotionaler ausgefallen wäre. Vielleicht sogar die Bitte, noch länger zu bleiben, aber wenn ich es mir recht überlege sprechen wir hier von einem Mann, der nicht wirklich gut darin ist, einen mit tiefgreifenden Gefühlsregungen zu begegnen. Dennoch bin ich enttäuscht und fühle mich sogar etwas abgewiesen. Natürlich ist es albern, denn nur weil ich ihn durch eine rosarote Brille ansehe, heißt es nicht, dass er ähnlich empfindet.

Obwohl ich noch immer zu gern wissen möchte, ob er es damals vielleicht getan hat. Als ich ihn an jenem Abend geküsst habe, hat er nicht gezögert es zu erwidern. Ich habe mich seither oft gefragt, ob ich mit meinem Verschwinden, nicht meine einzige Chance mit ihm zusammen kommen zu können ebenso zurückgelassen habe. Wäre ich nicht derart feige und unsicher gewesen, hätte er meine Gefühle womöglich erwidert?




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***



Kenji zeigte sich mit ungemein guter Laune, als sie den Tag über noch die ein oder andere Reparatur und gewünschte Dekorationen an ihrem kleinen Dorfschrein durchführten, das er nicht umhinkam sich zu fragen, was wohl der Grund für diese gute Stimmung sein mochte.

Morgen wäre das Festival und es gab noch das ein oder andere zu erledigen. Sie hatte sich schließlich zu ihrer Pause auf die hölzernen Stufen des Schrein gesetzt als Honda-san mit Fuma-san auftauchte und sie ihn baten ihnen bei ihren Vorbereitungen behilflich zu sein.

Es ging geschäftig zu in dem kleinen Ort. Er hatte seine Kamera somit stets dabei, sollte sich eine Gelegenheit für ein paar gute und interessante Schnappschüsse anbieten. Fuma und Honda-san nahmen es gelassen, als er ein Foto nach dem anderen schoss, um die ihn umgebende Atmosphäre auch so lebendig wie möglich einfangen zu können.

Auf ihrem Weg sah er schließlich auch Krist, der sich mit ein paar der anderen Dorfbewohner unterhielt und ihn somit gar nicht bemerkte. Es bot Singto die Möglichkeit auch davon ein paar Bilder zu machen.

„Man kann nie genug Bilder von seinem Liebsten haben, nicht wahr.", vernahm er die sanfte aber auch etwas erheitert klingende Stimme von Honda-san die ihm, auf einen perplexen Blick in ihre Richtung, wissend zuzwinkerte.

Singto spürte die Hitze auf seinen Wangen und räusperte sich unnötig in seiner Verlegenheit.

„Na, na kein Grund sich schüchtern zu geben. Der Junge ist ein guter Fang und das nicht nur wegen dem hübschen Gesicht." Singto schmunzelte nun selbst über ihre Worte und schickte einen letzten, zugetanen Blick in Krist Richtung, der genau in diesem Moment zu ihm schaute, ihm ein munteres Lächeln schenkte und kurz zuwinkte, das es sein Herz ein wenig schneller schlagen ließ.

Er hätte Honda-san berichtigen können, dass ihre Annahme nicht der Wahrheit entsprach, doch irgendwie mochte er das warme Gefühl, das sich über diese Mutmaßung in ihm ausbreitete.

Und da niemand da war um ihn dafür zu verurteilen, hielt er in diesem Augenblick selbstbezogen daran fest.



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Ich glaube nun zu wissen, warum mich dieser Kenji nicht leiden kann und es bringt mich etwas aus der Fassung, denke ich daran, dass ich P'in wenigen Tagen wieder allein lassen werde. Nun wo ich öfter die Gelegenheit bekommen habe zu beobachten, wie dieser Kerl sich mit P'gibt, wurde es mir doch recht deutlich bewusst. Das frustrierende ist, das P'keinen Schimmer zu haben scheint. Er war damals schon immer etwas begriffsstutzig. Kein Wunder also das er nicht mitbekommt, das man versucht mit ihm zu FLIERTEN! Auch wenn ich zugeben muss, das Kenji es nicht zu offensichtlich erscheinen lässt. Aber für jemanden der selbst ein gutes Auge für diese Art von Schauspiel hat, sind manche Dinge einfach nicht zu übersehen.

Wie die Blicke die dieser P'schenkt, wenn er sich ihnen nicht bewusst ist. Ich habe P'selbst oft genug so angesehen um sie nun zu erkennen. Ein andres Detail wäre, das Kenji P'immer etwas zu nahe ist. Das verrückte ist, das P'diese Art von Austestversuche nicht wirklich als solche deutet, da er es noch von damals gewohnt zu sein scheint, wenn man ihm näher kommt, als normal angebracht.

Es weckt in mir das Verlangen P'zu sagen, was vor sich geht, aber ich denke nicht, das er es ernst nehmen würde. Am Ende wird er sogar noch wütend auf mich, wenn ich so etwas behaupte. Außerdem käme ich mir auch noch vor wie eine hinterhältige Petzte.

Das heißt wohl, dass ich mich etwas mehr ins Zeug legen muss. Ich bete nur, dass die ganze Sache nicht irreparabel nach hinten losgeht...



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***


Singto fühlte die Wärme die seinen Körper ausfüllte und es hatte rein gar nichts mit dem Klima zu tun. Er hielt seinen Blick stur an Krist vorbeigerichtet, der ihm half seinen Obi richtig zu binden, um seinen Yukata ordentlich in Form zu halten.

Krist war ihm dabei so nahe, das er einfach seine Arme hätte um ihn schließen können, um ihn zu umarmen. Aber das tat er nicht, stattdessen hielt er sie zur Seite ausgestreckt, wie es Krist ihm angegeben hatte und wagte es nicht den Mann vor sich anzuschauen.

Krist trug ebenso einen Yukata aus dunkelgrünem Stoff auf dem sich ein Bambusmuster entlang zog. Und Singto würde lügen würde er sagen, das Krist dieses Gewand nicht ungemein gut kleidete. Er hatte es damals schon gern an ihm gesehen, als sie ab und an für Oishi in Japan gewesen waren.

Krist hatte ihm seinen Yukata mit einem breiten Strahlen überreicht, nachdem er gemeint hatte, dass er für das Festival eigentlich gar nichts Passendes zum Anziehen habe.

Es war ein Geschenk und ein Dankeschön für seine Hilfe mit welcher er das Dorf unterstütz habe.

Eine wirklich liebenswerte Geste.

Kurz darauf war Krist in seinem Outfit vor ihn aufgetaucht und Singto hatte sich zusammenreißen müssen ihn nicht zu offensichtlich anzustarren.

„Und was sagst du?", hatte dieser ihn daraufhin gefragt und ein wenig vor ihm posiert.

„Gut." Hatte er etwas angestrengt gemeint und Krist damit dazu gebracht eine enttäuschte Schnute zu ziehen.

„Nur gut?" Es war so typisch Krist, das Singto schließlich etwas auflachen musste.

„Bezaubernd.", hatte er sich daraufhin berichtigt. Krist schien zufrieden damit und hatte sich angeboten seinen Obi zu binden, da er sich dies extra hatte von Fuma-san zeigen lassen.

Er würde ihn wirklich vermissen.



Sie hatte sich mit Kenji und Yun verabredet. Kenji ließ ein angetanes Pfeifen hören, als er ihn sah und kurz an dem Ärmel seinen Yukata zupfte. „Schick sieht der Herr aus.", neckte dieser ihn mit einem verstohlenen Grinsen.

Singto knuffte ihn mit dem Ellenboden leicht in die Seite. „Seh ich das nicht immer?" Kenji gab ein überlegendes Raunen von sich. „Schon, aber das hier macht auf seine spezielle Art etwas an dir her." Kenji zwinkerte ihm zu und Singto schüttelte mit einem Schmunzeln den Kopf.

Dann passierte etwas das ihn einen Moment den Atem nahm.

Krist hatte seine Hand ergriffen und zog ihn unter dem Hinweis, dass sie sich in Bewegung setzten sollten mit sich.

Es war ein vertrautes Gefühl, von dem er nicht angenommen hatte es noch einmal erleben zu dürfen. Krist indes schien sich nichts dabei zu denken, ließ er ihn auch nicht wieder los, als sie die schmale Straße entlangliefen und er munter vor sich hinredete.

Vielleicht wollte Krist nicht das sie sich verlieren würden, wurde es nun deutlich geschäftiger um sie herum, mit dem ganzen Dorf auf den Beinen.

Und warum sollte er einwendete erheben, solange es für Krist in Ordnung schien?



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Mir schlug das Herz bis zum Hals, als ich seine Hand ergriff. Es war eigentlich mehr ein spontaner Impuls, als ich mit ansehen musste, wie dieser Kenji schon wieder derart ungeniert mit meinem P'umging. Hätte P'meine Geste zurückgewiesen...
Aber er tat es nicht und es beflügelte mich derart, dass ich ihn auch nicht wieder los ließ, selbst als wir schon eine Weile unterwegs waren.

Am liebsten, hätte ich ihn nie wieder losgelassen...




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Der Abend zog sich in einer entspannten Atmosphäre hin.

Nur Kenji schien nicht recht daran teilzuhaben, obwohl er zu Beginn doch ziemlich ausgelassen wirkte.

„Alles ok?", fragte er ihn schließlich als die anderen beiden sich gerade etwas zu essen von einen der kleinen Stände holten und sie auf diese warteten.

Kenji schaute ihn daraufhin mit einen Ausdruck an, den er nicht wirklich zu deuten vermochte.

„Ist er wirklich nur dein bester Freund?" Damit deutete er flüchtig in Krist Richtung und Singto fühlte sich prompt etwas unwohl, was er versucht mit einem kurzen Auflachen zu überspielen. „Krist? Natürlich. Warum?" Kenjis Blick nahm etwas Inspizierendes an. „Würdest du wollen, dass er mehr als dein bester Freund wäre?" Singto hatte keine Ahnung was diese plötzlichen und reichlich aufwühlenden Fragen sollten.

Hatte er sich womöglich doch verraten, wie viel ihm Krist eigentlich bedeutete? Er war selbst davon ausgegangen, dass er seine Gefühle doch recht gut im Griff hatte.

Unbewusst schaute er eben auf jene Person die sein Herz immer etwas heftiger schlagen ließ.

„Verstehe.", hörte er Kenji sagen und noch bevor er sich ihm wieder zuwenden konnte, war dieser auch schon verschwunden.

„Wo will er hin?", erkundigte sich Yun, als sie wieder zu ihm zurück kamen und Kenji in der Menge verschwand.

„Uhm..." Yun gab ein Seufzen von sich und drückte ihm sein Takoyagi in die Hand, bevor er sich mit einem „Iss die für mich." in dieselbe Richtung auf machte, in die Kenji verschwunden war.

Krist schaute ebenfalls etwas irritiert.

Singto indes wurde das Gefühl nicht los, das er auch ohne große Worte seine Freundschaft mit Kenji ruiniert haben könnte, was ihn betrübt den Kopf hängen ließ.

Krist hakte sich bei ihm unter, auf das er ihn mit einem schwachen Lächeln ansah.

„Yun wird sich schon um ihn kümmern.", meinte dieser aufbauend und Singto nickte schlicht.

„Du sagtest du wolltest mir noch etwas zeigen.", erinnerte ihn Krist dann und Singto straffte sich über diesen Hinweis, hatte er sein Vorhaben beinahe vergessen.

Er führte ihn schließlich zum Schrein und ein Stück weiter an diesem vorbei. Als das Licht des Geländes nicht mehr ausreichte, streckte er Krist seine Hand entgegen. Dieser verstand seine Intension und griff ohne Zögern danach und ließ sich sicher führen.

Sie kamen schließlich an einer kleinen Lichtung an und Krists Gesichtsausdruck war genau das, was er sich erhofft hatte.

„Wie aus einem Gibli Film.", meinte dieser fasziniert und schaute mit einer fast kindlich anmutenden Verwunderung auf das Treiben an Glühwürmchen, die über die hohen und sich leicht im Wind wiegenden Gräser tanzten.

„Das ist wirklich schön.", wisperte Krist und Singto war zufrieden, dass er ihm einen besonderen Abschluss seines Aufenthaltes hatte bescheren können.

Sie setzten sich auf einen am Boden liegenden Stamm am Rande der Lichtung. Leise vernahm man die Musik vom Fest und Singto setzte ein entspanntes Lächeln auf.

„Danke, das du mich hast bleiben lassen.", vernahm er Krist Worte und schaute zu ihm. Dessen Aufmerksamkeit lag noch immer auf der Kulisse vor ihnen, auch als er weitersprach.

„Ich habe mich schon lange nicht mehr so...frei, fühlen können." Singto gab ein verstehendes Raunen von sich, auf das Krist ihn nun ebenso ansah.

Und als ihn Krist so ansah, spürte er jetzt schon die Einsamkeit die ihn ohne ihn einholen würde.

Dann rückte dieser etwas näher heran, ohne das er seinen Blick auch nur eine Sekunde von ihm genommen hätte.

Doch nun konnte Singto so etwas wie Unsicherheit darin erkennen, die ihn kurzum irritierte.

Genau wie Krist Gesicht, das sich plötzlich seinem näherte.

„Darf ich dich küssen P'?", wisperte dieser daraufhin und schaute ihn abwartend an.

Doch anstatt sich verlegen zu fühlen über diese Frage, fühlte Singto sich eher provoziert, war das erste was ihm darauf in den Sinn kam, was das letzte Mal passiert war, als er sich darauf eingelassen hatte.

„Weißt du Krist, du brauchst dir keinen Vorwand suchen, nur um mich auf subtile Art und Weise wieder aus deinem Leben schieben zu können.", teilte er ihm kühl mit und erhob sich wieder.

„Ich werde dich nicht zwingen mein Freund zu sein, doch ich werde auch nicht mehr für deine Launen herhalten, weil dir gerade so der Sinn danach steht. Ich brauche keine Wiederholung solch einer Enttäuschung. Denn auch wenn es dir damals am Ende unangenehm gewesen ist, was an diesen Abend zwischen uns passierte, so wäre es mir lieber gewesen, wir hätte darüber gesprochen und die Dinge geklärt. Anstatt diese Scharade aufzuführen, als wäre alles in Ordnung.

Denn am Ende warst es nicht nur du, denn diese Sache beschäftigt hat." Krist sagte nichts dazu und Singto seufzte langezogen. „Lass uns zurückgehen." Damit machte er ein paar Schritte zurück auf den Pfad zu, auf dem sie hier hergekommen waren, doch als sich nichts weiter tat, schaute er sich wieder um.

„Krist?" Egal wie mürrisch dieser nun wäre, er wollte ihn nicht hier allein sitzen lassen. Am Ende passierte ihm etwas und das musste einfach nicht sein. Es war schade wie sich die Dinge nach diesen Vorfall zwischen ihnen entwickelt hatten, aber er hatte über die letzten Jahre gelernt, dass es nicht immer der kluge Weg war, wenn man seinen Emotionen zu viel Inhalt beimaß.

Es war am Ende nicht Krists Schuld, das er naiv genug gewesen war zu glauben Krist würde seine Gefühle irgendwo verstehen und erwidern.

Schließlich erhob sich Krist und sie verließen schweigend die Lichtung.

Singto war nicht wirklich danach nun nach Hause zu gehen und man nahm ihn diese Entscheidung ab, sobald sie von Fuma-san entdeckt wurden und diese sie zu einer geselligen Runde unter Nachbarn einlud.

Auch weil es Krists letzter Abend hier war.

Letztendlich war er dankbar, dass man ihnen somit die Last nahm, sich mit ihren vorherrschenden Gedanken beschäftigen zu müssen.

Zumindest für die nächsten Stunden.

Diary of my Heart (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt