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Als ich endlich das Abendessen überstanden hatte und in mein Zimmer flüchten konnte, schien eine Last auf meinen Schultern zu verschwinden.

Erleichtert seufzend schmiss ich mich in mein Bett und steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren, denn entspannende Musik hatte ich gerade bitter nötig.

Ich überkreuzte die Arme hinter meinem Kopf und genoss den Klang der Musik meiner Lieblingsband, während ich noch immer sehnsüchtig auf den Anruf meines Dads wartete, welchen ich augenscheinlich aber nicht bekommen würde.

Als mir nach einer Weile die Augenlider zufielen, beschloss ich, mich endlich Schlafen zu legen und hoffte, wenn ich am nächsten Tag aufwachte, sich alles nur als ein schrecklicher Albtraum herausstellen würde. Doch dem würde nicht so sein, was mir innerlich natürlich bewusst war.

Ich schloss also unruhig meine Augen und nach längerer Zeit gelang es mir endlich, in Ruhe einzuschlafen.

„Lucas!", schreckhaft erwachte ich aus meinem leichten Schlaf und blinzelte ein paar Mal, als ich meine Schwester an meinem Bett stehen sah.
„Laurie?", fragte ich daher verschlafen und gähnte ausgiebig, als ich auf die Tränen auf ihrer Wange aufmerksam wurde.

„Was ist los, Laurie?", fragte ich sofort besorgt und war plötzlich hellwach, als ich mich in meinem Bett aufrichtete und sie sich neben mich setzte.

„Ich hab mir am Kopf wehgetan!", sagte sie leise und senkte ihren Blick auf den Fußboden, als ich ihr sofort besorgt den Kopf abtastete, jedoch konnte ich nichts Schlimmes erkennen.

„Wie ist das denn passiert?", fragte ich unruhig und umarmte sie beruhigend, als sie laut anfing zu Schluchzen und sich an meinen Brustkorb drückte.

„Ich wollte sie schlafen legen, dann hat sie sich den Kopf an ihrem Bett gestoßen.", ich drehte mich zu meiner Zimmertür um, in der David stand und mich eindringlich musterte.

„Komm, ich bringe sie in ihr Zimmer.", sagte David ausdruckslos, als sich Laurie noch fester an mich drückte und laut schluchzte.

„Aber..", wollte ich ihm widersprechen, als er mich augenblicklich unterbrach und schnellen Schrittes auf das Bett zugelaufen kam.

Alarmiert legte ich einen Arm um Laurie, die mittlerweile zitterte und die Augen zusammenkniff.

„Ich bringe sie ins Bett.", sagte er bestimmend und ergriff Laurie am Arm, die sich nicht wehrte und von ihm mitziehen ließ.

Ich war vollkommen perplex und hatte keinen Schimmer, was hier gerade passierte, aber es gefiel mir absolut nicht. Was war hier eigentlich los?

Aber so sehr wie Laurie weinte, konnte ich sie unmöglich einfach wegschicken, weswegen ich die Initiative ergriff und Einspruch erheben wollte.

„Ich geh schon mal vor..", schluchzte meine kleine Schwester, die wohl der unangenehmen Situation zu entgehen versuchte, was ich auch verstehen konnte.

„Warte! Ich kann..", wieder unterbrach er mich inmitten meines Satzes und ließ mich nicht einmal ausreden, als sich seine Augen wütend zu Schlitzen formten. Er schloss die Tür hinter sich und sah aus, als würde er gleich explodieren.

„Widersprich mir nicht, Lucas!", mahnte er mich wütend und seine Augen funkelten, als ich schockiert meine Augen aufriss und beinahe Angst vor ihm bekam. Er sah mich an, als wolle er mich gleich verprügeln, weswegen ich sofort verstummte und ihn lediglich geschockt ansah.

Ich erwiderte nichts mehr darauf und richtete meinen Blick auf den Boden, als es plötzlich totenstill in meinem Zimmer war. Ich schluckte und biss mir nervös auf die Lippe, traute mich nicht, etwas zu sagen.

„So ist es gut.", sagte David, und als ich letztlich doch zu ihm aufsah, grinste er mich beinahe spöttisch an, bevor er mein Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss.

Ich regte mich nicht und saß noch in der selben Position auf meinem Bett, als sich meine Gedanken erst einmal sammeln mussten.

Was zum Teufel war das?

Was war plötzlich in David gefahren? Ich wollte lediglich meine Schwester in ihr Zimmer begleiten und er reagierte, als hätte ich ihn persönlich angegriffen?

Ich wollte am liebsten schreien! Ich war wütend auf David, wütend auf meine Mum und meinen Dad, doch am meisten war ich wütend auf mich selbst.

Wieso hatte ich nichts gegen ihn gesagt? Ich hatte mich von ihm einschüchtern lassen und das war es, was mich ungemein aufregte.

Warum war er plötzlich so ausgerastet und warum hatte ich nichts dagegen getan? War ich wirklich so erbärmlich, wie es immer alle sagten?

Ich bekam diese Nacht kein Auge mehr zu und hätte am liebsten einfach losgeschrien, so frustriert und wütend war ich. Warum hatte David eine solche Wirkung auf mich, dass ich ihm einfach nicht widersprechen konnte?

Was stimmte nicht mit mir? Warum war er in einem Augenblick so freundlich und im nächsten schrie er mich an? Weshalb war er so aggressiv?

Ich konnte auch nach zwei Stunden einfach nicht einschlafen, vor Sorge um meine kleine Schwester, die so viel geweint hatte wie noch nie. Ging es ihr gut? Vielleicht sollte ich nachsehen?

Ich stieg leise aus meinem Bett, tapste zur Tür und fühlte mich dabei wie ein Verbrecher, obwohl ich mich nur nach dem Wohlergehen von Laurie erkundigen wollte.

Ich schlich leise den Gang entlang, trat dabei jedoch auf eine Diele des Holzbodens, die sofort Geräusche machte. Aber alle anderen schliefen doch sowieso, oder?

Ich öffnete leise ihre Tür und stellte unglaublich erleichtert fest, dass Laurie friedlich mit ihrem Kuscheltier im Arm eingeschlafen war.

Ich seufzte zufrieden und wollte mich gerade wieder umdrehen und gehen, da legte sich von hinten eine Hand auf meine Schulter und ich wurde grob herumgerissen.

Zu Tode erschrocken starrte ich in das amüsierte Gesicht von David und gerade als ich vor Schreck losschreien wollte, presste er fest seine Hand auf meinen Mund.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an, während mein ganzer Körper zitterte.

Wäre das nicht die Stelle, an der er mich abgestochen hätte? Innerlich stellte ich mir bereits verschiedene Szenarien vor, die ich alle in Horrorfilmen schon gesehen hatte.

„Shh, du willst doch Laurie nicht wecken, oder?", fragte er stattdessen und nahm direkt seine Hand von meinem Mund. „I-ich..", stotterte ich hilflos, jedoch kam er mir zuvor.

„Ihr geht es gut, Lucas. Mach dir keine Sorgen.", grinste er fragwürdig und ich nickte benommen, bekam vor Schreck noch immer kein Wort heraus.

„Na dann, schlaf gut, kleiner.", sagte er lediglich, bevor er mich noch einmal boshaft angrinste und wieder im Schlafzimmer meiner Mum verschwand.

Ich flüchtete mich schnell wieder in mein Zimmer und schloss sofort die Tür hinter mir, während ich mein Herz noch immer rasend schnell schlagen hörte.

Was zum Teufel war das?

Stepfather Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt