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Ich öffnete bedächtig meine müden Augen, als ich ein Geräusch von dem unteren Stockwerk vernahm. Gähnend richtete ich mich auf und erst dann fiel mir auf, dass Chris nicht mehr neben mir lag. Hatte ich denn zu lange geschlafen?

Ich rieb mir die Augen und warf einen Blick auf den kleinen Standwecker, welcher bereits 09.00 Uhr anzeigte. Chris war normalerweise ein Langschläfer und wäre nun eigentlich noch nicht wach.

Ich zuckte mit den Schultern. Möglicherweise hatte er Hunger bekommen und bereitete schon das Frühstück vor? Gerade wollte ich mir mein T-Shirt über den Kopf ziehen und mich fertigmachen, als ich erneut ein Geräusch vernahm, gefolgt von lauten Stimmen.

Verwirrt hielt ich in meiner Bewegung inne und richtete mich aus dem Bett auf, schlich leise zur Tür und öffnete diese einen Spalt breit. Ich fühlte mich schlecht, Chris bei seinen Gesprächen zu belauschen, allerdings hatte ich ein mulmiges Gefühl im Magen und ahnte, dass es sich nicht um ein friedliches Gespräch handeln konnte.

Die Lautstärke erhöhte sich um einiges, je näher ich kam und ich runzelte verwirrt die Stirn. Was passierte da unten? Ich hörte plötzlich Chris' aufgebrachte Stimme und fragte mich inständig, wer dort vor der Tür stand.

„Entschuldigen Sie, aber Lucas möchte nicht nach Hause und er kann so lange hierbleiben, wie er will.", knurrte Chris leicht gereizt, was mich überrascht das Gesicht verziehen ließ.

„Seine Mutter heult sich zuhause die Augen aus und ich erwarte, dass er jetzt sofort hierher kommt und mit mir geht!", Ich erstarrte ungläubig und plötzlich wurde mir klar, dass es tatsächlich David war, welcher vor der Haustür stand und augenscheinlich ziemlich wütend zu werden schien..

„Er will aber nicht und ist alt genug, um zu entscheiden, dass er hier bleiben will!", zischte mein bester Freund aufgebracht und ich konnte aus seiner Stimme heraushören, dass er bald wieder handgreiflich werden könnte, sollte sich diese Situation weiterhin zuspitzen. Chris war ein wunderbarer und treuer Mensch, der alles für jemanden tun würde, den er seinen Freund nennen konnte. Allerdings konnte er auch ziemlich schnell die Kontrolle verlieren, wenn es darum ging, diese Person zu verteidigen.

Dies hatte ich oft genug selbst miterlebt und wollte mich gerade in Bewegung setzen, um genau das zu verhindern, allerdings schien mir Chris zuvorzukommen und ich hörte plötzlich einen lauten Knall.

Erschrocken sprintete ich zum Treppengeländer um zu sehen, was im unteren Stockwerk geschehen war, allerdings stand dort nur Chris, der die Hände in die Hüften gestemmt hatte und vor einer geschlossen Tür stand. Er musste sie David wohl vor der Nase zugeschlagen haben. Hastig atmete ich ein und aus, als mir bewusst wurde, dass ich mich auf etwas gefasst machen konnte, würde ich bald zurück nach Hause gehen.

Chris drehte sich um und schien mich sofort zu bemerken, woraufhin er schnellen Schrittes die Treppe hinauf rannte und mich hastig in eine feste Umarmung schloss. Überrascht erwiderte ich diese nach wenigen Sekunden, als er sich etwas von mir löste und mir tief in die Augen sah.

„Hast du es mitbekommen?", fragte er mich, plötzlich wieder völlig ruhig, als wäre seine Wut sofort verflogen gewesen. Etwas benommen nickte ich, verarbeite all das und realisierte, was bald auf mich zukommen könnte.

„Mach dir keine Sorgen, der kann hier noch so oft klingeln wie er will. Du bleibst hier, wenn du es willst, und dafür werde ich sorgen.", versprach mir mein bester Freund, woraufhin ich ihm dankbar in die Augen schaute und leicht lächeln musste, obwohl mir nach alldem absolut nicht zum Lachen zumute war.

„Meine Mum weint meinetwegen..", hauchte ich leicht schluchzend und kniff die Augen zusammen, um meine Gedanken zu ordnen. Es tat mir unfassbar leid, sie so traurig zu stimmen, allerdings war mir gerade alles zu viel und ich konnte einfach nicht wieder nach Hause gehen und so tun, als wäre nichts gewesen.

„Das ist nicht deine Schuld!", widersprach mir Chris sofort und schaute mir durchdringend in die Augen, was ich problemlos erwiderte. Leise nickte ich und löste mich leicht von ihm, bevor wir wieder in sein Zimmer liefen und uns umzogen, ehe wir nach unten in die Küche gingen und uns Frühstück zubereiteten.

Seufzend ließ ich mich auf dem hölzernen Stuhl nieder, als ich mich verwirrt im Wohnzimmer umsah  und mich wunderte. „Deine Eltern sind nicht da?", fragte ich vorsichtig, woraufhin Chris seufzend den Kopf schüttelte.

„Nein, seit damals hat sich nichts geändert. Die wollen nichts von mir wissen.", erklärte er mir und verzog kurzzeitig traurig sein Gesicht, was mich bereuen ließ, dass ich ihn gefragt hatte.
„Tut mir leid, ich wollte nicht..", murmelte ich, wurde jedoch sogleich von Chris unterbrochen. Dieser lächelte sanft. „Du bist wirklich der liebenswerteste Mensch, den ich kenne. Mach dir keine Gedanken um mich, okay?", hauchte er und legte sanft einen Arm um meine Schulter, bevor er sich ebenfalls auf einen Stuhl setzte.

Er reichte mir einen Kaffee, welchen ich dankend annahm und griff sich eine der Zeitungen, die verteilt auf dem Tisch lagen, um mehr Platz für seinen Teller zu schaffen.

Gelangweilt ließ ich meinen Blick zur Vorderseite einer der Zeitungen schweifen, als mir direkt eine fett gedruckte Schrift ins Auge fiel.

‚Serienmörder schlägt wieder zu: Mann ermordet Frau und drei Kinder'

Interessiert griff ich nach der Zeitung und betrachtete die Titelseite, auf der ein schlechtes Phantombild abgedruckt war und las mir, aus welchen Gründen auch immer, den Text durch.

,Stiefvater gesucht: Erneut schlägt er wieder zu und ermordet eine junge Frau mitsamt ihren drei Kindern. Nach weiteren vier Fällen, in denen er ebenfalls eine gesamte Familie ermordete, findet er nun seine nächsten Opfer. Weiterhin ist er auf der Flucht und sucht sich möglicherweise neue Opfer. Kinder sollten nicht allein außerhalb spielen und man soll sich davor in Acht nehmen, nachts allein durch die Stadt zu laufen. Alarmieren Sie sofort die Polizei, sollten Sie diesen Mann sehen:

Nun betrachtete ich das graue Phantombild, als ich verwirrt meine Augenbrauen zusammenzog und meine Augen zu Schlitzen formte. Bis mir dann ein Gedanke kam, welcher meinen Körper erzittern ließ.

Ich bildete mir tatsächlich ein, dieses Bild würde David ähnlich sehen. Während ich zwei Sekunden lang schockiert war und beinahe mein Herz aussetzte, schüttelte ich danach den Kopf.

War ich denn nun völlig verrückt geworden, dass ich mir solche Dinge bereits einbildete?

Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Was war bitte los mit mir? Ich legte die Zeitung aus den Händen und massierte mir gestresst die Schläfen. Wie sollte das alles weitergehen?






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Wie findet ihr die Story bis jetzt? Wie könnte sie weitergehen? ;)

Schreibt mir gerne Feedback, Kritik oder Vorschläge in die Kommentare, ich lese sie mir immer gerne durch xD

Stepfather Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt