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„Chris!"

Ich versuchte ihn einzuholen, doch es gelang mir beim besten Willen nicht. Ich rannte wie ein Irrer hinter ihm durch die Straßen, dennoch entfernte er sich immer weiter von mir.

Mein Atem schien immer hektischer zu werden und es fiel mir zunehmend schwerer, normal zu atmen und Luft zu holen.

Ich hatte schon immer Probleme mit meiner Lunge gehabt, ich konnte nicht lange laufen ohne Atemprobleme zu bekommen, doch im Moment blendete ich all das aus. Ich wusste wozu Chris imstande war, wenn dieser die Kontrolle über sich verlor und die Wut die Oberhand über ihn gewann.

Ich hatte es oft genug selbst miterlebt. Immer wenn sich jemand in der Schule über mich lustig gemacht hatte oder mir etwas antun wollte, war Chris letztlich ausgerastet und handgreiflich geworden.

Nicht auszudenken, was passieren könnte, würde David ihm die Tür öffnen. Außerdem hatte ich bereits am eigenen Leib erfahren müssen, wozu David imstande war, weshalb ich ein Aufeinandertreffen um alles in der Welt verhindern musste.

Doch je weiter und schneller ich rannte, desto mehr schmerzte mein Körper und ich konnte nicht mehr atmen, weshalb ich letztlich dazu gezwungen war, stehenzubleiben.

Ich röchelte und krallte mich benommen an eine der Straßenlaternen. Mein Brustkorb schmerzte und ich nahm mein Umfeld nur noch verschwommen wahr. Mein Körper zitterte und ich fürchtete, gleich umzukippen, als mich jemand fest am Handgelenk ergriff und mich an seinen Brustkorb zog.

Als ich meinen Blick hob, schaute ich in das schmerzverzerrte Gesicht von Chris, der mich mit einem weichen Blick musterte und behutsam über meinen Rücken strich.

Seine Wut schien plötzlich wie weggeblasen und er drückte mich fester an sich, als würde er fürchten, ich könnte mich verletzen oder wegrennen.

„Es tut mir so leid..", flüsterte er, legte sein Kinn auf meinem Kopf ab und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren, woraufhin ich wohlig seufzte und ihn umarmte.

„Es tut mir leid.. Ich habe.. wieder die Kontrolle verloren..", murmelte er schuldbewusst und machte keine Anstalten, mich loszulassen, was mir jedoch völlig gleichgültig war. Von mir aus konnte er mich für immer und ewig in seinen Armen halten.

„A-alles ist gut, du m-musst dich für nichts entschuldigen..", nuschelte ich in seinen Pullover, jedoch fiel es mir noch immer schwer, ordentlich zu atmen und zu sprechen.

„Können wir.. wieder zu dir nach Hause gehen?", Chris nickte verständnisvoll und obgleich ich in seinem Gesicht ablesen konnte, dass er noch immer wütend und fassungslos war, so schien er sich für mich zusammenzureißen.

Als wir nach einer Weile wieder vor seinem Haus standen und eintraten, ging es mir mittlerweile wieder relativ gut und ich war wieder in der Lage, normal zu atmen und zu sprechen.

In seinem Zimmer setzte er sich vorsichtig neben mich auf sein Bett und betrachtete mich mit einem ernsten, beinahe fordernden Gesichtsausdruck.

„Lucas, du musst jetzt ganz ehrlich zu mir sein, okay? Ist das schon einmal vorgekommen? Hat er dich verletzt?", fragte mich mein bester Freund und sah mir dabei tief in die Augen, was mich leicht durcheinanderbrachte.

„Nein, er hat mich nicht verletzt..", murmelte ich leise, was Chris seufzen ließ. „Wenn er dir irgendetwas antut, musst du mit deiner Mum sprechen. Das weißt du, oder?", fragte er sanft und ich nickte flüchtig.

„Du kannst immer mit mir über alles reden, okay? Ich will, dass du das weißt.", versprach er mir, was mir ein sanftes Schmunzeln entlockte und ich zustimmend nickte.

„Danke..", flüsterte ich hauchend und lehnte mich an seine starke Schulter, woraufhin er einen Arm um mich schlang und ich fröhlich seinen angenehmen Duft einatmen konnte.

Schließlich konnte ich in seinen Armen relativ beruhigt einschlafen, dennoch machte ich mir Sorgen. Was, wenn David seine Drohung wahrmachen würde?

Doch ich versuchte nicht daran zu denken und versank letztlich in einen unruhigen Schlaf.

Doch hätte ich bereits gewusst, was mich schon am nächsten Morgen erwarten würde, hätte ich garantiert nicht so ruhig geschlafen...

Stepfather Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt