Schlussstrich (3)

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PARADOX: mordluste so viel du willst, aber starr dabei keine leute an

PARADOX: btw, wir sollten reden

Das könnte eine Falle sein. Es war... es war nicht unmöglich. Nach allem, was Ace erlebt hatte, würde es ihn nicht erstaunen, wenn er sich irgendwo mit Nero zum Gespräch zurückzog, nur um am Ende herauszufinden, dass die halbe Klasse im Wandschrank gelauscht hatte und ein wenig gestorben war im Bemühen, nicht laut zu lachen. Oder anders, das Nero versuchte, ihm irgendwelche Sätze zu entlocken, die dann für den Rest der Ewigkeit dafür bestimmt waren, in Soundboards und Videos und Dubstep-Remixe implentiert zu werden, wie das Liebesgeständnis dieses armen Schweins, dass sich letztes Schuljahr wider besseren Wissens in Jessica verguckt hatte ...

Und während er all das wusste, brannte das Verlangen nach einem Abschluss weit stärker in ihm. Ace konnte nicht ohne Antworten leben, selbst wenn er sich in die Mitte des Löwenpferchs stellen musste, um sie zu erhalten.

StrangeGuy12: Ja. Sollten wir.

Nachdem Imogen und Katherine sich zurückgezogen hatten, hatte er sich einen ruhigeren Ort zum Hinsetzen gesucht. Ungeschützt in der Nähe von seinen Klassenkameraden war es Ace bei Weitem zu riskant, im Haupthaus herrschte ihm zu viel Betrieb, und sein Zimmer kam aus gegebenen Gründen nicht infrage. Geh endlich und bettel um eine Verlegung, schimpfte eine Stimme in ihm, und noch immer verdrängte Ace sie, ohne zu wissen, wo diese Zaghaftigkeit auf einmal herkam.

Mangels Alternativen hatte er sich durch zwei Minuten angrenzendes Waldgelände bis zum Wasser geschlagen, wo ein Holzsteg vom steingesäumten Ufer aus tiefer in den See führte. Ace hatte sich auf die Stufen gesetzt, eine Unterlage und ein paar Blätter ausgebreitet und versuchte sich eine schon eine Weile an perspektivischen Landschaftszeichnungen, als er die nahenden Schritte hörte.

So sehr Ace sich auch erzählen wollte, dass er sich ruhig fühlte, war es vermutlich sehr offensichtlich, wie plötzlich er herumfuhr und sich anspannte. Nero runzelte die Stirn, dann hob er die Hände und verschränkte sie im Nacken, in einer universalen ‚Ich bin unbewaffnet'-Geste. Ace, dessen Eingeweide nervöse Tänze vollführten, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Als er den Mund aufmachte, hatte er ganz kurz Angst, dass seine Stimme wegbleiben würde. Zu seiner Überraschung schien sie sogar recht ruhig. „Du wolltest reden?"

„Richtig." Nero löste die Hände wieder, stützte sich auf den gegenüberliegenden Pfeiler am Beginn des Stegs und verschränkte die Arme darauf, während sein Blick auf Ace ruhte. „Jetzt, wo die Katze eh aus dem Sack ist, habe ich keinen Bock darauf, dass wir den Rest der Woche umeinander rumschleichen und uns selbst verrückt machen."

„Hm", brummte Ace, der seine Nervosität allein durch die Endgültigkeit der Worte wieder steigen spürte. Nero wühlte unterdessen in seiner Hosentasche, ehe er ihm einen Blick zuwarf.

„Du rauchst nicht, oder?" Ace beschränkte sich auf stilles Kopfschütteln, zog ein Bein an seinen Körper und legte die Arme darum, während er beobachtete, wie Nero sich eine Zigarette anzündete. Ihm war klar, dass er mit seiner Zappelei nicht gerade der Inbegriff von Gelassenheit war, aber es schien ihm unmöglich, lange stillzuhalten, und das Schweigen zwischen ihnen machte es nicht besser.

„Aaalso...", meinte Nero nach dem ersten Zug. Sein Blick war wieder auf Ace fokussiert, und das war nur ein bisschen weniger gruselig als in den Momenten, in denen noch die Androhung physischer Gewalt mitschwang. „Ich nehme mal an, du hast Fragen."

Ace nickte hastig und wollte im selben Moment innehalten. All die Vorwürfe und Zweifel und Ängste, die gerade noch durch seinen Kopf geschwirrt waren, schienen plötzlich zu schweigen, ersetzt durch blankes Rauschen, als würde er einen Vortrag vor der Klasse halten und hätte auf einmal seinen Text vergessen. Er versuchte, tief Luft zu holen, und wünschte sich einen Stichpunktzettel.

The Games We Play (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt