Kapitel 03

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Liebe, die nicht erwidert werden kann. Augen voll Liebe, welche nicht gesehen werden wollen. Die scheinbare Nähe. Augen, welche ihn suchen. Augen, die sich treffen, jedoch stumm bleiben. Die Wärme, die sich um das Herz schmiegt. Die Leere zwischen uns, welche uns wieder zurück an die Tatsache bringt.

Meine Haare klebten an meinem Ansatz. Ich zitterte weiterhin. Meine Mutter saß schlafend im Auto, während ich stumm in seine tiefschwarzen Augen blickte. Ich wollte nicht wissen, wie ich aussah. Ich wollte nicht wissen, was er von mir hielt. Meine Mutter und ich teilten das selbe Schicksal. Wir würden beide niemals mit unserer Liebe ein glückliches Leben führen können. Dabei waren es doch seine Augen, die zuerst zu mir gesehen hatten. Zuvor kannte ich ihn doch gar nicht. Ich wusste nicht, wer er war, wusste nicht, dass er sich in meinem Umfeld befand. Wieso hatten seine Augen zu mir gesehen? Wieso hatte er mir solch unschuldige Blicke zugeworfen? Seine zuvor braun scheinenden Augen trugen einst solch eine samtweiche Wärme in sich. Sein Lachen schien so schön.

Und nun?

Nun wirkten seine Augen tiefschwarz. Ich fand keinerlei Wärme mehr in ihnen. Fand keinerlei Unschuld mehr in ihnen. Traurig senkte ich meinen Blick, sah auf die Autoschlüssel in meiner Hand.

„Ich möchte mich deinem Ziel anschließen. Ich nehme dein Angebot an.", meine Stimme zitterte. Eigentlich wollte ich nicht. Ich wollte nicht in seiner Nähe bleiben, wollte ihn nicht sehen müssen, denn es schmerzte. Er war mir so nah und doch wirkte es so, als würde er mir jeden Moment aus den Händen entweichen können. Wäre es möglich gewesen zu gehen, hätte ich mit dem samtweichem braun  in meiner Erinnerung leben können. Ich hätte seine nun schwarzen Augen in Vergessenheit geraten lassen können. Kummer. Ich spürte nichts als Kummer in mir. Hatte ich mir diese samtweichen braunen Augen nur eingebildet? Waren seine Augen gar nicht so unschuldig, wie ich immer dachte? Ich sah wieder hoch in seine Augen. Er war jemand fremdes und doch kannte ich ihn. Nicht meine Person kannte ihn. Meine stummen Augen, welche dauerhaft in Berührung mit seinen Augen kamen, kannten ihn. Ich wusste nichts über ihn. Lediglich seinen Namen kannte ich. Die ersten Male, als ich seinen Namen durch die Gespräche zwischen ihn und seinen Freunden heraus hören konnte, hatte ich ihn vergessen. Es ärgerte mich jedes Mal aufs neue. Sein Name war so außergewöhnlich. Meine Augen hatten ihn immerzu gesucht, seinen Namen hatte ich mir jedoch nicht merken können. Ich fing an mich zu fragen, ob er mir wirklich etwas bedeuten konnte, wenn ich nicht mal seinen Namen in meinem Kopf behalten konnte. Dann realisierte ich, dass die Zuneigung gegenüber einer Person, gar nicht so kompliziert war, wie jeder sagte. Jeder liebt auf seine eigene Art und Weise. Ich realisierte, dass die Liebe etwas war, welches einfach auftauchte. Sie musste nicht an etwas messbar sein. Die Freude, welche in mir entstand, als ich ihn jedes Mal zufällig in den Gängen getroffen hatte, reichte mir, um meinen gesamten Tag zu retten. Die Sehnsucht nach seinen so weichen Augen spiegelte meine Liebe wider. Er nickte. Lehnte sich an sein Auto, welches direkt vor meinem stand. Wir befanden uns irgendwo im nirgendwo. Auf einer Raststätte. Ich war naiv. Naiv mich mit ihm an solch einem Ort zu treffen. Seine Augen sahen gefährlich zu mir hinunter. Er griff nach einer Zigarette, zündete sie an und zog an ihr. Seine Augen entfernen sich von meinen und er betrachtete die Nacht. Ich wollte ihn wieder lachen sehen. Wollte ihn dabei beobachten, wie er mit seinen Freunden spricht und zu lachen beginnt. Wollte wieder, dass seine Augen zufällig mit meinen zusammentrafen, während er lachte. Ich sah auf sein Seitenprofil. Sein Bart war etwas länger als üblich. Er schien gepflegt. Sein Kiefer war schwarz gezeichnet. Er wirkte wirklich nicht mehr so unschuldig und weich, wie, als ich ihn das erste mal bemerkt hatte. Mein Körper schmerzte, die Schläge meines Vaters machte sich langsam bemerkbar und meine Beine wurden instabil. Schwach griff ich nach seinem Arm und lehnte meine Stirn schwach an an ihn. Wie oft hatte ich mir gewünscht, dass du mich einfach in die Arme nimmst. Wie oft hatte ich mir deinen Trost gewünscht. War es billig von mir? Billig sich so etwas zu wünschen, von einem Typen, den man eigentlich nicht kannte? Sein Duft stieg das erste mal in meine Nase. Er roch angenehm, doch seine Zigarette bereitete mir Kopfschmerzen. Er drückte mich nicht weg. Zog stumm an seiner Zigarette. Wahrscheinlich kannte er die Nähe zu Frauen. Anhand seines Facebook Accounts hatte ich sehen können, wie viele Mädchen ihm folgten. Sie waren alle in meinem Alter, wirkten jedoch so viel älter. Freizügiger, anziehender. Wärme Tränen liefen an meinen Wangen entlang, während ich mich stumm an seinen Arm lehnte.

„Ignorier all das einfach.", meine Stimme war ein Hauch von nichts.

„Tue ich.", seine dunkle Stimme ließ sich hören. Ich wusste nicht, wie ich fühlte. Nach wenigen Sekunden lockerte ich meinen Griff und stellte mich wieder gerade auf. Ich ließ von ihm ab und er warf seine Zigarette zu Boden.

„Wir müssen los.", ohne mich zu betrachten lief er auf unser Wagen zu und öffnete die hintere Tür, um nach unseren Taschen zu greifen und diese in seinem Auto zu verstauen. Fast schon schleifend lief ich zur Beifahrertür und öffnete diese. Ich hob den Arm meiner Mutter und warf ihn um meine Schulter.

„Komm Anne. Wir müssen weiter.", ihr Augen öffneten sich nicht richtig, sie ließ sich jedoch zu seinem Auto führen. Ich setzte sie nach hinten und schnallte sie an, betrachtete ihr blasses Gesicht, bevor ich die Tür zuschlug und vorne einstieg. Er schlug die Tür vom Kofferraum zu und stieg ebenfalls ein. Müde lehnte ich mein Kopf an das Fenster und sah hinaus in die Dunkelheit. Er startete den Motor und warf eine CD ein, ehe er Gas gab. Albanische Musik summte aus den Boxen. Ich verstand nichts, erinnerte mich jedoch an die damaligen Tage. Jedes Mal, wenn ich albanische Musik gehört hatte, fühlte es sich so an, als wäre er in meiner Nähe gewesen. Er sprach eine Sprache, die ich nicht sprechen konnte. Die Musik hatte mir die Illusion gegeben, dass ich doch nicht so fremd für seine Sprache sein musste. Ich hatte die Sprache erst durch ihn lieben gelernt und das ohne, dass er etwas davon wusste.

Und so begann unsere Geschichte.

Die Geschichte mit den so vertrauen braunen Augen und dem doch so fremden Typen.

Schwarzbärtiger TeufelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt